MoR 04 - Caesars Frauen
stiften, schien er nichts zu wissen. Er war noch immer bereit, die charakterlichen Mängel seines Schwagers als jugendlichen Übermut abzutun.
»Ich könnte mir eine kleine Flotte nehmen und in deinem Namen auf Piratenjagd gehen«, sagte Clodius.
»Also. .. «
»Was spricht dagegen?«
»Nun — eigentlich kann es ja nichts schaden.« Noch schwankte Rex.
»Bitte, sag ja.«
»Also gut. Aber du darfst nur die Piraten ärgern.«
»Ich verspreche es dir«, sagte Clodius. Er stellte sich schon die Beute vor, die ihm den Verlust versüßen sollte, den er durch die verfluchten arabischen Wegelagerer am Amanus erlitten hatte.
Es war eher eine Flottille als eine Flotte, an deren Spitze Clodius der Admiral bereits acht Tage später aus dem Hafen segelte, zehn gut bemannte und ordentlich aufgetakelte Biremen, von denen weder Rex noch Clodius glaubte, daß Metellus Nepos sie vermissen würde, wenn er in Tarsus eintraf.
Clodius hatte nicht bedacht, daß Pompeius’ Besen bereits so kräftig gekehrt hatte, daß es in den Gewässern vor Zypern und Cilicia Tracheia (dem zerklüfteten westlichen Ende der Provinz, in dem sich viele Piratennester befanden) nun von flüchtenden Piratenflotten nur so wimmelte, von Piratenflotten, die wesentlich mehr Schiffe als zehn Biremen zählten. Er war noch keine fünf Tage auf See, als eine solche Flotte in Sicht kam, seine Flottille umzingelte und sie kaperte. Publius Clodius war nur eine kurze Zeit als Admiral beschieden gewesen.
Man brachte ihn zu einem Stützpunkt auf Zypern, nicht weit von Paphos, der Hauptstadt und dem Sitz des Regenten, jenes Ptolemaios, den man den Zyprioten nannte. Natürlich kannte Clodius die Geschichte von Caesar und seinen Piraten, und sie hatte einen grandiosen Eindruck auf ihn gemacht. Gut, wenn Caesar so etwas geschafft hatte, dann konnte ein Publius Clodius es auch! Also verkündete er seinen Häschern erst einmal mit herrischer Stimme, daß sein Lösegeld bei zehn und nicht etwa bei zwei Talenten anzusetzen sei, und die Tabellen der Piraten bestätigten, daß dies ein durchaus angemessenes Lösegeld für einen jungen Adligen wie Clodius war. Die Piraten, die Caesars Geschichte noch besser kannten als Clodius, versprachen ihm feierlich, daß sie zehn Talente verlangen würden.
»Wer wird mich auslösen?« fragte Clodius großspurig.
»In diesen Gewässern, Ptolemaios der Zypriote«, bekam er zur Antwort.
Er versuchte, bei den Piraten die Rolle Caesars zu spielen, aber es mangelte ihm an Caesars eindrucksvoller Erscheinung; seine Prahlereien und Drohungen klangen lächerlich, und auch wenn er wußte, daß Caesars Häscher mitgelacht hatten, war er immerhin wach genug, um zu begreifen, daß dieser Haufen sich nicht beeindrucken lassen würde, trotz der Rache, die Caesar genommen hatte. Also änderte er den Kurs und schlug eine Taktik ein, auf die sich niemand besser verstand als er — er machte sich daran, die Herzen der einfachen Leute zu gewinnen und Unfrieden zu stiften. Zweifellos hätte er damit auch Erfolg gehabt, wenn den zehn Anführern der Piraten nicht zu Ohren gekommen wäre, was er trieb. Sie warfen ihn in eine Zelle, wo er kein Publikum mehr hatte, außer den Ratten, die es auf sein Brot und sein Wasser abgesehen hatten.
Er war in den ersten Tagen des Sextilis gefangengenommen worden, und sechzehn Tage später war er bereits in diesem Kerker gelandet. Drei Monate verbrachte er zusammen mit seiner rättischen Gefolgschaft in der Zelle. Man ließ ihn schließlich heraus, weil der Besen des Pompeius so gründlich kehrte, daß den Piraten nichts anderes übrigblieb, als die Siedlung aufzulösen. Außerdem kam Clodius zu Ohren, daß Ptolemaios der Zypriote herzhaft gelacht hatte, als man ihm sagte, wie hoch der Römer sein eigenes Lösegeld veranschlagte. Zwei Talente hatte er schließlich geschickt, und mehr, so Ptolemaios der Zypriote, sei ein Publius Clodius auch nicht wert.
Unter normalen Umständen hätten die Piraten mit Clodius kurzen Prozeß gemacht, aber Pompeius und Metellus Nepos waren ihnen so dicht auf den Fersen, daß sie kein Todesurteil riskieren wollten: Es hatte sich herumgesprochen, daß die Gefangennahme nicht automatisch die Kreuzigung nach sich zog, daß Pompeius manchmal Milde walten ließ. Deshalb ließ man Publius Clodius einfach laufen, als die Schiffe und ihre Besatzungen davonsegelten. Ein paar Tage später segelte eine von Metellus Nepos’ Flotten vorbei; Publius Clodius wurde gerettet und durfte nach Tarsus und
Weitere Kostenlose Bücher