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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Aemilius ist tot.«

    Fast im gleichen Augenblick, als die Nachricht vom Tod des Senatsvorsitzenden Scaurus sich in der Stadt verbreitete, wurde bekannt, daß Sextus Julius Caesar während der Belagerung von Asculum Picentum an seiner kranken Lunge gestorben war. Nachdem Pompeius Strabo den Brief von Sextus Caesars Legaten Gaius Babienus verdaut hatte, fiel sein Entschluß. Sofort nach dem Staatsbegräbnis für Scaurus würde er selbst nach Asculum Picentum ziehen.
    Nur höchst selten stellte der Senat für ein Begräbnis staatliche Mittel bereit, aber selbst in diesen schweren Zeiten war es undenkbar, Scaurus ohne Staatsbegräbnis zur letzten Ruhe zu betten. Ganz Rom hatte ihn bewundert, und alle Römer waren auf den Beinen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Nichts würde mehr wie früher sein ohne Marcus Aemilius’ Glatze, in der sich die Sonne spiegelte, ohne die wundervollen grünen Augen, die den aristokratischen Schurken Roms auf Schritt und Tritt folgten, ohne seinen Witz, sein Temperament und seinen Mut. Man würde ihn sehr vermissen.
    Marcus Tullius Cicero nahm es als Omen, daß er ein mit Zypressenzweigen behangenes Rom verließ. Auch er war verloren für alles, was ihm lieb und teuer war: für Forum und Bücher, Gesetze und Rhetorik. Seine Mutter hatte damit zu tun, Nachmieter für das Haus in der Carinae aufzutreiben. Sie hatte die Kisten für ihre Rückkehr nach Arpinum schon gepackt, nicht aber die für Cicero. Als er ihr Lebewohl sagen wollte, war sie nicht da. Er trat auf die Straße hinaus, stieg auf das Pferd, das ihm der Vater, dem die Ehre des Staatsrosses nicht vergönnt war, vom Land hergeschickt hatte, und ließ sich langsam davontragen. Seine Habe hatte er auf einem Maulesel verstaut; was keinen Platz gehabt hatte, war zurückgeblieben. Pompeius Strabo führte ein kleines Heer und duldete nicht, daß sich der Stab unnötig mit Gepäck beschwerte. Das hatte Cicero von seinem neuen Freund Pompeius erfahren, den er eine Stunde später vor den Toren der Stadt an der Via Lata traf.
    Es war bitter kalt, Wind peitschte über das Land, an Mauervor- sprüngen und Ästen hingen Eiszapfen. Pompeius Strabos kleiner Stab ritt durch die Winterlandschaft. Einige Soldaten aus der Armee des Feldherren hatten draußen auf dem Marsfeld gelagert, weil sie in seinem Triumphzug mitmarschiert waren, und waren nun dem Stab voraus. Der Rest der sechs Legionen des Pompeius Strabo wartete vor Veii, unweit von Rom. Dort schlugen sie zur Nacht das Lager auf. Cicero teilte das Zelt mit den anderen Kadetten aus dem Stab des Feldherrn, ungefähr acht jungen Männern; Pompeius war mit sechzehn der jüngste, der älteste war Lucius Volumnius mit dreiundzwanzig. Da Cicero den Tag über unterwegs weder Zeit noch Gelegenheit gehabt hatte, sich mit den anderen bekannt zu machen, stand ihm dieser Spießrutenlauf bei der Errichtung des Lagers bevor. Er hatte keine Ahnung, wie man ein Zelt aufschlug und was er zu tun hatte. Untätig stand er so lange im Weg herum, bis Pompeius ihm ein Seil reichte und ihn hieß, es in der Hand zu behalten und sich nicht von der Stelle zu rühren.
    Als Cicero sehr viel später aus der Distanz des Alters auf den ersten Abend im Kadettenzelt zurückblickte, staunte er, wie flink und unauffällig Pompeius ihn unterstützt und wortlos deutlich gemacht hatte, daß er unter seinem Schutz stand und von keinem wegen seines Aussehens oder seiner körperlichen Schwäche verhöhnt werden durfte. Pompeius Strabo hatte im Zelt unbestritten das Sagen, aber nicht deshalb, weil er der Sohn des Oberbefehlshabers war. Er war weder belesen noch gebildet, verfügte jedoch über eine beachtliche Intelligenz und ein unerschütterliches Selbstvertrauen. Er war von Natur aus herrschsüchtig und duldete keine Einschränkungen, für Dummköpfe hatte er nichts übrig. Vielleicht hatte er deshalb Zuneigung zu Cicero gefaßt, weil der alles andere als dumm war und nicht über die Macht verfügte, ihn in die Schranken zu weisen.
    »Deine Ausrüstung taugt nichts«, sagte Pompeius, als er einen Blick auf das Durcheinander der Habseligkeiten warf, die Cicero vom Maulesel geladen und ins Zelt geschleppt hatte.
    »Mir hat niemand gesagt, was ich mitnehmen soll«, erwiderte Cicero zähneklappernd und mit blaugefrorenem Gesicht.
    »Hast du keine Mutter oder Schwester? Die wissen immer, was man mitnehmen muß«, sagte Pompeius.
    »Eine Mutter, aber keine Schwester.« Cicero konnte das Zittern nicht unterdrücken. »Meine Mutter mag

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