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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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bemerkte Cicero ungerührt.
    »Ach, halt den Mund!«
    »Bleiben immer noch Philosophie und Naturwissenschaften.«
    »Meine Philosophie ist einfach, und Naturwissenschaften sind mir ein Rätsel, wären wir also wieder bei Geschichte, Komödie oder Tragödie.«
    Atticus war auf die andere Seite des Atriums geschlendert. »Was ist das hier, Quintus?« fragte er mit Belustigung in der Stimme.
    »Ach, jetzt hast du’s doch entdeckt, bevor ich es dir zeigen konnte!« rief Quintus und lief zu ihm hinüber, Cicero in seinem Kielwasser. »Ich bin jetzt Prätor und darf so etwas haben.«
    »Natürlich darfst du«, sagte Atticus ernst, nur sein Blick verriet Heiterkeit.
    Cicero trat zwischen die beiden und betrachtete das Ding mit andächtigem Schweigen und aus angemessenem Abstand, um es in seiner ganzen Pracht auf sich wirken zu lassen. Und was war das für ein Gegenstand, auf dem sein Blick ruhte? Eine monumentale Büste von Quintus, so viel größer als der Mann in natura, daß sie an keinem öffentlichen Ort aufgestellt werden konnte, denn nur die Darstellungen von Göttern durften menschliche Maßstäbe übersteigen. Der Künstler hatte in Ton gearbeitet und ihn gebrannt, bevor er die Farben aufgetragen hatte — was einerseits gut, andererseits aber auch problematisch war. Gut, weil die Ähnlichkeit unübersehbar und die Farben geschickt gewählt waren, schlecht, weil Ton ein billiger Werkstoff war, der jederzeit in einen Haufen Scherben zerbrechen konnte. Niemand wußte besser als Cicero und Atticus, daß Quintus nicht in der Lage war, sich eine Büste in Marmor oder Bronze zu leisten.
    »Die ist natürlich nicht für die Ewigkeit«, sagte Quintus strahlend, »aber sie wird’s schon tun, bis ich mir leisten kann, sie als Gußform für eine prächtige Bronze zu nehmen. Sie ist von dem Mann, der auch mein imago gemacht hat — es ist jammerschade, da hat man von sich ein Abbild aus Wachs und verschließt es in einem Schrank, wo es niemand sehen kann.« Er warf einen Seitenblick auf Cicero, der immer noch wie gebannt auf die Büste starrte. »Nun Marcus, was denkst du?« fragteer.
    »Ich denke«, sagte Cicero ohne zu zögern, »daß ich zum erstenmal miterleben darf, wie es eine Hälfte schafft, größer als das Ganze zu sein.«
    Das war zuviel für Atticus. Er lachte, bis er sich auf den Fußboden setzen mußte. Cicero setzte sich gleich neben ihn. Dem armen Quintus blieben nur zwei Möglichkeiten: Er konnte zu Tode gekränkt sein oder sich der allgemeinen Heiterkeit anschließen. Nicht umsonst war er Ciceros Bruder — er entschied sich für die Heiterkeit.
    Danach war es Zeit zum Essen. Eine besänftigte Pomponia servierte es, unterstützt von Terentia und der Friedensstifterin Tullia, die mit ihrer Tante besser auskam als alle anderen.
    »Und wann wird geheiratet?« fragte Atticus, der Tullia so lange nicht mehr gesehen hatte, daß er ganz überrascht von ihrer erwachsenen Erscheinung war. Was für ein hübsches Mädchen! Samtweiches braunes Haar, sanfte braune Augen; sie hatte große Ähnlichkeit mit ihrem Vater, und auch seinen Humor hatte sie geerbt. Seit ein paar Jahren war sie dem jungen Gaius Calpurnius Piso Frugi versprochen; eine gute Partie, nicht nur was Geld und Einfluß betrafen. Piso Frugi war das bei weitem angenehmste Mitglied einer Sippe, die eher für Bosheit und Rücksichtslosigkeit als für Freundlichkeit und Güte bekannt war.
    »In zwei Jahren«, antwortete Tullia und seufzte.
    »Eine lange Zeit«, sagte Atticus mitfühlend.
    »Viel zu lang«, sagte Tullia und seufzte noch einmal.
    »Nun ja, wir wollen sehen, Tullia«, meinte Cicero gütig. »Vielleicht können wir’s ein bißchen abkürzen.«
    Die Antwort veranlaßte die drei Frauen, sich in Pomponias Wohnzimmer zurückzuziehen, um in fiebriger Vorfreude die Hochzeitsvorbereitungen zu besprechen.
    »Nichts macht Frauen so glücklich wie Hochzeiten«, sagte Cicero.
    »Sie ist verliebt, Marcus, und wann gibt es das schon bei arrangierten Verlobungen? Und da ich annehme, daß Piso Frugi nicht anders empfindet, könnten sie ihren Hausstand doch bereits gründen, bevor Tullia achtzehn wird.« Atticus lächelte. »Wie alt ist sie? Sechzehn?«
    »Beinahe.«
    »Dann laß sie doch Ende des Jahres heiraten.«
    »Ganz meine Meinung«, fügte Bruder Quintus bärbeißig hinzu. »Es ist so nett, sie zusammen zu sehen. Wie gute Freunde kommen sie miteinander aus.«
    Keiner der Anwesenden kommentierte diese Bemerkung, aber Cicero nahm sie zum Anlaß, das Thema

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