MoR 04 - Caesars Frauen
weitaus höheres Ansehen genoß als seinesgleichen. Caesar bewegte sich inmitten des Stimmviehs der unteren Klasse so ungezwungen wie unter den Konsularen. Aber wie sollte sie das Thema eines angemessenen Domizils anschneiden, ohne auf die unangenehmen Geldprobleme zu sprechen zu kommen?
Aurelia seufzte leise und faltete die Hände vor sich auf dem Tisch. »Caesar, nächstes Jahr wirst du als Prätor kandidieren«, sagte sie, »und ich sehe dabei große Schwierigkeiten.«
»Meine Adresse«, erwiderte er ohne zu zögern.
Ihr Lächeln wirkte gequält. »Dein Scharfsinn läßt nichts zu wünschen übrig.«
»Sind wir beim Vorspiel zu einem Streit über Geldangelegenheiten?«
»Nein, sind wir nicht. Das hoffe ich jedenfalls. Ich habe über die Jahre ein hübsches Sümmchen zusammengespart, und das Mietshaus ließe sich zu besten Konditionen beleihen. Ich könnte dir Geld geben, damit du dir ein schönes Haus auf dem Palatin oder dem Carinae kaufst.«
Seine Lippen wurden schmal. »Das ist sehr großzügig von dir, Mater, aber ich nehme kein Geld von dir. Ebensowenig wie von meinen Freunden. Verstehst du?«
Man sah ihr beim besten Willen nicht an, daß sie schon im zweiundsechzigsten Lebensjahr war. Nicht eine einzige Runzel auf der Stirn oder am Hals. Vielleicht lag es daran, daß sie ein wenig rundlicher geworden war; ihr wahres Alter zeigte sich allenfalls in ein paar winzigen Fältchen um die Mundwinkel herum.
»Ich dachte mir, daß du so reagieren würdest«, sagte sie ganz ruhig. Und dann bemerkte sie scheinbar ohne Zusammenhang: »Metellus Pius Pontifex Maximus soll es gar nicht gutgehen.«
Darüber erschrak er. »Wer sagt das?«
»Zum einen Clodia, und die weiß es von ihrem Mann. Celer sagt, daß die Familie sich große Sorgen macht. Und zum anderen von Aemilia Lepida. Metellus Scipio ist sehr niedergeschlagen über den Gesundheitszustand seines Vaters. Seit dem Tod seiner Frau geht es ihm schlecht.«
»Es stimmt, der Alte ist schon länger zu keiner Sitzung mehr gekommen«, stellte Caesar fest.
»Er wird auch zu keiner mehr kommen. Wenn ich sagte, daß es ihm nicht gutgeht, dann meinte ich damit, daß er im Sterben liegt.«
»Und?« Caesar wuffte nicht, worauf sie hinauswollte.
»Wenn er stirbt, dann wird das Kollegium der Pontifices einen neuen Pontifex Maximus wählen müssen.« Die großen, leuchtenden Augen, Aurelias hervorstechendstes Merkmal, wurden schmaler. »Caesar, wenn man dich zum Pontifex Maximus machen würde, dann wären deine dringlichsten Probleme gelöst. Zuerst und vor allem hätten deine Gläubiger die Gewißheit, daß du auf jeden Fall Konsul wirst. Und dann würden sie dir — wenn nötig — auch über deine Zeit als Prätor hinaus Kredit gewähren. Nimm den Fall an, das Los beschert dir Sardinien oder Africa als prätoriale Provinz, dort bekommst du als Statthalter deine Verluste bestimmt nicht wieder herein, und ich könnte mir vorstellen, daß deine Gläubiger dann recht ungeduldig werden.«
Der Anflug eines Lächelns schimmerte in seinen Augen auf, aber sein Gesicht blieb regungslos. »Ein bewundernswertes Kalkül, Mater«, sagte er.
Sie fuhr fort, als hätte er nichts gesagt: »Zweitens würde das Amt des Pontifex Maximus dich mit einer Residenz auf Staatskosten ausstatten, und da es eine Lebensstellung ist, dürftest du das Domus Publica bis an dein Lebensende bewohnen. Es ist groß und repräsentativ und steht auf dem Forum. Ich habe mich bereits vorsichtig unter den Ehefrauen deiner Priesterkollegen umgehört«, schloß sie, so ruhig und gelassen wie immer.
Caesar seufzte. »Ein vortrefflicher Plan, Mater, aber du kannst ihn ebensowenig in die Tat umsetzen wie ich. Gegen Männer wie Catulus und Vatia Isauricus und mindestens die Hälfte der anderen im Kollegium komme ich nicht an. Erstens geht der Posten gewöhnlich an einen Mann, der schon einmal Konsul war, und zweitens wird das Kollegium von den konservativsten Elementen des Senats bevölkert. Und die mögen mich nun einmal nicht.«
»Ich mache mich trotzdem an die Arbeit«, sagte Aurelia.
In diesem Augenblick hatte Caesar einen Geistesblitz. Vielleicht war es doch zu schaffen. Er warf den Kopf in den Nacken und lachte laut. »O ja, Mater, mach du dich nur an die Arbeit!« sagte er und wischte sich eine Träne der Heiterkeit aus den Augen. »Ich weiß eine Lösung — meine Güte; wird das ein Eklat!«
»Und wie sieht deine Lösung aus?«
»Weißt du, eigentlich bin ich wegen Titus Labienus zu dir gekommen,
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