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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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wählte dich, und das bereits vor acht Jahren. Schon damals faßte sie den Entschluß, nie einen anderen zu heiraten, und dabei ist sie geblieben. Weder Marcus Fulvius noch ich werden mit ihr fertig, sie ist zu stark für uns. Wenn du sie willst, kannst du sie haben.«
    »Und ob er mich will!« sagte eine junge Stimme in der offenen Tür zum Peristylium.
    Und herein kam Fulvia, nicht geschritten, sondern gelaufen; das entsprach ihrem Charakter — sie stürzte sich auf das, was sie haben wollte, zum Nachdenken hatte sie keine Zeit.
    Zu Clodius’ Überraschung stand Sempronia auf und ging hinaus. Keine Anstandsdame? Wie entschlossen war diese Fulvia?
    Clodius brachte kein Wort hervor; er war viel zu sehr mit Schauen beschäftigt. Fulvia war wunderschön! Sie hatte dunkelblaue Augen, lustiges, fransiges, hellbraunes Haar, schön geformte Lippen, eine scharf geschnittene Nase, war fast so groß wie er und hatte eine recht üppige Figur. Apart, außergewöhnlich, ganz anders als alle berühmten Familien in Rom. Woher war sie gekommen? Natürlich kannte er die Geschichte von Sempronia und dem Fest des Lupercus, und jetzt glaubte er beinahe, daß Fulvia eine Heimsuchung war.
    »Also, was hast du mir zu sagen?« wollte dieses außergewöhnliche Geschöpf von ihm wissen und setzte sich auf den Platz ihrer Mutter.
    »Daß mir bei deinem Anblick die Luft wegbleibt.«
    Das gefiel ihr, ihr Lächeln entblößte wunderschöne Zähne, groß, schneeweiß, leidenschaftlich. »Das ist gut.«
    »Warum ich, Fulvia?« fragte er, und seine Gedanken kreisten bereits um sein größtes Problem, die Beschneidung.
    »Weil du ein unkonventioneller Mensch bist«, antwortete sie ohne zu zögern. »So wie ich. Weil du fühlst. So wie ich. Dich berühren die Dinge so, wie sie meinen Großvater Gaius Gracchus berührt haben. Ich verehre meine Vorfahren! Und als ich damals gesehen habe, wie du allen Widrigkeiten zum Trotz vor Gericht gekämpft hast, obwohl Pupius Piso und Cicero und alle anderen dich verhöhnt haben, da hätte ich alle, die dich fertigmachen wollten, umbringen mögen. Sicher, ich war erst zehn Jahre alt, aber damals wußte ich, daß ich meinen Gaius Gracchus gefunden hatte.«
    Clodius wäre nie auf die Idee gekommen, sich mit einem der Gracchus-Brüder zu vergleichen, aber Fulvia hatte ihn da auf einen faszinierenden Gedanken gebracht. Warum sollte er sich nicht auf eine solche Karriere spezialisieren: ein aristokratischer Demagoge im Dienste der Unterprivilegierten? Paßte das nicht wunderbar zu seinem bisherigen Lebenslauf? Und wie leicht ihm das fallen würde, ihm, der eine ausgesprochene Begabung für den Umgang mit den einfachen Menschen hatte, die keinem der Gracchen jemals zu eigen war!
    »Für dich werde ich es versuchen«, sagte er und schenkte ihr sein schönstes Lächeln.
    Ihr stockte der Atem, sie schluckte vernehmlich. Aber dann sagte sie etwas Seltsames: »Ich bin ein sehr eifersüchtiger Mensch, Publius Clodius, und deshalb werde ich keine einfache Ehefrau sein. Wenn du es auch nur wagst, andere Frauen anzusehen, kratze ich dir die Augen aus!«
    »Ich kann es mir gar nicht leisten, andere Frauen anzusehen«, erwiderte er nüchtern, und schneller, als ein Schauspieler die Maske wechseln kann, wechselte er von der Komödie zur Tragödie. »Es könnte sogar sein, daß auch du mich nicht mehr ansehen magst, wenn du erst mein Geheimnis kennst, Fulvia.«
    Er brachte sie nicht im geringsten in Verlegenheit, im Gegenteil, sie beugte sich interessiert vor. »Dein Geheimnis?«
    »Mein Geheimnis. Und was für ein Geheimnis. Ich werde dir nicht den Schwur abverlangen, es zu bewahren, denn es gibt nur zwei Sorten von Frauen. Die einen schwören und erzählen es trotzdem, die anderen bewahren es auch dann, wenn sie nicht geschworen haben. Zu welcher Sorte gehörst du, Fulvia?«
    »Kommt darauf an«, sagte sie lächelnd. »Zu beiden, glaube ich. Also werde ich nicht schwören. Aber ich bin treu, Publius Clodius. Wenn dein Geheimnis dich in meinen Augen nicht erniedrigt, dann werde ich es bewahren. Ich habe dich zu meinem Gefährten erwählt, und ich bin treu. Ich würde für dich sterben.«
    »Stirb nicht für mich, Fulvia, lebe für mich!« rief Clodius, der sich schneller verliebte, als der Korkball eines Kindes einen Wasserfall hinunterstürzen kann.
    »Erzähl’s mir!« sagte sie, und es klang wie das Fauchen einer wilden Katze.
    »Als ich bei meinem Schwager in Syrien war«, begann Clodius, »wurde ich von einer Bande

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