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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Sextus Caesar noch immer vor der Stadt lagerte, beschloß Pompeius Strabo, sich in größerer Entfernung niederzulassen.
    Sehr oft führten Feldherr und Sohn Stoßtruppunternehmen durch, dabei nahmen sie an Soldaten mit, was sie für nötig hielten. Dann blieben sie für mehrere Tage fort. Der Befehlshaber überließ das Kommando über den Stützpunkt seinem jüngeren Bruder Sextus Pompeius, Cicero beaufsichtigte währenddessen den laufenden Schriftverkehr. Diese Zeiten relativer Freiheit bereiteten Cicero wider Erwarten keine Freude. Ohne den Schutz des jungen Pompeius war er der Willkür des Sextus Pompeius preisgegeben. Gelegentlich bekam er Ohrfeigen oder einen Tritt in den Hintern, oder es wurde ihm ein Bein gestellt, wenn er sich aus dem Staub machen wollte.
    Während der Boden noch hartgefroren war und das Tauwetter auf sich warten ließ, führten der Oberbefehlshaber und sein Sohn einen kleinen Spähtrupp zur Küste, der nach feindlichen Truppenbewegungen Ausschau halten sollte. Am Tag nach ihrem Aufbruch stand Cicero in der Morgendämmerung vor dem Kommandozelt und rieb sich die schmerzenden Hinterbacken, als ein Trupp Marser ins Lager ritt, als handelte es sich um ihr eigenes. So ruhig und selbstverständlich, wie sie sich verhielten, griff keiner zu den Waffen. Die Truppen machten vor dem Kommandozelt halt, und Pompeius Strabos Bruder Sextus trat vor und hob die Hand zum Gruß.
    »Publius Vettius Scato von den Marsern«, sagte ihr Anführer und glitt vom Pferd.
    »Sextus Pompeius, der Bruder des Oberbefehlshabers, vorübergehender Befehlshaber während der Abwesenheit des Oberbefehlshabers.«
    Scato verzog das Gesicht. »Schade. Ich bin gekommen, um mit Gnaeus Pompeius zu verhandeln.«
    »Er kommt wieder, du kannst warten«, sagte Sextus Pompeius.
    »Wann?«
    »In drei bis sechs Tagen.«
    »Kannst du für meine Männer und Pferde sorgen?«
    »Natürlich.«
    Cicero, der als einziger Kadett im Lager geblieben war, fiel die Aufgabe zu, Scato und seinen Trupp unterzubringen und zu verköstigen. Zu seiner großen Überraschung begegneten dieselben Leute, die die Picenter in die Berge in den Tod durch Hunger und Kälte getrieben hatten, den Feinden in ihrem Lager jetzt sehr gastfreundlich, von Sextus Pompeius bis hinunter zum unbedeutendsten Pferdeknecht. Ich verstehe überhaupt nichts vom Krieg, dachte Cicero und beobachtete, wie Sextus Pompeius und Scato in aller Freundschaft spazierengingen oder die Wildschweine jagten, die der Hunger aus den verschneiten Bergen ins Tiefland getrieben hatte. Und als Pompeius Strabo von seinem Stoßtruppunternehmen zurückkam, fiel er Scato um den Hals, als wäre er ihm der liebste Freund.
    Die Verhandlungen wurden bei einem Gelage fortgesetzt. Staunend beobachtete Cicero die Pompeier, so hatte er sie sich vorgestellt in den Festungen auf ihren ausgedehnten Besitzungen im nördlichen Picenum: Riesige Keiler brieten an Spießen, auf den Tellern türmten sich die Speisen, alle saßen auf Bänken, statt beim Essen zu liegen, und die Diener, die durch die Reihen hasteten, schenkten mehr Wein als Wasser aus. Einem Römer aus dem latinischen Kernland, wie es Cicero war, mutete das Schauspiel im Kommandozelt barbarisch an. So feierte man nicht in Arpinum, nicht einmal ein Gaius Marius, dachte Cicero und vergaß, daß man ein Gelage für über hundert Mann in einem Armeelager nicht mit Speiseliegen und Delikatessen bestreiten konnte.
    »Nach Asculum kommst du nicht so schnell hinein«, sagte Scato.
    Pompeius biß genüßlich und in aller Seelenruhe in ein knuspriges Stück Schweinehaut und sagte zunächst gar nichts. Dann schluckte er, wischte sich die Hände an der Tunika ab und grinste. »Es ist auch egal, wie lange wir brauchen. Asculum fällt früher oder später. Und die Einwohner werden sich wünschen, sie hätten nie Hand an einen römischen Prätor gelegt, dafür sorge ich.«
    »Sie wurden sehr provoziert«, sagte Scato gelassen.
    »Das spielt keine Rolle«, gab Pompeius Strabo zurück. »Wie ich höre, ist Vidacilius hineingekommen. Jetzt müssen die Bewohner von Asculum noch mehr Mäuler stopfen.«
    »Vidacilius’ Leuten müssen sie in Asculum die Mäuler nicht mehr stopfen«, sagte Scato geheimnisvoll.
    Pompeius Strabo blickte mit fettglänzendem Kinn von seinem Schwein auf. »Ach ja?«
    »Vidacilius hat den Verstand verloren, soweit ich weiß«, sagte Scato. Er aß gesitteter als sein Gastgeber.
    Da alle eine Geschichte witterten, kehrte andächtige Stille im Zelt

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