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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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ist Gaius Julius«, sagte Julia.
    »Setz dich, Junge«, sagte Scaurus, beugte sich zu Marius hinüber und ergriff seine rechte Hand. »Geht es dir besser, Gaius Marius?«
    »Langsam«, sagte Marius. Er sprach immer noch undeutlich. »Wie du siehst, haben mir die Frauen einen Wachhund gegeben. Einen eigenen Kerberos.«
    »Eher ein Wachhündchen.« Scaurus setzte sich auf den Stuhl, den ihm Caesar hinschob, bevor er wieder auf seinem Schemel Platz nahm. »Und worin bestehen deine Aufgaben genau, junger Mann?«
    »Ich weiß noch nicht«, sagte Caesar ohne eine Spur von Schüchternheit. »Meine Mutter hat mich erst heute hergebracht.«
    »Die Frauen glauben offenbar, daß ich jemanden brauche, der mir vorliest«, sagte Marius. »Was meinst du, Caesar?«
    »Ich spreche lieber mit Gaius Marius, als daß ich ihm vorlese.« Der Junge wirkte nicht im mindesten schüchtern. »Onkel Marius schreibt keine Bücher, obwohl ich mir das oft gewünscht habe. Ich will alles über die Germanen wissen.«
    »Er stellt gute Fragen«, sagte Marius und versuchte mühsam, die Stellung zu wechseln.
    Der Junge stand sofort auf, hakte sich auf der rechten Seite bei seinem Onkel unter und half ihm mit Schwung, das Gewicht auf die andere Seite zu verlagern. Gaius Julius Caesar führte die Bewegung völlig ruhig aus und stellte für einen Knaben seines Alters beachtliche Körperkraft unter Beweis.
    »Besser!« stöhnte Marius. Er konnte Scaurus jetzt leichter ins Gesicht sehen. »Ich bin mit meinem Wachhündchen gut bedient.«
    Scaurus blieb eine Stunde, eher gefesselt durch Caesar als durch Marius’ Krankheit. Der Junge antwortete, ohne vorlaut zu wirken, auf jede Frage mit dem Anstand und der Würde eines Erwachsenen und hörte gebannt zu, als Marius und Scaurus darüber debattierten, daß Mithridates in Bithymen und Kappadokien eingefallen war.
    »Du bist sehr belesen für einen Zehnjährigen, Caesar«, lobte ihn Scaurus, als er sich zum Gehen wandte. »Kennst du zufällig einen jungen Mann namens Marcus Tullius Cicero?«
    »Nur vom Hörensagen, Princeps Senatus. Man sagt, aus ihm soll einmal der beste Advokat werden, den Rom je hervorgebracht hat.«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht«, sagte Scaurus und schritt zur Tür. »Im Augenblick erfüllt Marcus Cicero seine militärische Pflicht. Ich komme dich in zwei oder drei Tagen wieder besuchen, Gaius Marius. Da du dir meine Rede nicht im Senat anhören kannst, lese ich sie dir und Caesar hier probehalber vor.«
    Scaurus machte sich auf den Weg zum Palatin, er fühlte sich sehr matt. Der Gesundheitszustand von Gaius Marius hatte ihn mehr getroffen, als er sich selbst eingestand. In fast sechs Monaten seit dem Schlaganfall hatte sich der große Mann nur so weit erholt, daß er auf einem Sofa in seinem Empfangsraum liegen konnte. Vielleicht würde durch den Ansporn des Jungen — eine gute Idee! — vieles besser werden. Und doch zweifelte Scaurus, ob der alte Freund und Feind so große Fortschritte machen würde, daß er irgendwann wieder an den Senatssitzungen teilnehmen konnte.
    Beim langen Fußmarsch die Vesta-Treppe empor kam er außer Atem. Auf dem Clivus Victoriae mußte er eine Verschnaufpause einlegen, bevor er sich die letzten Schritte weiter nach Hause schleppte. Versunken in Gedanken über die schwierige Aufgabe, wie er den Senatoren am besten die Dringlichkeit der Situation in Asien vor Augen führen könnte, pochte er an die Eingangstür seines Hauses. Statt des Pförtners öffnete seine Frau.
    Wie schön sie ist, dachte Scaurus und sah sie hingerissen an. Aller Kummer war seit langem verflogen, er liebte sie von ganzem Herzen. Danke für das Geschenk, Quintus Caecilius, dachte er und erinnerte sich voll warmer Gefühle an den toten Freund Metellus Numidicus Schweinebacke, dem er Caecilia Metella Delmatica verdankte.
    Scaurus streckte seine Hand nach ihrem Gesicht aus, senkte den Kopf, lehnte ihn gegen ihre Brust und bettete die Wange gegen ihre zarte, junge Haut. Er schloß die Augen und seufzte.
    »Marcus Aemilius?« fragte sie. Sie schwankte, als sie plötzlich sein ganzes Gewicht stützen mußte. »Marcus Aemilius?«
    Sie schlang die Arme fest um ihn und schrie, bis die Diener herbeigelaufen kamen und ihr den schlaffen Körper abnahmen. »Was ist los? Was ist mit ihm?« fragte sie immer wieder.
    Der Verwalter kniete vor der Liege, auf die sie den Senatsvorsitzenden Marcus Aemilius Scaurus gelegt hatten. Er erhob sich und antwortete schließlich. »Er ist tot, Herrin. Marcus

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