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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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dann lag es vor ihnen, das Zentrum der gesamten römischen Welt: das untere Forum Romanum, ein Ort, der großzügig mit Stätten der Verehrung, des Altertums und des öffentlichen Gebrauchs ausgestattet war. Seit über fünfzehn Monaten war er nicht mehr hier gewesen. Nicht etwa, daß sich etwas verändert hätte, hier änderte sich nie etwas.
    Direkt vor ihm öffnete sich das Komitium, ein vermeintlich kleines, kreisrundes Auditorium mit breiten Stufen, die bis hinunter an die Grundfläche reichten. Hier tagten die Volksversammlung und die Plebejische Versammlung. Wenn es bis auf den letzten Platz besetzt war, hatte das Komitium für ungefähr dreitausend Männer Raum. An seiner Rückseite befand sich die Rostra, von der aus die Politiker zu der Menge redeten, die sich unter ihnen im Auditorium drängte. Und dann war da noch die alte ehrwürdige Curia Hostilia, Versammlungsort des Senats in all den Jahrhunderten seit ihrer Errichtung durch König Tullius Hostilius, zu klein, seit Sulla diese Körperschaft erweitert hatte, und ein wenig schäbig geworden, trotz der wundervollen Malereien auf einer der Seitenwände. Der Brunnen des Curtius, die heiligen Bäume, Scipio Africanus auf seiner hohen Säule, die Galionsfiguren gekaperter Schiffe, ebenfalls auf Säulen montiert, eine ganze Anzahl von Standbildern auf imposanten Sockeln, die zornige Gesichter machten, wie der greise und blinde Appius Claudius, oder selbstgefällig in die Welt schauten, wie der listige alte Scaurus Princeps Senatus. Auf der anderen Seite der offenen Fläche standen zwischen zwei oder drei Rednertribünen die beiden schäbigen Basiliken der Opimia und Sempronia und links davon der herrliche Tempel von Castor und Pollux. Wie zwischen so vielen Klötzen noch Versammlungen und Gerichtsverhandlungen stattfinden konnten, war ein Rätsel; aber sie fanden statt, und das würde wohl immer so sein.
    Im Norden erhob sich die riesige Anhöhe des Kapitols — dessen eine Erhebung die andere ein wenig überragte —, ein Labyrinth aus Tempeln mit grell getünchten Pfeilern, Ziergiebeln und vergoldeten Standbildern auf orangefarbenen Ziegeldächern.
    Jupiter Optimus Maximus’ neue Heimstatt (die alte war ein paar Jahre zuvor niedergebrannt) befand sich noch im Bau, wie Caesar mit einem Stirnrunzeln feststellen mußte; anscheinend war Catulus ein säumiger Kustos der Bauarbeiten und brachte sie nicht schnell genug voran. Aber Sullas eindrucksvolles Tabularium war jetzt tatsächlich fertiggestellt. Seine Stockwerke mit Bogenfenstern und Säulengängen, in denen sämtliche Archive, Gesetzestafeln und Rechnungsbücher Roms Platz finden sollten, füllte die gesamte Mitte des vorderen Hügels aus. Und am Fuße des Kapitols standen noch weitere öffentliche Bauwerke — der Tempel der Concordia und, gleich daneben, das kleine alte Senaculum, in dem die ausländischen Delegationen vom Senat empfangen wurden.
    In der Ecke hinter dem Senaculum, gesäumt vom Clivus Capitolinus und dem Vicus Jugarius, lag das Ziel von Caesars Spaziergang, der Tempel des Saturn: sehr alt und groß und streng dorisch, sah man einmal von den grellen Farben ab, mit denen seine hölzernen Wände und Pfosten beschmiert waren. Er war die Heimstatt der antiken Statue des Gottes, die ständig mit Öl gefüllt und in Tücher gewickelt werden mußte, damit sie nicht auseinderfiel. Außerdem hatte hier — und das war für Caesars Absichten viel ausschlaggebender — das Schatzamt der Stadt Rom seinen Sitz.
    Der Tempel selbst war auf einer zwanzig Stufen hohen Plattform errichtet worden, einem steinernen Unterbau, der ein ganzes Labyrinth von Korridoren und Räumen beherbergte. Ein Teil davon diente als Lager für Gesetze, die, wenn sie einmal in Stein oder Bronze graviert waren, hier aufbewahrt wurden, weil Roms weitgehend ungeschriebene Verfassung verlangte, daß alle Gesetzestafeln irgendwo aufbewahrt werden mußten. Die mit der Zeit immer größer werdende Menge an Steinplatten machte es inzwischen jedoch erforderlich, daß ein neues Gesetz zum Vordereingang hineinund zum Hinterausgang wieder herausgebracht wurde, um anderswo gelagert zu werden.
    Der weitaus größte Teil der Räumlichkeiten stand dem Schatzamt zur Verfügung. Hier lagerte in Tresorräumen hinter riesigen Eisentüren der römische Staatsschatz in Form von Goldund Silberbarren im Wert von vielen Tausenden Talenten. Hier arbeitete in schäbigen Büros, die vom Licht flackernder Öllampen und kleiner, hoch in den Außenmauern

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