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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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die Via Nova, eine belebte Straße mit Tavernen, Läden und Mietshäusern; auf der Rückseite des Domus Publica stellte eine schmale Gasse die Verbindung zu den Untergeschossen der Häuser auf der Via Nova her. Alle diese Anwesen erhoben sich weit über die Felskante, so daß man von ihren Rückfenstern aus einen herrlichen Blick auf alles hatte, was in den Innenhöfen des Domus Publica passierte. Außerdem standen sie der Nachmittagssonne im Weg, hinderten sie daran, das Domizil des Pontifex Maximus und der Vestalinnen zu bescheinen, und sorgten auf diese Weise dafür, daß das Domus Publica, das bereits durch seine tiefe Lage benachteiligt war, ein kühler Aufenthaltsort war. Der Porticus Margaritaria, eine gigantische rechteckige Einkaufsarkade, die direkt oberhalb des Hauses verlief und an der Achse des Forums ausgerichtet war, stieß an seine Rückseite und schnitt buchstäblich einen Teil von ihm ab.
    Allerdings störte sich kein Römer — nicht einmal ein logisch denkender wie Caesar — an sonderbar geformten Gebäuden, denen hier und da eine Ecke fehlte und aus denen dafür an anderer Stelle ein Erker hervorragte. Wenn man entlang einer geraden Linie bauen konnte, dann tat man das; wenn man jedoch um eine Ecke herumbauen mußte oder entlang einer Grenze, die so krumm war, daß man glauben konnte, die Priester, die sie gezogen hatten, seien einem hüpfenden Vogel gefolgt, dann tat man eben auch das. Wenn man das Domus Publica unter diesem Aspekt betrachtete, dann war es gar nicht einmal so schief und krumm. Aber es war klobig und häßlich, und außerdem kalt und feucht.
    Die Eskorte seiner Klienten blieb ehrfürchtig zurück, als Caesar auf das Haupttor zuschritt, zwei gewaltige Türflügel mit Bronzereliefs, auf denen die Geschichte der Cloelia erzählt wurde. Unter normalen Umständen benutzte man dieses Tor gar nicht, denn es gab Eingänge auf beiden Seiten des Gebäudes. Aber heute war kein normaler Tag. Heute nahm der neue Pontifex Maximus sein Domizil in Besitz, und das war ein formaler Akt. Caesar schlug dreimal mit der flachen Hand gegen den rechten Türflügel, der sich unverzüglich öffnete. Die Vorsteherin der Vestalinnen ließ ihn mit einer tiefen Verbeugung ein, dann schloß sie die Tür vor der Horde seufzender, traurig dreinblickender Klienten, die sich auf eine lange Wartezeit einrichten mußten und bereits jetzt über Erfrischungen und Zeitvertreib nachzudenken begannen.
    Perpennia und Fonteia waren schon vor ein paar Jahren zurückgetreten; die Vorsteherin der Vestalinnen war jetzt Licinia, eine Base ersten Grades von Murena und eine entfernte Base von Crassus.
    »Aber ich möchte mich so bald wie möglich zurückziehen«, sagte sie, als sie Caesar über die geschwungene Rampe im Vestibül zu einer weiteren prächtigen Bronzetür führte. »Mein Vetter Murena kandidiert dieses Jahr als Konsul, und er hat mich gebeten, so lange Vorsteherin der Vestalinnen zu bleiben, wie es seinem Wahlkampf dienlich ist.«
    Eine schlichte, angenehme Frau, diese Licinia, aber — wie Caesar wußte — bei weitem nicht stark genug, um ihr Amt angemessen versehen zu können. Als Pontifex hatte er im Lauf der Jahre immer wieder mit den erwachsenen Vestalinnen zu tun gehabt, und seit dem Tag, an dem Metellus Pius das Ferkel ihr pater familias geworden war, hatte er ihr Schicksal bedauert. Zuerst hatte Metellus Pius zehn Jahre in Spanien gegen Sertorius gekämpft, dann war er zurückgekehrt, frühzeitig gealtert und keineswegs in der Laune, sich um sechs weibliche Geschöpfe zu kümmern, die er eigentlich überwachen und anleiten sollte. Seine trübsinnige, farblose Frau war ihm auch keine große Hilfe dabei gewesen. Und so kam es, wie es kommen mußte — ohne eine feste Hand im Hintergrund war keine der drei Frauen, die nacheinander Vorsteherinnen wurden, in der Lage geewsen, mit ihrer Aufgabe fertig zu werden. Mit dem Kollegium der vestalischen Jungfrauen war es immer weiter bergab gegangen. Sicher, das heilige Feuer wurde sorgsam gehütet, und die verschiedenen Feierlichkeiten wurden organisiert, wie es sich gehörte. Aber der Skandal um die Anschuldigungen des Publius Clodius lag noch immer wie ein dunkler Schatten über den sechs Frauen, die das Glück der Stadt Rom verkörperten, und keine von denen, die zu jener Zeit bereits dem Kollegium angehörten, war ohne ein paar schlimme Narben aus dieser Affäre hervorgegangen.
    Licinia schlug mit der flachen rechten Hand dreimal gegen den rechten Türflügel,

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