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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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genommen werden, der neben dem Altar des Gottes loderte, und so verbrannte die Färse wie Caesars weißer Stier auf dem Kapitol zu Asche. Während die Zeugen der schaurigen Ereignisse vom Morgen nach Hause eilten, sobald die Zeremonie beendet war, blieb Sulla und tat, was er sich für den Tag vorgenommen hatte. Er wollte durch die Stadt gehen und dem feiernden Volk einen Teil seines Glücks wünschen. Aber wie konnte er dies jetzt, da Fortuna ihm ihre Gunst wegen eines schwarzen Köters für immer entzogen hatte?
    Fünftausend Tische, einfache, auf Böcke gelegte Bretter, bogen sich unter der Last der Speisen, und Wein floß reichlicher als das Blut auf dem Schlachtfeld. Fünfhunderttausend Menschen, die nichts vom Unglück auf dem Forum Boarium wußten, schlangen Fische, Obst und Honigkuchen in sich hinein und stopften mitgebrachte Säcke bis oben mit Speisen voll, um Zuhausegebliebene, darunter auch Sklaven, am Fest teilhaben zu lassen. Sie begrüßten Sulla mit Beifall und Anrufungen der Götter und versprachen, ihn bis ans Ende ihrer Tage in ihre Gebete einzuschließen.
    Die Nacht brach herein, als Sulla schließlich in sein Haus auf dem Palatin zurückkehrte, seinen Liktoren dankte und sie mit der Mitteilung entließ, daß sie am nächsten Tag in ihrem Bezirk hinter dem Gasthaus an der Ecke des Clivus Orbius festlich bewirtet würden.
    Cornelia Sulla erwartete ihn im Atrium.
    »Vater, Delmatica verlangt nach dir.«
    »Ich bin zu müde!« sagte er barsch. Er wußte, daß er seiner Frau, die er liebte — aber eben nicht genug —, nie wieder würde gegenübertreten können.
    »Bitte geh zu ihr, Vater! Sonst gibt sie diese törichte Idee nicht auf, auf die dein Verhalten sie gebracht hat.«
    »Was für eine törichte Idee?« Er schlüpfte aus der Toga und trat zum Altar der Laren und Penaten an der gegenüberliegenden Wand. Dort neigte er den Kopf, zerbrach auf dem Marmorsims ein Stück Salzgebäck und legte seinen Lorbeerkranz darauf.
    »Was für eine törichte Idee?« fragte er noch einmal.
    »Daß sie unrein ist. Sie sagt immer wieder, sie sei unrein.«
    Sulla blieb wie versteinert stehen. Entsetzen durchfuhr ihn, und widerliche Gefühle, die er weder verdrängen noch ertragen konnte, zogen wie ein Heer von Würmern durch seinen Leib. Er erschauerte, streckte, wie um Meuchelmörder abzuwehren, die Arme aus und starrte seine Tochter mit irrem Blick an.
    »Unrein!« schrie er. »Unrein!«
    Und rannte aus dem Haus.
    Niemand wußte, wo er die Nacht verbrachte, obwohl Cornelia Sulla Diener mit Fackeln losgeschickt hatte, die ihn bei den fünftausend Tischen, deren Lasten inzwischen merklich leichter geworden waren, suchen sollten. Gegen Sonnenaufgang kehrte er, nur in seine Tunika gehüllt, ins Atrium zurück, wo seine Tochter noch immer auf ihn wartete. Chrysogonus, der die Nacht bei Cornelia Sulla im Atrium geblieben war, trat zögernd auf seinen Herrn zu.
    »Gut, daß du hier bist«, sagte Sulla kurz. »Benachrichtige alle Priester. Sie sollen sich in einer Stunde im Tempel des Castor auf dem Forum versammeln.«
    »Vater?« fragte Cornelia Sulla verwirrt.
    »Mit Frauen will ich heute nichts zu tun haben.« Sulla verschwand ohne ein weiteres Wort in seinen Wohnräumen.
    Er badete und lehnte drei purpurgesäumte Togen als schmutzig ab, bevor ihm eine vollkommen sauber erschien. Dann schritt er hinter seinen Liktoren, von denen drei die Toga auf sein Verlangen gewechselt hatten, zum Tempel des Castor und Pollux, wo die Priester besorgt seine Ankunft erwarteten.
    »Gestern«, begann er ohne lange Vorrede, »habe ich ein Zehntel meines gesamten Besitzes Hercules Invictus dargebracht. Er ist ein Gott der Männer, nur der Männer. Keine Frau darf sich seinem Altar nähern, und zum Gedenken an seine Reise durch die Unterwelt darf kein Hund seinen Bezirk betreten, da Hunde und alle schwarzen Geschöpfe der Unterwelt angehören. Hercules hat zwanzig Sklaven als Diener, deren Hauptaufgabe darin besteht, dafür zu sorgen, daß weder Frauen noch Hunde oder schwarze Tiere seinen Bezirk verunreinigen. Trotzdem hat gestern ein schwarzer Hund das Blut des ersten Opfers getrunken, das ich Hercules dargebracht habe, eine furchtbare Beleidigung für jeden Gott — und für mich. Was habe ich getan, fragte ich, daß ausgerechnet mir das passiert? Ich wollte dem Gott in bester Absicht ein großes Geschenk machen und ihm ein prachtvolles Opfertier darbringen. Deshalb erwartete ich, daß Hercules Invictus meine Gabe und mein Opfer

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