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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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einem Schlachtfeld, und viele Füße hatten sie in den Staub getreten. Die Finger, die sie zu einem gewundenen Zopf zusammengeflochten hatten, waren auch nicht die zarten und geübten Finger eines Floristen gewesen. Sie hatten zu den Händen des Zenturios und primus pilus Marcus Canuleius gehört, und waren eher gewöhnt, sich um knorrige Knüppel aus Rebenholz zu legen. Jetzt, sieben Monate später, war die Graskrone vertrocknet und zu dürren Fäden geschrumpft, haarähnliche Wurzeln hingen heraus, die wenigen noch verbliebenen Halme waren dürr und dünn. Aber sie war zäh, seine Graskrone, dachte Sulla und rückte sie auf der Perücke zurecht, bis sie das Gesicht und den Haaransatz in der richtigen Weise umrahmte. Sie bog sich von der Stirn zurück wie die Tiara einer Frau. Ja, sie war zäh. Sie war aus italischem Gras, gewunden von einem römischen Soldaten. Sie würde noch lange erhalten bleiben. Ebenso wie er. Und zusammen würden sie Gaius Marius vernichten.

    Der Senat versammelte sich wieder am Tag nach der Amtseinsetzung der Konsuln, einberufen von Sulla. Endlich gab es einen neuen Senatsvorsitzenden, er war während der Feierlichkeiten am Neujahrstag ernannt worden. Es war Lucius Valerius Flaccus, Marius’ Mitkonsul und »Strohmann« in dem bedeutenden Jahr, in dem Marius zum sechsten Mal Konsul gewesen war, seinen ersten Schlaganfall erlitten hatte und hilflos mit ansehen mußte, wie Saturninus Amok lief. Lucius Valerius Flaccus war nicht besonders beliebt, aber es gab unzählige Einschränkungen und Vorbedingungen und Regeln, und nur Lucius Valerius Flaccus erfüllte alle erforderlichen Qualifikationen: Er war Patrizier, Führer einer Gruppe von Senatoren, Konsular, Zensor und häufiger als jeder andere patrizische Senator interrex gewesen. Niemand machte sich Illusionen und erwartete, er werde elegant und mit Format in die Fußstapfen von Marcus Aemilius Scaurus treten, nicht einmal Flaccus selbst.
    Vor der formellen Einberufung der Versammlung war Flaccus zu Sulla gekommen und hatte über Probleme in Asia Minor geschwafelt, aber seine Darlegungen waren so verworren und seine Sätze so unzusammenhängend, daß Sulla ihn entschlossen beiseite geschoben und das Zeichen gegeben hatte, daß die Auspizien eingeholt werden konnten. Da er nun selbst Augur war, leitete er die Zeremonie zusammen mit dem Pontifex Maximus Ahenobarbus. Noch jemand, der nicht gut aussah, dachte Sulla und seufzte innerlich, der Senat war in einem traurigen Zustand.
    Nicht Sullas gesamte Zeit seit seiner Rückkehr nach Rom Anfang Dezember war mit Besuchen bei Freunden, Modellsitzen für Magius, müßigem Geplauder, seiner langweiligen Frau und Gaius Marius ausgefüllt gewesen. Da er wußte, daß er bald Konsul sein würde, hatte er viel Zeit damit zugebracht, mit jenen Rittern zu sprechen, die er achtete oder die ihm als tüchtig bekannt waren; er hatte auch mit Senatoren gesprochen, die während des ganzen Krieges in Rom geblieben waren — wie der neue Stadtprätor Marcus Junius Brutus — und mit Männern wie Lucius Decumius, einem Angehörigen der vierten Klasse und Hüter des Schreins einer Kreuzwegevereinigung.
    Nun stand er auf und demonstrierte dem Haus, daß er, Lucius Cornelius Sulla, ein Führer war, der keinen Widerspruch dulden würde.
    »Senatsvorsitzender, eingeschriebene Väter, ich bin kein Redner«, sagte er, reglos vor seinem Amtsstuhl stehend, »daher werdet ihr von mir keine schönen Reden zu hören bekommen. Was ihr jedoch hören werdet, ist eine klare und einfache Darstellung der Sachverhalte, gefolgt von einem Überblick über die Maßnahmen, die ich zu ergreifen gedenke, um die Dinge in Ordnung zu bringen. Ihr könnt über die einzelnen Punkte diskutieren — wenn ihr das Gefühl habt, das sei nötig —, aber ich bin so frei, euch daran zu erinnern, daß der Krieg noch nicht zu einem befriedigenden Ende gekommen ist. Daher möchte ich nicht mehr Zeit in Rom verbringen als unbedingt nötig. Ich warne euch gleich, daß ich hart mit Mitgliedern dieser erlauchten Versammlung umgehen werde, die versuchen, mich aus eitlen oder selbstsüchtigen Motiven zu behindern. Wir sind nicht bereit, die Art von Mätzchen zu dulden, die Lucius Marcius Philippus in den Tagen vor dem Tod von Marcus Livius Drusus vollführt hat — ich hoffe, du hörst mir zu, Lucius Marcius?«
    »Meine Ohren sind sperrangelweit offen, Lucius Cornelius«, knurrte Philippus.
    Ein anderer hätte Philippus vielleicht mit ein oder zwei scharfen

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