MoR 02 - Eine Krone aus Gras
meinen Spitznamen Strabo jedenfalls einen weitern angehängt. Menoeces. Als wir auf dem Weg nach Noricum bei mir zu Hause vorbeigekommen sind, ist ihnen nämlich aufgefallen, daß der Koch meiner Mutter schielte. Er hieß Menoeces. Und der witzige Bastard Lucilius — kein Familiensinn, meine Mutter war seine Tante! — nannte mich Gnaeus Pompeius Strabo Menoeces, nach dem Koch, meinem angeblichen Vater.« Er stieß einen unheilverkündenden kleinen Seufzer aus. »Der Name hat mich jahrelang verfolgt. Und heute nennt man mich Gnaeus Pompeius Strabo Carnifex. Das klingt schon besser. Strabo, der Henker.«
Scato wirkte mehr gelangweilt als erschreckt. »Nun, was sagt schon ein Name? Ich heiße übrigens nicht deshalb Scato, weil ich aus einem Springbrunnen in die Welt gekommen bin. Es heißt, ich sei bei der Geburt regelrecht herausgesprudelt.«
Pompeius Strabo grinste und wurde gleich wieder ernst. »Und was führt dich zu mir, Publius Vettius Sprudelmann?«
»Verhandlungen.«
»Genug gekämpft?«
»Offen gesagt, ja. Ich habe nichts dagegen, weiterzukämpfen, und wenn es sein muß, kämpfe ich auch weiter — aber ich glaube, der Traum von Italia ist ausgeträumt. Wenn Rom ein ausländischer Feind wäre, wäre ich nicht hier. Aber ich bin ein marsischer Italiker, und Rom existiert genausolange auf italischem Boden, wie es die Marser hier gibt. Es ist wohl Zeit, daß beide Seiten retten, was zu retten ist in diesem Aufruhr, Gnaeus Pompeius. Die lex Julia, de civitate Latinis et sociis danda hat vieles verändert. Sie betrifft zwar nicht die Stämme, die gegen Rom Krieg führen, aber es gibt ja auch noch die lexPlautia Papiria, nach der ich das Bürgerrecht bekommen kann, wenn ich die Waffen niederlege und mich persönlich beim Prätor in Rom melde. Das gleiche gilt für meine Männer.«
»Welche Bedingungen stellst du, Publius Vettius?«
»Freies Geleit für mein Heer durch die römischen Linien, hier und vor Asculum Picentum. Zwischen Asculum und Interocrea lösen wir die Truppen auf und werfen die Rüstungen und Waffen in den Fluß. Von Interocrea aus brauche ich freies Geleit für mich und meine Männer für den gesamten Weg bis nach Rom zum Prätor. Und ich bitte dich um einen Brief an den Prätor, in dem du meine Worte bestätigst und deine Zustimmung gibst, daß ich und alle Begleiter das Bürgerrecht bekommen.«
Es wurde still. Cicero und Pompeius, die in einer Ecke standen, ließen den Blick langsam über alle Gesichter wandern.
»Mein Vater stimmt sicher nicht zu«, flüsterte Pompeius.
»Warum nicht?«
»Er will eine große Schlacht.«
Cicero fragte sich, ob das Schicksal ganzer Völker tatsächlich von den Launen und Gelüsten solcher Männer abhing.
»Ich verstehe deine Bitte, Publius Vettius«, sagte Pompeius schließlich. »Aber ich kann meine Zustimmung nicht geben. Durch dein Schwert und die Schwerter deiner Männern ist zuviel römisches Blut vergossen worden. Wenn du durch unsere Linien kommen und persönlich beim Prätor in Rom vorstellig werden willst, mußt du dir jeden Fingerbreit des Weges freikämpfen.«
Scato stand auf und klatschte sich mit den flachen Händen auf die Oberschenkel. »Gut, es war immerhin einen Versuch wert. Ich danke dir für die Gastfreundschaft, Gnaeus Pompeius. Es ist höchste Zeit, daß ich zu meiner Armee zurückkehre.«
Der Trupp der Marser sprengte in die Dunkelheit hinaus. Sobald er außer Hörweit waren, ließ Pompeius Strabo die Trompeten blasen. Im Lager traf man geordnet Vorbereitungen.
»Sie greifen morgen an, wahrscheinlich an zwei Fronten«, sagte Pompeius und rasierte sich mit dem Schwert die strohblonden Haare vom Unterarm. »Es wird eine gute Schlacht.«
»Und was mache ich?« fragte Cicero kläglich.
Pompeius stieß das Schwert in die Scheide und machte Anstalten, sich aufs Feldbett zu legen. Sie waren allein, die anderen Kadetten waren zu verschiedenen Aufgaben vor der Schlacht abkommandiert.
»Zieh das Kettenhemd an, setz dir den Helm auf, bewaffne dich mit Schwert und Dolch und leg Schild und Speer vor dem Kommandozelt bereit.« Pompeius klang fröhlich. »Wenn den Marsern der Durchbruch gelingt, Marcus Tullius, verteidigst du die letzte Stellung!«
Die Marser brachen nicht durch. Cicero hörte das Geschrei und Getöse der Schlacht in der Ferne, zu sehen bekam er nichts. Dann ritten Pompeius Strabo und sein Sohn ins Lager. Beide waren zerzaust und blutbeschmiert, aber sie grinsten über beide Backen.
»Scatos Legat Fraucus ist tot«,
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