MoR 04 - Caesars Frauen
das Bedürfnis, ausländische Staaten und ihre gekrönten Häupter dazu zu überreden, als Zeichen ihrer Hochachtung für Rom den Jupiter Optimus Maximus mit herrlichen Kunstgegenständen zu verschönern. Keine goldenen oder wenigstens vergoldeten Statuen, keine prächtigen Standbilder der Victoria auf ihrem vierspännigen Wagen, keine Malereien des Zeuxis — noch nicht einmal ein Abbild des Großen Gottes, das den uralten Terrakottariesen hätte ersetzen können, den Vulca zu einer Zeit erschaffen hatte, als Rom noch ein kleiner Knabe war, der sich eben anschickte, auf die Bühne der Welt zu krabbeln.
Aber für den Augenblick wollte Caesar sich zurückhalten. Das Amt des Pontifex Maximus bekleidete man ein Leben lang, und er war noch keine siebenunddreißig Jahre alt.
Nachdem er die Konferenz mit der Ankündigung geschlossen hatte, daß er in acht Tagen im Tempel des Domus Publica sein Antrittsfest abhalten würde, machte er sich auf den kurzen Weg vom Tempel des Jupiter Optimus Maximus zum Domus Publica. An den unvermeidlichen Schwarm von Klienten, die ihn überallhin begleiteten, hatte er sich gewöhnt; er ging langsamer als üblich, tief in Gedanken versunken. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, daß er in Wahrheit dem Großen Gott gehörte und diese Wahl auf sein Geheiß gewonnen hatte. Ja, er würde Catulus vor aller Augen zu Vorschlägen zwingen und auch seinen eigenen Geist ein wenig anstrengen müssen, um das dringende Problem zu lösen, wie man den Tempel des Jupiter Optimus Maximus mit schönen Dingen und Kunstschätzen füllen konnte, zu einer Zeit, wo in den privaten Haushalten nur das Beste gut genug war, wo man sich prachtvolle Gärten anlegte, wo Künstler und Kunsthandwerker in privatem Auftrag wesentlich mehr Geld verdienen konnten, als der Staat ihnen dafür zahlte, daß sie öffentliche Gebäude ausschmückten.
Das wichtigste Gespräch hatte er sich bis zum Schluß aufgespart, weil er es für besser gehalten hatte, zunächst dem Priesterkollegium seine Autorität zu demonstrieren, bevor er den vestalischen Jungfrauen seine Aufwartung machte. Alle priesterlichen und auguralen Kollegien gehörten in seinen Verantwortungsbereich als nominelles und tatsächliches Oberhaupt der römischen Staatsreligion, aber mit dem Kollegium der vestalischen Jungfrauen verband den Pontifex Maximus eine besondere Beziehung. Er war nicht nur ihr pater familias, er wohnte auch mit ihnen unter einem Dach.
Das Domus Publica war sehr alt und von allen Bränden verschont worden. Generationen wohlhabender Pontifices Maximi hatten Geld und Arbeit hineingesteckt, obwohl sie wußten, daß alle beweglichen Gegenstände, von Tischen, die mit Gold und Elfenbein verziert waren, bis hin zu ägyptischen, mit Intarsien versehenen Liegesofas, später von den Erben nicht wieder herausgenommen werden durften.
Wie alle sehr frühen republikanischen Gebäude auf dem Forum lag auch das Domus Publica in einem merkwürdigen Winkel zur vertikalen Achse des Forums selber, denn in der Zeit seiner Entstehung waren alle sakralen und öffentlichen Gebäude auf einer Nord-Süd-Achse erbaut worden, während das Forum aufgrund einer natürlichen Neigung von Nordosten nach Südwesten ausgerichtet war. Spätere Gebäude waren dann auf dieser Linie erstellt worden, was für ein ordentlicheres, attraktiveres Gesamtbild gesorgt hatte. Als eines der größten Bauwerke des Forums war das Domus Publica ein Blickfang, wenn auch ein wenig erfreulicher. Es stand teilweise im Schatten der Regia und der Amtsräume des Pontifex Maximus; die hohe Fassade auf ihrem Fundament war aus unverputzten Tuffblöcken und hatte rechteckige Fenster; das oberste Stockwerk, das der schrullige Pontifex Maximus Ahenobarbus später hatte draufsetzen lassen, war ein Gemäuer undefinierbaren Stils mit Bogenfenstern. Eine unglückliche Kombination, die — wenigstens in der Frontalansicht von der Via Sacra her — durch den Bau eines ordentlichen und eindrucksvollen Portikus mit Giebeldreieck entscheidend verbessert werden könnte. Das dachte sich jedenfalls Caesar, und in dieser Sekunde wußte er, wie sein Beitrag zum Domus Publica aussehen würde. Es war ein geweihter Tempel, also konnte kein weltliches Gesetz ihn daran hindern.
Im Umriß war das Gebäude mehr oder weniger kastenförmig, auch wenn ein Vorsprung auf beiden Seiten es ein wenig öffnete. Hinter dem Haus bildete ein kleiner, zehn Meter hoher Felsen die letzte Stufe des Palatin. Oben auf diesem Felsen verlief
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