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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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aufzuzwingen, denn Metellus Pius hatte immer, wenn er aufgeregt war, entsetzlich zu stottern angefangen. Diese Angewohnheit hatte jeder Zeremonie zusätzliche Spannung verliehen, denn jeder hatte sich gefragt, ob der Pontifex Maximus wohl alle Worte ordentlich herausbringen würde. Eine Zeremonie mußte ohne Störungen vonstatten gehen — in Wort wie in Handlung; geschah dies nicht, mußte man noch einmal von vorn beginnen.
    Der neue Pontifex Maximus würde wohl kaum über seine Worte stolpern, um so weniger, als er keinen Wein trank, wie allgemein bekannt war. Das war auch eines von Caesars kleinen Wahlkampfmanövern gewesen — er hatte diese Information während der pontifikalen Wahlen wohldosiert unter die Leute bringen lassen. Und als Beigabe ein paar Bemerkungen darüber, daß Catulus und Vatia Isauricus doch schon recht alte Männer waren. Nach fast zwei Jahrzehnten der Angst vor höchstpriesterlichem Gestammel war Rom geradezu entzückt von der Aussicht auf einen Pontifex Maximus, der Zeremonien fehlerlos durchführen konnte.
    Scharen von Klienten und begeisterten Anhängern strömten herbei, um Caesar und seiner Familie beim Umzug ins Domus Publica auf dem Forum Romanum zu helfen, auch wenn die Subura traurig darüber war, einen so prominenten Mitbewohner zu verlieren. Besonders Lucius Decumius, der rastlos für die Sache gearbeitet hatte, war untröstlich darüber, daß sein Leben nie mehr so sein würde wie zuvor.
    »Du bist immer willkommen, Lucius Decumius«, sagte Aurelia.
    »Aber es ist nicht dasselbe«, erwiderte der alte Mann düster. »Ich wußte immer, daß ihr hier neben mir wohnt, daß es euch gutgeht. Aber da unten im Forum, zwischen all den Tempeln und Schreinen. Bah!«
    »Kopf hoch, alter Freund«, sagte die über sechzig Jahre alte Dame, in die Lucius Decumius sich verliebt hatte, als sie neunzehn war. »Er hat nicht die Absicht, diese Wohnung hier zu vermieten oder seine Räume im Vicus Patricii aufzugeben. Er braucht seine Rückzugsmöglichkeiten.«
    Das war für Lucius Decumius die beste Neuigkeit seit Tagen! Er hüpfte davon wie ein kleiner Junge, um seinen Brüdern bei den Kreuzweglern zu berichten, daß Caesar ein Teil der Subura bleiben würde.

    Es beunruhigte Caesar nicht im geringsten, daß er jetzt an der Spitze eines Kollegiums stand, dessen Mitglieder ihn in ihrer Mehrheit verachteten. Nach dem Ende seiner Investitur im Tempel des Jupiter Optimus Maximus rief er seine Kollegen an Ort und Stelle zu einer Besprechung zusammen. Er leitete diese Konferenz so souverän und unvoreingenommen, daß Priester wie Sextus Sulpicius Galba und Publius Mucius Scaevola Seufzer der Erleichterung ausstießen und die Vermutung äußerten, die Staatsreligion könnte womöglich von einem Pontifex Maximus wie Caesar profitieren, so zuwider ihnen seine politischen Ansichten auch sein mochten. Onkel Mamercus, der alt und immer kurzatmiger wurde, lächelte nur; niemand wußte besser als er, wie effektiv Caesar die Dinge anzupacken wußte.
    Jedes zweite Jahr mußten zwanzig zusätzliche Tage in den Kalender eingefügt werden, damit er im Gleichschritt mit den Jahreszeiten blieb, aber eine Reihe von Pontifices Maximi wie Ahenobarbus und Metellus Pius hatten diese Pflicht vernachlässigt. In Zukunft würden diese zwanzig Tage ohne Versäumnis eingefügt werden, verkündete Caesar mit fester Stimme. Er würde keine Ausreden oder religiösen Spitzfindigkeiten dulden. Dann kündigte er an, daß er in den Komitien ein Gesetz einbringen werde, nach dem noch einmal hundert Tage eingefügt würden, um den Kalender endgültig wieder an die Jahreszeiten anzupassen. Zur Zeit war es so, daß gerade der Sommer begann, wenn der Kalender das nahe Ende des Herbstes verkündete. Dieser Plan rief bei einigen unzufriedenes Murren, aber keinen allgemeinen Protest hervor; alle Anwesenden (einschließlich Caesar) wußten, daß er ohnehin warten mußte, bis er Konsul war, um ein solches Gesetz durchbringen zu können.
    Während einer Konferenzpause sah Caesar sich stirnrunzelnd im Innern des Jupiter Optimus Maximus um. Catulus mühte sich noch immer mit dem Neubau des Tempels ab, aber nachdem das eigentliche Gebäude stand, waren die Arbeiten weit hinter dem Zeitplan zurückgeblieben. Der Tempel war bewohnbar, aber schmucklos; ihm fehlte der Glanz des alten Baus. Viele Wände waren verputzt und gestrichen, aber es mangelte an Fresken und schmückenden Zierleisten, und Catulus hatte natürlich weder den Unternehmungsgeist noch

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