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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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etwas leiser.
    »Das ist allerdings eine Überraschung«, sagte Mamercus, der viel weniger überrascht war als das Ferkel, weil er Sulla nicht einmal einen Bruchteil so gut kannte wie das Ferkel.
    Metellus Pius kratzte sich am Kopf und schüttelte ihn. »Warum gerade sie? Bis auf einen kurzen Augenblick nach dem Tod von Marcus Aemilius habe ich jahrelang nicht an Delmatica gedacht. Sie ist zwar meine Cousine ersten Grades, aber nach der Geschichte mit Lucius Cornelius — wie merkwürdig! — wurde sie in ihrem Haus eingesperrt. Und da stand sie unter viel schärferer Bewachung als in den Zellen der Lautumiae.« Er schaute Mamercus an. »Als Testamentsvollstrecker hast du sie sicher während der letzten Monate gesehen.«
    »Um deine erste Frage zu beantworten: Warum gerade sie? Ich vermute, daß ihm ihr Geld nicht ungelegen kommt. Und was deine zweite Frage betrifft: Ich habe sie seit dem Tod von Marcus Aemilius mehrmals besucht, allerdings nicht so oft, wie ich sie hätte besuchen sollen. Ich war schon im Feld, als er starb, aber dann habe ich sie gesehen, weil ich nach Rom zurückkehren mußte, um die Angelegenheiten von Marcus Aemilius zu ordnen. Und wenn du meine ehrliche Meinung hören willst: Sie hat überhaupt nicht um den alten Mann getrauert. Sie hat sich nur um die Kinder Sorgen gemacht. Ich fand das auch völlig verständlich. Wie groß war der Altersunterschied? Vierzig Jahre?«
    »Ja, so ungefähr, glaube ich. Ich erinnere mich, daß sie mir ein wenig leid tat, als sie heiratete. Sie hätte eigentlich den Sohn heiraten sollen, aber der beging Selbstmord. Mein Vater gab sie dann statt dessen Marcus Aemilius.«
    »Mir ist vor allem ihre Schüchternheit aufgefallen«, sagte Mamercus. »Oder vielleicht ist ihr ganzes Selbstvertrauen zer stört. Sie fürchtet sich, aus dem Haus zu gehen, obwohl ich ihr gesagt habe, sie dürfe es tun. Sie hat überhaupt keine Freunde.«
    »Woher soll sie auch Freunde haben? Ich habe es ernstgemeint, als ich gesagt habe, Marcus Aemilius habe sie eingesperrt.«
    »Nach seinem Tod«, fuhr Mamercus nachdenklich fort, »war sie natürlich allein in seinem Haus, abgesehen von ihren Kindern und einer im Verhältnis zu ihrem Reichtum kleinen Schar von Sklaven. Aber als ich ihr vorgeschlagen habe, eine Tante oder eine Cousine als Hausgenossin aufzunehmen, wurde sie sehr aufgeregt. Sie wollte nichts davon hören. Schließlich mußte ich mich dazu bequemen, ein römisches Ehepaar mit gutem Leumund zu suchen, die beiden leben jetzt bei ihr. Sie sagte, sie verstünde, daß man die Konventionen respektieren müsse, besonders wegen der alten Verfehlung, aber sie wolle lieber mit Fremden als mit Verwandten leben. Sie kann einem leid tun, Quintus Caecilius! Wie alt war sie damals bei dieser Geschichte? Neunzehn? Und verheiratet mit einem Mann von sechzig!«
    Das Ferkel zuckte die Achseln. »Ehen sind Glückssache, Mamercus. Schau mich an. Ich bin mit der jüngeren Tochter von Lucius Crassus Orator verheiratet. Seine ältere Tochter hat bereits drei Söhne, und meine Licinia ist immer noch kinderlos — und nicht, weil wir es nicht versucht hätten, das kannst du mir glauben! Jetzt denken wir daran, einen der Neffen zur Adoption zu erbitten.«
    Mamercus runzelte die Stirn. Ihm schien ein guter Einfall gekommen zu sein. »Ich schlage vor, daß du tust, was Lucius Cornelius tun will! Laß dich von Licinia Minor wegen Unfruchtbarkeit scheiden und heirate Delmatica selbst!«
    »Nein, Mamercus, das könnte ich nicht. Ich habe meine Frau sehr gern«, sagte das Ferkel unwirsch.
    »Dann müssen wir ernsthaft über den Antrag von Lucius Cornelius nachdenken?«
    »Ja, natürlich. Er ist kein reicher Mann, aber er hat etwas Besseres zu bieten, weißt du. Er ist ein großer Mann. Meine Cousine Delmatica war mit einem großen Mann verheiratet, also ist sie daran gewöhnt. Lucius Cornelius wird es weit bringen, Mamercus. Ich weiß nicht, warum ich so felsenfest davon überzeugt bin, denn eigentlich sehe ich nicht recht, wie er überhaupt noch viel weiter kommen kann. Aber er wird weiterkommen! Ich weiß es. Er ist kein Marius, er ist auch kein Scaurus. Und dennoch glaube ich, daß er beide in den Schatten stellen wird.«
    Mamercus erhob sich. »Dann gehen wir am besten zu Delmatica und hören, was sie dazu zu sagen hat. Es ist aber nicht möglich, daß sie morgen heiraten.«
    »Warum nicht? Sie kann doch nicht immer noch in Trauer sein?«
    »Nein. Merkwürdigerweise endet ihre Trauerzeit heute. Und deshalb

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