MoR 04 - Caesars Frauen
doch nichts mit dem Preis für das Ding zu tun! Es hatte einen Fehler. Ich will nicht, daß defekte Sachen bei mir herumstehen.«
Weil sie ihn nicht so recht verstand, wechselte Aurelia das Thema. »Ich wünsche dir Erfolg, liebster Sohn«, sagte sie und küßte ihn auf die Stirn. »Ich werde hier auf dich warten.«
»Sollte ich verlieren, Mater«, sagte er mit seinem strahlendsten Lächeln, »dann wirst du eine ganze Weile auf mich warten müssen! Wenn ich verliere, werde ich nicht mehr nach Hause zurückkehren können.«
Und so machte er sich auf den Weg, gekleidet in die priesterliche Toga mit den hell- und dunkelroten Streifen; Hunderte von Klienten und alle männlichen Bewohner der Subura schlossen sich ihm an, als er den Vicus Patricii hinunterging, und aus jedem Fenster schaute ein weiblicher Kopf, um ihm Glück zu wünschen.
Noch ganz leise konnte Aurelia hören, wie er den Glückwünschern an den Fenstern zurief: »Caesars Glück wird eines Tages sprichwörtlich sein!«
Danach saß sie an ihrem Schreibtisch und addierte stundenlang Zahlen auf ihrem elfenbeinernen Abakus, aber sie schrieb nicht eine einzige Summe auf, und hinterher konnte sie sich nicht mehr daran erinnern, was sie eigentlich zusammengezählt hatte.
Er schien ihr gar nicht lange fortgewesen zu sein; später erfuhr sie, daß es insgesamt sechs Frühlingsstunden waren. Als sie seine triumphierende Stimme bereits vom Empfangszimmer her hörte, fehlte ihr die Kraft, sich aus dem Sessel zu erheben. Er mußte sie suchen.
»Vor dir steht der neue Pontifex Maximus!« rief er schon auf der Türschwelle, die Hände über dem Kopf verschränkt.
»Ach, Caesar«, sagte sie und brach in Tränen aus.
Nichts hätte ihn mehr erschrecken können, denn er konnte sich nicht erinnern, sie jemals mit Tränen in den Augen gesehen zu haben. Er schluckte, die Freude auf seinem Gesicht wich Bestürzung; er kam ins Zimmer gestolpert, hob sie aus dem Sessel, und dann lagen sie sich in den Armen und weinten beide.
»Nicht einmal für Cinnilla hast du geweint«, sagte er, als er sich wieder gefaßt hatte.
»Doch, aber nicht in deiner Gegenwart.«
Mit einem Taschentuch wischte er zuerst sein Gesicht und dann das seiner Mutter trocken. »Wir haben gesiegt, Mater, wir haben gesiegt! Ich stehe noch in der Arena und halte das Schwert in beiden Fäusten.«
Ihr Lächeln war zittrig, aber es war ein Lächeln. »Wie viele Leute sind draußen im Empfangsraum?« fragte sie.
»Es herrscht ein schauderhaftes Gedränge, mehr weiß ich nicht.«
»Hast du deutlich gewonnen?«
»In allen siebzehn Tribus.«
»Auch in Catulus’? Und Vatias?«
»Ich habe in ihren Tribus mehr Stimmen auf mich versammelt als die beiden zusammen, stell dir das vor!«
»Das ist ein schöner Sieg«, flüsterte sie. »Aber wie kam er zustande?«
»Einer der beiden hätte verzichten müssen«, sagte Caesar. »Zusammen haben sie ihre Stimmen halbiert.« Er fühlte sich jetzt bereit, einem Saal voller Menschen gegenüberzutreten. »Außerdem war ich als junger Mann Jupiter Optimus Maximus’ höchsteigener Priester, und Sulla hat mich dieses Postens beraubt. Auch der Pontifex Maximus gehört dem Großen Gott. Meine Klienten haben im Komitium viel Überzeugungsarbeit geleistet, und sie haben damit erst aufgehört, als auch die Stimmen des letzten Tribus eingesammelt waren.« Er grinste. »Ich habe dir doch gesagt, Mater, zu einem Wahlkampf gehört mehr als nur Bestechung. Kaum ein Wähler, der nicht davon überzeugt war, daß ich eine glückliche Lösung für Rom bin. Schließlich war ich immer ein Mann des Jupiter Optimus Maximus.«
»Es hätte auch gegen dich gewendet werden können. Sie hätten sich sagen können, daß ein Mann, der einmal Hamen Dialis war, ein Unglück für Rom ist.«
»Nein! Die Menschen warten immer auf jemanden, der ihnen sagt, wie sie sich den Göttern gegenüber zu verhalten haben. Ich war rechtzeitig zur Stelle, bevor meine Gegner auf diesen Gedanken kommen konnten. Natürlich sind sie nicht darauf gekommen.«
Seit Metellus Scipio vor ein paar Jahren Aemilia Lepida geheiratet hatte, lebte er nicht mehr im Domus Publica des Pompeius, und Licinia, die kinderlose Ehefrau des Ferkels, war vor ihrem Mann gestorben. Das staatliche Domizil des Pompeius stand also leer.
Natürlich hatte beim Begräbnis des Ferkels aus Gründen des Taktes niemand daran erinnert, was für ein schlechter Scherz Sullas es gewesen war, den Römern diesen ungewählten Pontifex Maximus
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