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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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annehmen würde. Dann trank ein schwarzer Hund das Blut der Färse, und meine Krone wurde mit Blut besudelt.«
    Die neunzig anwesenden Priester hörten wie versteinert zu, fassungslos beim Gedanken an die schreckliche Schändung des Heiligtums. Alle hatten sie der Zeremonie am Vortag beigewohnt, und alle waren sie entsetzt und hatten den Rest des Tages und die folgende Nacht immer wieder überlegt, was falsch gemacht worden war und warum der Gott dem Diktator Roms so sehr zürnte.
    »Die heiligen Bücher sind vernichtet, wir können sie nicht mehr befragen«, fuhr Sulla fort, der Wirkung seiner Worte gewiß. »Doch der Gott hat meine Tochter als seine Botin auserkoren. Alle Bedingungen waren erfüllt: Sie sprach, ohne zu wissen, was sie sagte, und ohne Kenntnis der Ereignisse vor dem Altar des Hercules Invictus.«
    Sulla hielt inne und ließ seinen Blick über die Reihen der Priester schweifen. Das Gesicht, das er suchte, war nicht dabei. »Pontifex Maximus, tritt zu mir!« befahl er schließlich im feierlichen Ton eines Priesters.
    Bewegung kam in die Reihen, dann trat Metellus Pius hervor. »Hier bin ich, Lucius Cornelius.«
    »Quintus Caecilius, du bist von dieser Sache besonders betroffen. Stelle dich vor die anderen, weil keiner dein Gesicht sehen soll. Ich wünschte, auch ich könnte mein Gesicht verbergen, aber mein Gesicht müßt ihr alle sehen. Ich habe folgendes zu sagen: Meine Frau, Caecilia Metella Delmatica, Tochter eines Pontifex Maximus und leibliche Cousine unseres gegenwärtigen Pontifex Maximus ist...« — Sulla holte Luft — »... unrein. Im selben Augenblick, in dem meine Tochter mir dies sagte, wußte ich, daß es die Wahrheit ist. Meine Frau ist unrein. Ihr Schoß fault. Ich wußte dies zwar schon seit einiger Zeit, aber daß der Zustand der armen Frau die Götter der Männer beleidigt, wußte ich erst, als meine Tochter sprach. Hercules Invictus ist ein Gott der Männer, und Jupiter Optimus Maximus genauso. Ich, ein Mann, trage die Verantwortung für das Wohlergehen Roms. Mir ist die Aufgabe anvertraut, dazu beizutragen, daß Rom sich von den Kriegen und Wirren der letzten Jahre wieder erholt. Wer und was ich bin, ist wichtig. Und nichts, wirklich nichts in meinem Leben darf unrein sein. Auch nicht meine Frau. Heute erkenne ich dies. Ist meine Vermutung richtig, Pontifex Maximus Quintus Caecilius?«
    Wie sehr das Ferkel gewachsen ist! dachte Sulla, der als einziger Metellus’ Gesicht sehen konnte. Gestern hatte Metellus die Situation gerettet, heute war er der einzige, der die Lage in ihrer ganzen Tragweite begriff.
    »Ja, Lucius Cornelius«, sagte Metellus Pius fest.
    »Ich habe euch heute hierher bestellt, um die Auspizien einzuholen und zu entscheiden, was zu tun ist«, fuhr Sulla fort. »Ich habe euch die Situation geschildert und gesagt, was ich glaube. Aber nach den Gesetzen, die ich verabschiedet habe, kann ich ohne euren Rat keine Entscheidung treffen. Und dies um so weniger, als die betroffene Person meine Frau ist. Natürlich möchte ich auch nicht, daß man mir nachsagt, ich hätte die Situation dazu benutzt, meine Frau loszuwerden. Ich will meine Frau nicht loswerden, das muß ich klarstellen. Gegenüber euch allen und durch euch gegenüber Rom. Trotzdem glaube ich, daß meine Frau unrein ist und daß die Götter der Männer gekränkt sind. Pontifex Maximus, was sagst du als Oberhaupt der römischen Religion?«
    »Auch ich sage, die Götter der Männer sind gekränkt«, verkündete Metellus Pius. »Ich sage, du mußt deine Frau von dir fernhalten. Du darfst nie wieder den Blick auf sie richten und zulassen, daß sie dein Haus verunreinigt oder dich bei der Ausführung der dir vom Gesetz auferlegten Pflichten behindert.«
    Alle sahen die Verzweiflung in Sullas Gesicht. »Ich liebe meine Frau«, sagte er mit belegter Simme. »Sie hat mir treu gedient. Sie hat mir Kinder geschenkt. Vor mir war sie die treue Frau des Marcus Aemilius Scaurus, dem sie gleichfalls Kinder geschenkt hat. Ich weiß nicht, warum die Götter der Männer dies von mir verlangen oder wodurch meine Frau ihr Mißfallen erregt hat.«
    »Deine Liebe zu deiner Frau ist dadurch nicht in Frage gestellt«, sagte der Pontifex Maximus. »Weder du noch sie hat notwendigerweise einen Gott beleidigt, er sei ein Gott der Männer oder der Frauen. Richtiger ist, daß ihre Anwesenheit in deinem Haus und deine Anwesenheit in ihrem Leben die Wege, über welche Rom die Gnade und Gunst der Götter zufließen, auf dunkle Weise

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