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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Scaurus letztlich minimal war. Schönheit. Männlichkeit. Das waren die wirklichen Unterschiede. Sulla würde ihr nicht zu Füßen fallen und aus Liebe zu ihr weinen! Sie hatte ihn nicht erobert. Er würde sie erobern, mit seinem Rammbock würde er ihre Festung stürmen.
    »Zieh das Ding aus, Delmatica«, sagte er.
    Sie zog ihr Nachthemd aus mit der Schnelligkeit eines Kindes, das bei einer Sünde ertappt wird, während er lächelte und nickte.
    »Du bist wunderschön«, sagte er mit kehliger Stimme, kam zu ihr her, glitt mit seinem Glied zwischen ihre Beine und zog sie an sich. Dann küßte er sie, und Delmatica fühlte, wie mehr Sinneseindrücke auf sie einstürmten, als sie je für möglich gehalten hatte: das Gefühl seiner Haut, seiner Lippen, seines Geschlechtes, seiner Hände, sein Geruch, sauber und süß wie der ihrer Kinder nach dem Baden.
    Und so erwachte sie, reifte und entdeckte Bereiche, die nichts mit Träumen und Phantasien zu tun hatten, sondern nur mit lebendigen, vereinten Körpern. Und aus ihrer Liebe wurde Anbetung, körperliche Hörigkeit.
    Für Sulla bedeutete sie die Verzauberung, die er zum ersten Mal mit Julilla kennengelernt hatte, auf magische Weise mit Erinnerungen an Metrobius gemischt, er erreichte ein ekstatisches Delirium, das er beinahe zwanzig Jahre nicht mehr erlebt hatte. Auch er war ausgehungert, dachte er verwundert, und er hatte es nicht einmal gewußt! Das war so wichtig, so lebensspendend! Und er hatte es ganz vergessen.
    Kein Wunder, daß seit jenem ersten, unglaublichen Tag seiner Ehe mit Delmatica nichts mehr die Macht hatte, ihn tief zu verwunden — nicht die Buhrufe und das Zischen, die ihm auf dem Forum noch immer von denen entgegenschlugen, die sein Verhalten gegenüber Aelia mißbilligten, nicht die boshaften Anzüglichkeiten von Männern wie Philippus, die nur Delmaticas Geld sahen, nicht die verkrüppelte Gestalt von Gaius Marius, der sich auf seinen Jungen stützte, nicht die Rippenstöße und das Zwinkern von Lucius Decumius, der Sulla für einen Satyr und Scaurus’ Witwe für ein unschuldiges Lamm hielt, nicht einmal der kurze, bittere Glückwunsch von Metrobius.
    Knapp zwei Wochen nach der Eheschließung zogen Sulla und Delmatica in eine weitläufige Villa auf dem Palatin mit Ausblick auf den Circus Maximus, nicht weit vom Tempel der Magna Mater entfernt. Die Villa hatte prächtigere Fresken, als es sie im Haus des Marcus Livius Drusus gab, Säulen aus reinem Marmor, die schönsten Mosaikböden in ganz Rom und Möbel von einer Üppigkeit, die besser zu einem östlichen Potentaten gepaßt hätten als zu einem römischen Senator. Sulla und Delmatica wurden sogar stolze Besitzer eines Tisches aus Zitronenholz; die unermeßlich kostbare Platte mit einer Maserung wie Pfauengefieder ruhte auf einem Elfenbeinpiedestal mit einer Einlegearbeit aus Gold in Form zweier ineinander verschlungener Delphine. Der Tisch war ein Hochzeitsgeschenk von Metellus Pius dem Ferkel.
    Das Haus zu verlassen, in dem er fünfundzwanzig Jahre gelebt hatte, war ein weiterer, dringend notwendiger Schritt der Befreiung für Sulla. Mit dem Haus ließ er die Erinnerungen an die schreckliche, alte Clitumna und ihren noch schrecklicheren Neffen Stichus hinter sich, die Erinnerungen an Nikopolis, Julilla, Marcia und Aelia. Und wenn er auch die Erinnerung an seinen Sohn nicht zurücklassen konnte, so gewann er doch wenigstens Abstand von dem Schmerz, täglich Dinge zu sehen und anzufassen, die sein Sohn gesehen und angefaßt hatte. Er konnte nicht mehr durch die leere Tür des Kinderzimmers schauen und einen lachenden, nackten kleinen Jungen vor Augen haben, der ihm von irgendwoher entgegensprang. Mit Delmatica würde er einen neuen Anfang machen.
    Für Rom war es ein Glück, daß Sulla viel länger in der Stadt verweilte, als er es ohne Delmatica getan hätte. So war er zur Stelle, konnte sein Programm der Schuldenerleichterung überwachen und darüber nachdenken, wie man die Staatskasse füllen konnte. Dank geschickter Transaktionen und der Nutzung aller Geldquellen gelang es ihm, die Legionen zu bezahlen — Pompeius Strabo hielt Wort und schickte nur eine sehr geringe Soldrechnung — und sogar einen kleinen Teil der Schulden beim italischen Gallien zu begleichen. Mit Befriedigung registrierte er überdies erste Anzeichen dafür, daß das Geschäftsleben in der Stadt sich ein klein wenig erholte.
    Im März mußte er jedoch ernsthaft daran denken, sich vom Körper seiner Frau loszureißen.

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