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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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König Tigranes ist für immer fort. In Zukunft gehört Syrien zum römischen Herrschaftsgebiet.«
    »Das wissen wir«, erwiderte der Anführer der Abordnung, ein junger skenitischer Araber, der sich Abgarus nannte. Rex wußte nicht, daß dieser Name der ererbte Titel des skenitischen Königs war. »Wir wollen ja nur, daß der neue Herr in Syrien uns zugesteht, was unser geworden ist. Wir haben nicht darum gebeten, hier nach Antiochia geschickt zu werden, entlang des Euphrat die Fährzölle einzusammeln oder in Damaskus zu wohnen. Auch wir sind Entwurzelte, und unser Schicksal ist grausamer als das der Griechen.«
    Quintus Marcius Rex hob die Augenbrauen. »Wieso, wenn ich fragen darf?«
    »Weil den Griechen überall nur mit Freundlichkeit begegnet wurde, großer Statthalter. Sie waren hochangesehen und haben viel Geld verdient in Tigranokerta, in Nisibis, in Amida und Singara. Wir aber kommen aus einem rauhen, unwirtlichen Land, aus einer sandigen Einöde. Wenn wir uns des Nachts wärmen wollten, mußten wir uns zwischen die Leiber unserer Schafe legen oder uns vor das rauchige Feuer eines Reifens aus getrocknetem Dung setzen. Und das alles ist erst zwanzig Jahre her. Inzwischen haben wir Gras wachsen sehen, wir haben feines Weizenbrot gegessen und klares Wasser getrunken, wir haben im Luxus gebadet, in Betten geschlafen und Griechisch gelernt. Es wäre eine sinnlose Grausamkeit, uns jetzt wieder in die Wüste zu schicken. Hier in Syrien gibt es Wohlstand für alle! Laß uns bleiben, mehr verlangen wir nicht. Und zeige den Griechen, die uns verfolgen, daß du keine Barbarei dulden wirst, die eines jeden Mannes unwürdig ist, der sich Grieche nennt«, sagte Abgarus mit schlichter Würde.
    »Ich kann wirklich nichts für euch tun«, antwortete Rex ungerührt. »Ich hab’ ja gar nicht angeordnet, daß man euch in die Wüste zurückschicken soll, aber ich will, daß hier in Syrien Frieden herrscht. Warum suchst du dir nicht die schlimmsten griechischen Unruhestifter und redest mit ihnen?«
    Abgarus und seine Gefährten befolgten diesen Rat, auch wenn Abgarus den Römern ihre Falschheit und ihre stillschweigende Duldung des Mordes an seinem Volk nicht verzieh. Statt nach den griechischen Rädelsführern zu suchen, schlossen die skenitischen Araber sich zu schlagkräftigen Gruppen zusammen und fingen an, die eigentliche Quelle der wachsenden Unzufriedenheit unter den Griechen ausfindig zu machen. Es ging nämlich das Gerücht um, daß der wahre Schuldige kein Grieche, sondern ein Römer sei.
    Zusammen mit seinem Namen, Publius Clodius, erfuhren sie, daß der junge Mann der Schwager des Statthalters war und aus einer der ältesten und angesehensten römischen Familien stammte, ja, daß er sogar mit Gnaeus Pompeius Magnus, dem Sieger über die Piraten, verschwägert war. Einen solchen Mann konnte man nicht töten. Verschwiegenheit mochte es in der Einöde der Wüste geben, aber nicht hier in Antiochia; irgend jemand würde zur gegebenen Zeit alles ausplaudern.
    »Wir werden ihn nicht töten«, sagte Abgarus. »Aber wir werden ihm eine schmerzliche Lektion erteilen.«
    Bei weiteren Erkundigungen stellte sich heaus, daß dieser Publius Clodius in der Tat ein recht merkwürdiger römischer Adliger war. Er lebte in einem ganz gewöhnlichen Haus im Elendsviertel von Antiochia und verkehrte an Orten, an denen römische Adlige normalerweise nicht verkehrten. Und genau das machte ihn zur leichten Beute. Abgarus schlug zu.
    Gefesselt, geknebelt und mit verbundenen Augen brachte man Publius Clodius in einen fensterlosen Raum, einen Raum ohne Wandbilder oder Dekorationen oder sonst irgend etwas, was ihn von unzähligen anderen Räumen in Antiochia unterschieden hätte. Und mehr als einen kurzen Blick ließ man Clodius ohnehin nicht darauf werfen, denn unmittelbar nachdem man ihm den Knebel aus dem Mund und die Binde vor den Augen genommen hatte, zog man ihm einen Sack über den Kopf und verschnürte ihn am Hals. Kahle Wände und braune Hände, mehr hatte er nicht gesehen, doch seine Blindheit war jetzt etwas gemildert — er konnte durch den Stoff des Sackes vage Umrisse und Bewegungen erkennen.
    Sein Herz schlug schneller als das eines Vogels, Schweiß tropfte ihm von der Stirn, sein Atem ging stoßweise, flach und keuchend. Noch nie hatte Clodius solche Todesängste ausgestanden, nie war er so sicher gewesen, sterben zu müssen. Aber von wessen Hand? Und was hatte er verbrochen?
    Eine Stimme sprach auf griechisch mit ihm, aber mit

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