MoR 04 - Caesars Frauen
erfuhr Lucullus, daß man ihm alles genommen hatte, außer dem wertlosen Titel eines Oberbefehlshabers gegen zwei Könige. Die Ritter hatten sich der Plebejischen Versammlung bedient, um ihm auch noch seine letzten beiden Provinzen zu nehmen, Bythinien und Pontus, und schließlich war er auch seiner vier Legionen beraubt worden: Die Fimbrianer durften endlich nach Hause, und Manius Acilius Glabrio, der neue Statthalter von Bythinien-Pontus, sollte die cilicischen Soldaten erhalten. Der Oberbefehlshaber des Krieges gegen die zwei Könige hatte keinen einzigen Soldaten mehr, um den Kampf fortzusetzen. Er hatte nur noch sein Kommando.
Daraufhin beschloß Lucullus, den Fimbrianern die Neuigkeit von ihrer ehrenhaften Entlassung vorzuenthalten. Was sie nicht wußten, würde sie nicht heiß machen. Natürlich erfuhren die Fimbrianer trotzdem, daß sie nach Hause zurückkehren durften. Clodius hatte die offiziellen Schreiben abgefangen und ihren Inhalt gelesen, bevor sie Lucullus erreichten. Gleich nach den Schreiben aus Rom trafen Nachrichten aus Pontus ein, die Lucullus darüber informierten, daß König Mithridates es zurückerobert hatte. Glabrio würde die cilicischen Legionen also doch nicht erben: sie waren in Zela aufgerieben worden.
Als der Befehl gegeben wurde, nach Pontus zu marschieren, tauchte Clodius bei Lucullus auf. »Die Armee weigert sich, Nisibis zu verlassen«, verkündete er.
»Die Armee wird nach Pontus marschieren, Publius Clodius, um unsere überlebenden Landsleute zu retten«, erwiderte Lucullus.
»Aber du hast nicht mehr den Befehl über die Armee!« frohlockte der triumphierende Clodius. »Die Fimbrianer haben ihren Dienst unter den Adlern beendet, sie dürfen nach Rom zurückkehren, sobald du ihnen die Entlassungspapiere geschrieben hast. Und das wirst du noch hier in Nisibis tun. Damit du sie nicht wieder um ihren Anteil an der Kriegsbeute betrügen kannst.«
In diesem Moment begriff Lucullus alles. Sein Atem ging keuchend, er fletschte die Zähne und ging, Mordlust in den Augen, auf Clodius los. Clodius wich hinter einen Tisch zurück und achtete darauf, näher an der Tür zu sein als Lucullus.
»Rühr mich nicht an!« brüllte er. »Wenn du mich anrührst, bringen sie dich um!«
Lucullus blieb stehen. »So sehr lieben sie dich?« fragte er. Selbst solchen Einfaltspinseln wie Silius und den anderen Zenturios der Fimbrianer hätte er nicht soviel Gutgläubigkeit zugetraut.
»Sie lieben mich bis in den Tod. Ich bin der Freund der Soldaten.«
»Du bist eine Hure, Clodius, du würdest dich an den allerletzten Abschaum dieser Welt verkaufen, wenn man dich dafür lieben würde«, sagte Lucullus mit unverhohlener Verachtung.
Warum es ihm ausgerechnet in diesem Augenblick in den Sinn kam, bei diesem Wutanfall, hätte Clodius hinterher nicht zu erklären gewußt. Aber es schoß ihm in den Kopf, und er antwortete boshaft und voller Häme: »Eine Hure? Ich? Aber nicht so eine Hure wie dein Weib, Lucullus! Meine liebe kleine Schwester Clodilla, die ich ebensosehr liebe, wie ich dich hasse! Aber sie ist eine Hure, Lucullus. Wahrscheinlich liebe ich sie deshalb so. Du denkst, daß du sie als erster hattest, ja? Sie war ja erst fünfzehn, als du sie geheiratet hast. Lucullus der Päderast, der den Mädchen und Knaben die Unschuld raubt! Hast wohl gedacht, du hättest Clodilla als erster gehabt, wie? Nein, das hast du nicht!« schrie Clodius, so außer sich vor Wut, daß er Schaum vor dem Mund hatte.
Lucullus war aschfahl geworden. »Was willst du damit sagen?« flüsterte er.
»Ich will damit sagen, daß ich sie als erster gehabt habe, großer und mächtiger Lucius Licinius Lucullus! Ich hatte sie als erster! Genau wie Claudia. Wir haben in einem Bett geschlafen, und wir haben viele Spielchen getrieben, Lucullus, und je größer ich geworden bin, desto toller haben wir’s getrieben! Ich habe sie beide besessen, Hunderte von Malen habe ich sie besessen. Ich habe meine Finger in sie hineingesteckt, und dann hab ich etwas anderes in sie hineingesteckt! Ich habe an ihnen gelutscht und herumgeknabbert, ich habe Sachen mit ihnen angestellt, die du dir nicht einmal vorstellen kannst! Und weißt du was?« fragte er lachend. »Clodilla findet, daß du ein armseliger Ersatz für ihren kleinen Bruder bist!«
Neben dem Tisch, der Clodius von Clodillas Ehemann trennte, stand ein Sessel; plötzlich schien alles Leben aus Lucullus gewichen zu sein, er stolperte auf den Sessel zu und ließ sich hineinfallen. Er
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