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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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entschlossen hatten, ihn zu eskortieren, und nicht seinen Kollegen. Hinter ihm kamen die Senatoren einschließlich seines lieben Freundes, des Ferkels.
    Heute war sein Tag, sagte sich Sulla, als die riesige Menge aufseufzte und dann beim Anblick der Graskrone begeistert applaudierte. Zum erstenmal in seinem Leben hatte er weder Rivalen noch Gleichrangige. Er war der mit den meisten Stimmen gewählte Konsul, er hatte den Krieg gegen die Italiker gewonnen, er trug die Graskrone. Er war größer als ein König.
    Die beiden Prozessionen von den Häusern der neuen Konsuln vereinigten sich am unteren Ende des Clivus Palatinus, wo noch die alte Porta Mugonia stand, ein Überrest aus jener Zeit, als Romulus eine Mauer um seine Siedlung auf dem Palatin gezogen hatte. Von dort aus nahmen sechstausend Männer ihren Weg in feierlicher Ordnung über die Velia und den Clivus Sacer entlang zum unteren Forum. Die meisten waren Ritter mit dem schmalen Streifen — angustus clavus — an der Tunika, ein ausgedünnter Senat folgte den Konsuln und ihren Liktoren. Überall standen jubelnde Zuschauer, sie drängten sich vor den Gebäuden auf dem Forum, saßen auf den Arkaden und Dächern der Basiliken, den Dächern der Tempel, die eine Aussicht boten, auf allen Treppenaufgängen zum Palatin hinauf, in allen Tempeleingängen und auf allen Tempelstufen, auf den Dächern der Tavernen und Geschäfte in der Via Nova, warteten auf den Loggien der großen Häuser auf dem Palatin und dem Kapitol, die zum Forum hin gebaut waren. Menschen, überall Menschen. Sie jubelten dem Mann zu, der die Graskrone trug, einen Kranz, den die meisten noch nie gesehen hatten.
    Sulla schritt mit einer königlichen Würde dahin, die er vorher nicht besessen hatte. Für den Jubel dankte er nur mit einer ganz leichten Neigung des Kopfes. Er hatte kein Lächeln auf den Lippen, und in seinen Augen lag weder Freude noch Selbstgefälligkeit. Jetzt war sein Traum wahr geworden, dies war sein Tag. Fasziniert stellte er fest, daß er sogar einzelne Gesichter in der unübersehbaren Menge unterscheiden konnte: eine schöne Frau, einen alten Mann, ein Kind, das jemand auf die Schultern genommen hatte, einen exotischen Fremden — und Metrobius. Beinahe wäre er stehengeblieben, er mußte sich zum Weitergehen zwingen. Einfach ein Gesicht in der Menge. Loyal und diskret wie immer. Kein Zeichen einer besonderen Beziehung war in diesem Gesicht von dunkler Schönheit zu erkennen, höchstens in seinen Augen, aber das konnte niemand außer Sulla wissen. Traurige Augen. Und dann war er vorbei, blieb er zurück. Er gehörte der Vergangenheit an.
    Als die Ritter den Bezirk erreicht hatten, der an den Versammlungsplatz der Komitien angrenzte, und sich nach links wandten, um zwischen dem Tempel des Saturn und der gegenüberliegenden gewölbten Säulenhalle der zwölf Götter hindurchzuziehen, hielten sie inne, blieben stehen, drehten ihre Köpfe zum Clivus Argentarius und spendeten auf einmal noch viel lauteren Beifall, als sie Sulla gespendet hatten. Er hörte es, konnte aber nichts sehen, und spürte, wie ihm Schweißtropfen zwischen den Schulterblättern hinabrannen. Jemand stahl ihm die Menge! Denn auch die Menge hatte sich auf allen Dächern und Treppenstufen in dieselbe Richtung gedreht, und ihre Jubelrufe erschollen noch lauter aus einem Meer winkender Hände.
    Noch nie in seinem Leben hatte Sulla etwas größere Anstrengung gekostet, als er jetzt aufbringen mußte, um sich zu beherrschen — keine Veränderung in seinem Gesichtsausdruck, keine Abschwächung der königlichen Neigung des Kopfes, nicht einmal ein Funke von Gefühl in seinen Augen. Die Prozession setzte sich wieder in Bewegung. Er schritt hinter seinen Liktoren über das untere Forum und drehte nicht ein einziges Mal den Hals, um zu sehen, was ihn am Ende des Clivus Argentarius erwartete. Was ihm die Menge gestohlen hatte. Was ihm seinen Tag gestohlen hatte. Seinen Tag!
    Und dann stand er vor ihm: Gaius Marius, begleitet von dem Jungen. Bekleidet mit der toga praetexta. Er wartete und reihte sich dann bei den kurulischen Senatoren ein, die direkt hinter Sulla und Pompeius Rufus gingen. Er war wieder auf den Beinen. Er würde bei der Einsetzung der neuen Konsuln dabeisein, bei der anschließenden Versammlung des Senats im Tempel des Jupiter Optimus Maximus auf dem Kapitol, beim Fest in diesem Tempel. Gaius Marius, das militärische Genie, Gaius Marius, der Held.
    Als Sulla auf gleicher Höhe angekommen war, verneigte

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