MoR 03 - Günstlinge der Götter
sich das Gesicht seines Vaters mit dem des Königs (aus Achtung vor Caesar hatte Nikomedes sich nicht geschminkt), und am liebsten hätte er laut gelacht. Und Oradaltis — obwohl sie Königin war, war sie nicht einmal ein Zehntel so königlich wie Aurelia. Nicht Eltern, dachte er, sondern Großeltern.
Im Oktober war Caesar in Nikomedeia eingetroffen, und er hatte nicht vor, rasch weiterzuziehen, sehr zur Freude des Königs und der Königin, die bestrebt waren, alle Wünsche ihres Gastes zu erfüllen, sei es ein Besuch in Gordium, in Pessinus oder in den Marmorbrüchen auf der Insel Marmara Adasi. Aber im November — Caesar war noch keinen Monat in Bithynien — wurde er gebeten, etwas sehr Schwieriges und überaus Merkwürdiges zu tun.
Im März desselben Jahres war der neue Statthalter von Cilicia, der jüngere Dolabella, mit zwei anderen römischen Adligen und einem Gefolge von Beamten von Rom aus in seine Provinz aufgebrochen. Der bedeutendere der beiden Begleiter war Dolabellas oberster Legat, Gaius Verres; der andere war sein Quästor, Gaius Publicius Malleolus, der ihm durch das Los zugeteilt worden war.
Malleolus, der durch seine Wahl zum Quästor zu Sullas neuen Senatoren gehörte, war keineswegs ein homo novus. In seiner Familie hatte es bereits Konsuln gegeben, und in seinem Atrium hingen Porträts seiner Ahnen. Geld besaß er jedoch wenig; nur aufgrund einiger Glückskäufe während der Proskriptionen konnte die Familie ihre ganze Hoffnung auf den dreißigjährigen Gaius setzen, der durch den Aufstieg ins Konsulat den alten Status der Familie wiederherstellen sollte. Da seine Mutter und seine Schwestern wußten, wie bescheiden Gaius’ Gehalt und wie kostspielig die Beibehaltung des Lebensstils des jüngeren Dolabella sein würde, verkauften sie ihren Schmuck, um Malleolus’ Geldbeutel aufzufüllen; Malleolus selbst gedachte sich noch ein dickeres finanzielles Polster zu schaffen, wenn er erst in seiner Provinz war. Zudem hatten ihm die Frauen den größten noch vorhandenen Familienschatz zugeschoben, eine prächtige Sammlung Gold- und Silberbesteck. Wenn er für den Statthalter ein Festessen veranstalte und bei dieser Gelegenheit das Familienbesteck benutze, meinten die Damen, werde sein Ansehen steigen.
Leider war Gaius Publicius Malleolus geistig nicht so auf der Höhe wie Männer seines Clans vor ihm; seine Naivität ließ für seine Zukunft in der vordersten Reihe von Dolabellas Gefolge nichts Gutes ahnen. Noch ehe die Gruppe Tarentum erreicht hatte, hatte der oberste Legat Gaius Verres Malleolus genau taxiert, und er verhielt sich dem Quästor gegenüber so charmant und zuvorkommend, daß Malleolus Verres für den besten Kameraden hielt.
Sie reisten zusammen mit dem neuen Statthalter der Provinz Asia Gaius Claudius Nero, der weitaus maßvoller war als der jüngere Dolabella, nach Osten. Er war Patrizier und besaß ein größeres Vermögen als jener fruchtbare Zweig der Claudii, der den Beinamen Pulcher führte.
Gaius Verres packte wieder einmal die Gier. Obwohl er — dank vorheriger Kenntnis des Gebiets — mit der Proskription bedeutender Grundbesitzer und Magnaten rund um Beneventum ein gutes Geschäft gemacht hatte, hatte dies seine Leidenschaft für Kunstwerke nicht befriedigen können. Die Geächteten von Beneventum waren ein unkultivierter Haufen; sie waren mit einer kitschigen neapolitanischen Kopie einer sentimentalen Gruppe von Nymphen genauso zufrieden wie mit einem Praxiteles oder einem Myron. Zunächst hatte Verres auf die Proskription des Enkels des berühmt-berüchtigten Sextus Perquitienus gewartet, der unter den Rittern einen beispiellosen Ruf als Kunstkenner genoß und dessen Sammlung dank seiner Tätigkeit als Steuerpächter in der Provinz Asia vielleicht noch umfangreicher war als die des Marcus Livius Drusus. Aber dann hatte sich herausgestellt, daß der Enkel Sullas Neffe war, und damit war der Besitz des Sextus Perquitienus für alle Zeit sicher.
Obwohl Gaius Verres’ Familie nicht besonders angesehen war — sein Vater war ein pedarius, ein Senator zweiten Ranges, in den hinteren Reihen des Senats —, hatte er sich dank seines sicheren Instinkts, immer dort zu sein, wo das Geld war, und seiner Fähigkeit, wichtige Männer von seinen Vorzügen zu überzeugen, bemerkenswert gut geschlagen. Er hatte Carbo mit Leichtigkeit zum Narren gehalten, aber es war ihm nie gelungen, Sulla zu täuschen, obwohl jener ihn bedenkenlos dazu benutzt hatte, Samnium zu vernichten. Leider
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