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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Hängebrüste erinnerten, bewunderte die Göttin Ma von Komana, die Hekate von Sidon und den Serapis von Alexandria und begeisterte sich für Goldelfenbeinwerke und mit Juwelen besetzte orientalische Throne, auf denen man anscheinend mit übereinandergeschlagenen Beinen sitzen mußte. Im Apollotempel entdeckte er schließlich zwei Statuen, denen er nicht widerstehen konnte — eine Gruppe, bestehend aus dem Satyr Marsyas mit seiner Flöte, dem verzückten Midas und dem empörten Apoll, und eine angeblich von Phidias, dem Meister der Goldelfenbeintechnik, stammende Statue der Leto mit ihren göttlichen Kindern auf dem Arm. Da diese beiden Kunstwerke relativ klein waren, schlichen sich Verres und vier seiner Diener vor Auslaufen des Schiffes mitten in der Nacht in den Tempel, nahmen die Statuen von ihren Sockeln, wickelten sie behutsam in Decken und verstauten sie in dem Teil des Laderaums, wo Gaius Verres’ Habseligkeiten untergebracht waren.
    »Ich bin froh, daß Archelaus und nach ihm Sulla diesen Ort geplündert haben«, sagte bei Tagesanbruch ein zufriedener Verres zu Malleolus. »Würde auf Delos noch immer der Sklavenhandel blühen, wäre es selbst bei Nacht viel schwieriger, unbehelligt herumzulaufen und etwas zu ergattern.«
    Etwas verwundert fragte sich Malleolus, was Verres wohl meinte, aber als er in dessen unnatürlich schönes, honigfarbenes Gesicht blickte, wagte er nicht zu fragen. Kaum einen halben Tag später wußte er es. Ein plötzlich aufkommender Wind hatte das Auslaufen des Schiffes verhindert, und noch bevor der Wind sich wieder gelegt hatte, waren die Priester des Apollotempels zu Dolabella gekommen und hatten sich beklagt, daß zwei der wertvollsten Schätze des Gottes gestohlen worden seien. Und da sie bemerkt hatten, wie lange Verres um die Statuen herumgeschlichen war, mit der Hand darüber gestrichen, sie auf den Sockeln hin und her gerückt und mit den Augen abgemessen hatte, beschuldigten sie ihn der Tat. Entsetzt erkannte Malleolus, daß die Behauptung gerechtfertigt war. Obwohl er Verres mochte und es ihm schwerfiel, zu Dolabella zu gehen und ihm zu berichten, was Verres gesagt hatte, tat er seine Pflicht. Und Dolabella bestand darauf, daß Verres die Kunstwerke zurückgab.
    »Dies ist Apolls Geburtsort«, sagte er und erschauerte. »Du darfst hier nicht plündern. Wir werden sonst alle sterben.«
    Widerwillig und von einer übermächtigen Wut gepackt, gab Verres die Statuen zurück, indem er sie über die Reling auf das steinige Ufer warf. Das sollte Malleolus büßen. Doch zu Malleolus’ großem Erstaunen bedankte sich Verres bei ihm dafür, daß er den Raub verhindert hatte.
    »Ich bin so gierig nach Kunstwerken, daß es mir große Probleme bereitet«, sagte Verres mit treuherzigen, feuchten Augen. »Danke, danke!«
    Seine Gier sollte jedoch noch befriedigt werden. Auf der Insel Tenedos — die Dolabella wegen der Rolle, die sie im Krieg gegen Troja gespielt hatte, unbedingt besuchen wollte — eignete sich Verres die Statue des Tenes an, ein schönes hölzernes Kunstwerk, das so alt war, daß es nur entfernt an einen Menschen erinnerte.
    »Ich will es, ich muß es haben!« sagte er offen und ließ das Kunstwerk im Laderaum des Schiffes verschwinden, während Dolabella und Malleolus seufzend und kopfschüttelnd zusahen, weil ihre auf einen längeren Zeitraum angelegte und notwendigerweise enge Zusammenarbeit nicht gefährdet werden sollte. Auf Chios und in Erythrae machte Verres ebenfalls reiche Beute, und Malleolus wurde jetzt in eine Korruption hineingezogen, der sich Dolabella schon nicht mehr widersetzen konnte. Als Verres beschloß, aus dem Tempel und dem Bezirk der Hera auf Samos sämtliche Kunstwerke zu entwenden, konnte er Dolabella überreden, ein zusätzliches Schiff anzuheuern und dem Admiral Charidemus von Chios zu befehlen, der Flotille des neuen Statthalters von Cilicia auf dem letzten Stück ihrer Reise nach Tarsus mit seinem Fünfruderer Geleitschutz zu geben. Der immer größer werdende Schatz durfte nicht in die Hände von Piraten fallen! Halicarnassos büßte ein paar Statuen von Praxiteles ein — Verres’ letzte Plünderung in der Provinz Asia, wo mittlerweile helle Aufregung herrschte. Dafür raubte er in Pamphylia den wundervollen Harfenisten von Aspendos und den größten Teil der Kunstwerke aus dem Tempel der Artemis in Perge. Da die Statue der Göttin nach Verres’ Ansicht schlecht gearbeitet war, nahm er nur den goldenen Umhang und schmolz ihn zu

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