MoR 02 - Eine Krone aus Gras
ein.
»Er ist kurz vor Sextus Julius’ Tod mit zwanzigtausend Mann vor Asculum aufgetaucht«, erzählte Scato. »Offenbar wollte er mit den Belagerten gemeinsam einen Plan durchführen. Die Einwohner von Asculum sollten den Römern in den Rücken fallen, während er einen Angriff auf Sextus Julius unternehmen wollte. Ein guter Plan, und er hätte geklappt. Doch als Vidacilius angriff, blieben die Asculaner untätig. Sextus Julius öffnete für Vidacilius und seine Leute den Belagerungsring. Asculum hatte keine andere Wahl, als dem Entsatzheer die Tore zu öffnen.«
»Ich wußte gar nicht, das Sextus Julius ein so geschickter Feldherr war«, sagte Pompeius Strabo.
Scato zuckte die Achseln. »Das bezweifle ich. Es war vielleicht Zufall.«
»Die Asculaner waren wohl nicht begeistert bei der Aussicht, weitere zwanzigtausend Mann durchfüttern zu müssen?«
»Sie haben vor Wut geschäumt!« Scato grinste. »Vidacilius wurde nicht mit offenen Armen empfangen, am liebsten hätten sie ihn zurückgeschickt. Er zog daraufhin zum Forum, bestieg die Rednertribüne und machte den Einwohnern gehörige Vorwürfe, weil sie seinem Befehl nicht gehorcht hatten. Er sagte, wenn sie sich an seine Anweisungen gehalten hätten, wäre Sextus Julius Caesars Armee niedergemacht worden. Wahrscheinlich hatte er recht. Wie dem auch sei, die Asculaner dachten nicht daran, den Fehler einzugestehen. Der oberste Magistrat stieg auf die Rednertribüne und fiel nun über Vidacilius her: In der Stadt gebe es für seine Armee nicht genug Lebensmittel!«
»Freut mich zu hören, daß keine Eintracht herrscht in den Reihen des Feindes«, schmunzelte Pompeius Strabo.
»Du brauchst dir nichts einzubilden. Ich erzähle dir das nur, damit du weißt, wie sehr Asculum zum Durchhalten entschlossen ist«, sagte Scato spitz. »Du wirst von der Geschichte aufjeden Fall hören, und mir ist es lieber, wenn du die ganze Wahrheit erfährst.«
»Was ist passiert? Ein Handgemenge im Forum?«
»Richtig. Es stellte sich heraus, daß Vidacilius den Verstand verloren hatte. Er wetterte gegen die Bewohner von Asculum, sie würden heimlich mit Rom sympathisieren. Dann befahl er den Soldaten, einige Bewohner niederzumetzeln. Die Asculaner griffen zu den Waffen und schlugen zurück. Zum Glück war den meisten von Vidacilius’ Soldaten bewußt, wie es um den Geisteszustand ihres Heerführers stand. Sie zogen sich vom Forum zurück. Bei Einbruch der Dunkelheit öffneten sie die Stadttore und stahlen sich durch die Reihen der Römer davon, über neunzehntausend Mann. Sextus Julius war tot, und seine Leute waren mehr mit der Trauer beschäftigt als damit, ordentlich Wache zu halten.«
Pompeius Strabo schnaubte verächtlich. »Weiter.«
»Vidacilius brachte das Forum unter seine Kontrolle. Er hatte eine große Menge Lebensmittel mitgebracht und ließ ein gewaltiges Gelage vorbereiten. Siebenhundert bis achthundert Mann waren bei ihm geblieben und halfen beim Essen. Zugleich hatte er einen riesigen Scheiterhaufen aufschichten lassen. Auf dem Höhepunkt des Banketts trank er einen Kelch Gift, stieg auf den Scheiterhaufen und ließ ihn anzünden. Umgeben von seinen johlenden Soldaten ist er verbrannt! Es muß grauenhaft gewesen sein.«
»Verrückt wie ein gallischer Kopfjäger«, meinte Pompeius Strabo.
»Allerdings.«
»Du meinst also, daß die Stadt weiterkämpft.«
»Sie kämpft, bis der letzte Asculaner tot ist.«
»Eines verspreche ich dir, Publius Vettius: Sollten noch Asculaner am Leben sein, wenn ich Asculum Picentum einnehme, dann werden sie wünschen, sie wären tot.« Pompeius Strabo warf den Knochen auf den Boden und wischte sich erneut die Hände an der Tunika ab. »Du weißt doch sicher, wie man mich nennt?« fragte er in höflichem Ton.
»Nicht, daß ich wüßte.«
»Carnifex. Der Henker. Und auf den Beinamen bin ich zufällig stolz, Publius Vettius. In meinem Leben hatte ich schon mehr Spitznamen als nötig. Strabo erklärt sich von selbst. Als ich ein wenig älter war als mein Sohn jetzt, war ich zusammen mit Lucius Cinna, Publius Lupus, meinem Vetter Lucius Lucilius und meinem guten Freund Gnaeus Octavius Ruso contubernalis. Unter Carbo haben wir an der schrecklichen Expedition gegen die Germanen in Noricum teilgenommen. Ich war nicht sehr beliebt bei den anderen Kadetten, bei keinem außer Gnaeus Octavius, um genau zu sein. Wenn auch er mich nicht gemocht hätte, wäre er heute nicht hier als einer meiner ersten Legaten! Die Zeltkameraden haben an
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