MoR 02 - Eine Krone aus Gras
reich ist. Der Krieg auf der Halbinsel hat es nicht berührt, es hat vielmehr an diesem Krieg eine Menge Geld verdient. Daher kann es sich ebenso wie seine Geschäftsleute ohne weiteres leisten, auf Maßnahmen wie Zinseszinsen zu verzichten. Dank Gnaeus Pompeius Strabo ist das gesamte italische Gallien südlich des Po jetzt vollständig römisch, und die größeren Zentren nördlich des Flusses haben das latini- sche Recht bekommen. Ich denke, daß es völlig angemessen ist, wenn wir das italische Gallien wie jede andere Gruppe von Römern oder Latinern behandeln.«
»Im italischen Gallien wird die Freude, daß sie Klienten von Pompeius Strabo sind, schnell vorbei sein, wenn sie von dieser lex Cornelia erfahren«, flüsterte Sulpicius mit einem Grinsen Antistius zu.
Aber der Senat billigte den Vorschlag mit spontanen Rufen der Zustimmung.
»Du führst ein gutes Gesetz ein, Lucius Cornelius«, meldete sich Marcus Junius Brutus zu Wort, »aber es geht nicht weit genug. Wie steht es mit jenen Fällen, in denen ein Rechtsstreit unvermeidlich ist, aber eine Prozeßpartei oder beide nicht das Geld haben, eine Bürgschaft beim Stadtprätor zu hinterlegen? Zwar sind die Konkursgerichte geschlossen, doch in vielen Fällen ist der Stadtprätor befugt, ohne gerichtliches Verfahren zu entscheiden, sofern die fragliche Summe bei ihm hinterlegt wurde. Bei der gegenwärtigen Gesetzeslage sind dem Stadtprätor die Hände gebunden, wenn die entsprechende Summe nicht bei ihm hinterlegt wurde, er kann sich den Fall weder vortragen lassen noch ein Urteil fällen. Darf ich eine zweite lex Cornelia, vorschlagen des Inhalts, daß bei Verschuldungsfällen keine Bürgschaft hinterlegt werden muß?«
Sulla lachte und klatschte in die Hände. »Genau solche Vorschläge will ich hören, Stadtprätor! Vernünftige Lösungen für schwierige Fragen! Selbstverständlich können wir ein Gesetz verkünden, das es ermöglicht, auf eine Bürgschaft zu verzichten, wenn der Stadtprätor es für richtig hält!«
»Wenn du schon soweit gehst, warum eröffnest du dann nicht wieder die Konkursgerichte?« fragte Philippus. Er fürchtete jedes Gesetz, das mit Schuldeintreibung zu tun hatte, denn er hatte ewig Schulden und war in ganz Rom als säumiger Zahler bekannt.
»Aus zwei Gründen, Lucius Marcius.« Sulla antwortete, als hätte er die Ironie in Philippus’ Frage nicht bemerkt. »Erstens haben wir nicht genügend Beamten für die Gerichte. Der Senat ist so spärlich besetzt, daß wir kaum genug Mitglieder mit den Gesetzeskenntnissen eines Prätors finden werden, die als Richter in Frage kommen. Zweitens ist Bankrott Gegenstand eines ZivilVerfahrens, die Gerichte werden ausschließlich mit speziellen Richtern ausgestattet, die der Stadtprätor eigens dafür aussucht. Was uns geradewegs auf den ersten Grund zurückführt, ist das einleuchtend? Wenn wir nicht einmal die Strafgerichte besetzen können, wo sollen wir die Richter für die zivilrechtlichen Fälle hernehmen, die mehr Flexibilität verlangen und bei denen der Ermessensspielraum größer ist?«
»Sehr prägnant formuliert! Vielen Dank, Lucius Cornelius«, sagte Philippus.
»Nicht der Rede wert, Lucius Marcius, und ich meine es, wie ich es sage: Es ist nicht der Rede wert. Verstanden?«
Natürlich war die Diskussion damit noch nicht beendet, Sulla hatte auch gar nicht damit gerechnet, daß seine Empfehlungen widerspruchslos angenommen würden. Aber selbst die Geldverleiher im Senat leisteten nur halbherzig Widerstand, denn alle sahen ein, daß es besser war, etwas weniger Geld einzutreiben als überhaupt keines, und immerhin hatte Sulla nicht versucht, die Zinsen gänzlich abzuschaffen.
»Ich möchte, daß abgestimmt wird«, sagte Sulla, als er glaubte, sie hätten lange genug geredet, und er nicht noch mehr Zeit verschwenden wollte.
Die Abstimmung fiel mit großer Mehrheit zu seinen Gunsten aus, das Haus bereitete einen senatus consultum vor, der die beiden neuen Gesetze der Volksversammlung empfahl. Vor der Volksversammlung konnte der Konsul sein Anliegen selbst vortragen, obwohl er Patrizier war.
Als nächstes schlug der Prätor Lucius Licinius Murena — berühmt für seine Zucht von Süßwasseraalen, einer beliebten Delikatesse, aber nicht unbedingt ein namhafter Politiker — vor, der Senat solle über die Aufhebung der Verbannung für diejenigen beraten, die von der Kommission des Varius ins Exil geschickt worden waren, solange Varius noch selbst den Vorsitz geführt
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