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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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und Fabia ließ sie mit einer tiefen Verbeugung in den Fempel ein. Hinter diesen geheiligten Portalen hatten die Vestalinnen sich versammelt, um ihren neuen pater familias zu begrüßen; es war der einzige Raum des Domus Publica, in dem der Pontifex Maximus und die Vestalinnen sich begegnen durften.
    Und was tat der neue pater familias? Er schenkte ihnen ein fröhliches, ganz und gar nicht priesterliches Lächeln und ging forschen Schrittes auf eine dritte Doppeltür zu, die sich am hinteren Ende des düsteren Saales befand.
    »Wir gehen an die frische Luft, Mädchen«, rief er ihnen über die Schulter zu.
    Im kühlen Areal des Innenhofs fand er eine geschützte Ecke, wo unter dem Säulengang drei schwere Holzbänke nebeneinander aufgereiht standen. Scheinbar mühelos hob er eine von ihnen hoch und stellte sie gegenüber den beiden anderen auf. Dann nahm er darauf Platz in seiner farbenprächtigen, hell- und dunkelrot gestreiften Toga, unter der er inzwischen die hell- und dunkelrot gestreifte Tunika des Pontifex Maximus trug. Mit einer lässigen Handbewegung lud er die sechs Frauen ein, sich ebenfalls zu setzen. Es herrschte ein ängstliches Schweigen, während Caesar seine neuen Schutzbefohlenen in Augenschein nahm.
    Fabia — das Objekt der amourösen Bemühungen von Catilina und Publius Clodius — galt als die hübscheste Vestalin seit Generationen. Als Zweitälteste würde sie Licinia demnächst als Vorsteherin nachfolgen, womit der Posten der Vestalis Maxima alles andere als ideal besetzt war; wäre das Kollegium zur Zeit ihres Eintritts von Bewerberinnen überschwemmt worden, hätte man sie gar nicht erst zugelassen. Aber dem damaligen Pontifex Maximus Scaevola war gar nichts anderes übriggeblieben, als seinen Wunsch nach einem schlichten Mädchen zu unterdrücken und diesen bildschönen Sprößling der uralten römischen Sippe der Fabier aufzunehmen. Seltsam. Sie und Ciceros Frau Terentia hatten dieselbe Mutter, aber Terentia besaß nichts von Fabias Schönheit und Liebenswürdigkeit, dafür war sie die weitaus Intelligentere von den beiden. Fabia war achtundzwanzig, sie würde dem Kollegium also noch für acht bis zehn Jahre angehören.
    Zwei der Vestalinnen — Popillia und Arruntia — hatten das gleiche Alter. Auch sie waren von Clodius damals der Unzucht mit Catilina beschuldigt worden. Doch war die Sachlage hier weit eindeutiger gewesen als bei Fabia. Sie hatten die Geschworenen sehr schnell von ihrer völligen Unschuld überzeugen können, obwohl sie damals erst siebzehn waren. Ein Problem gab es:
    Innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren würden drei der sechs Frauen aus dem Kollegium ausscheiden. Der Pontifex Maximus würde also drei Novizinnen finden müssen, die einmal ihren Platz einnehmen könnten. Aber bis dahin waren noch zehn Jahre Zeit. Popillia war eine nahe Cousine Caesars, während Arruntia so gut wie gar nicht blutsverwandt mit ihm war. Keine der drei hatte sich vom Makel des Vorwurfs der Unkeuschheit jemals so richtig erholt, deshalb klammerten sie sich eng aneinander und führten ein sehr abgeschiedenes Leben.
    Die beiden Nachfolgerinnen für Perpennia und Fonteia waren noch Kinder, auch sie mit ihren elf Jahren fast gleich alt. Die eine war Junia, die Schwester von Decimus Brutus, Tochter der Sempronia Tuditani. Warum man sie mit nur sechs Jahren ins Kollegium gegeben hatte, war kein Geheimnis: Zum einen hatte Sempronia Tuditani keine potentielle Rivalin neben sich dulden wollen, zum anderen hatte Decimus Brutus sich als katastrophal kostspielig erwiesen. Die meisten Novizinnen wurden von ihren Familien ausreichend versorgt, aber Junia kam ohne eine Mitgift. Kein unüberwindliches Problem, war der Staat doch durchaus bereit, die Versorgung zu übernehmen, wenn die Familie es nicht vermochte. Sie würde eine attraktive junge Frau werden, wenn sie die Unsicherheiten der Pubertät überwunden hatte — falls ihr das in dieser engen Umgebung und ohne mütterlichen Beistand überhaupt gelang.
    Das andere Kind war eine Patrizierin aus alter, wenn auch etwas verarmter Familie, eine Quinctilia von außergewöhnlicher Körperfülle. Auch sie hatte keine Mitgift bekommen. Ein Hinweis auf den momentanen Ruf des Kollegiums, dachte Caesar verbittert. Niemand würde seine Tochter zu den Vestalinnen geben, wenn er sie mit genügend Mitgift ausstatten konnte, um einen Mann für sie zu finden. Ein Mißstand, der den Staat teuer zu stehen kam. Natürlich waren dem Kollegium eine Pompeia, eine

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