MoR 04 - Caesars Frauen
moderne Rom beimaß, etwas abzutreten.
»Ich danke dir«, erwiderte Caesar feierlich.
»Schade nur, daß es nicht mehr Informationen über das alltägliche Leben am Hof der Könige gibt«, sagte Varro, der gerade erst von einem langen Aufenthalt im Osten zurückgekehrt war. Pompeius hatte ihn als hauptberuflichen Naturwissenschaftler und nebenberuflichen Biographen engagiert.
»Richtig, aber die beiden Dokumente haben jetzt eine absolut verläßliche Darstellung der Vorgehensweisen bei Prozessen wegen perduellio, und das allein ist schon faszinierend, wenn man es mit maiestas vergleicht«, sagte Nigidius Figulus.
»Maiestas war Saturninus’ Erfindung«, sagte Caesar.
»Er hat maiestas nur deshalb erfunden, weil man niemanden mehr wegen Hochverrats in der alten Form verurteilen konnte«, warf Cicero schnell ein.
»Schade, daß Saturninus damals noch nicht von deinem Fund gewußt hat, Caesar«, meinte Varro verträumt. »Zwei Richter und kein einziger Geschworener, wenn das keinen Einfluß auf das Urteil eines Prozesses hat!«
»Unsinn!« rief Cicero und richtete sich kerzengerade auf. »Weder der Senat noch die Komitien würden einen Prozeß ohne Geschworene zulassen!«
»Besonders interessant finde ich«, sagte Nigidius Figulus, »daß heute nur noch vier Männer am Leben sind, die als Richter qualifiziert wären. Du, Caesar, dein Vetter Lucius Caesar, Fabius Sanga und — was besonders seltsam ist — Catilina! Alle anderen Familien existierten noch gar nicht, als Hortensius wegen des Mordes an seiner Schwester vor Gericht stand.«
Philippus und Octavius wirkten ein bißchen verloren in dieser Runde und langweilten sich, also machte Caesar einen weiteren Versuch, das Thema zu wechseln.
»Wann ist der große Tag?« fragte er Octavius.
»Ungefähr eine Marktperiode noch.«
»Und? Wird’s ein Junge oder ein Mädchen?«
»Ein Junge diesmal, glauben wir. Ein drittes Mädchen von zwei Frauen, das wäre eine grausame Enttäuschung«, seufzte Gaius Octavius.
»Ich kann mich erinnern, daß ich vor Tullias Geburt absolut sicher war, daß es ein Junge werden würde«, sagte Cicero und grinste. »Terentia war auch sicher. Und dann mußten wir noch vierzehn Jahre auf meinen Sohn warten.«
»Ziemlich lange Wartezeit zwischen den beiden Versuchen, was Cicero?« fragte Philippus.
Cicero antwortete darauf lediglich mit einem kurzen Erröten; wie viele ehrgeizige Aufsteiger reagierte er oft ein wenig prüde, es sei denn, ihm lag eine brillante Erwiderung auf der Zunge, die er sich nicht verkneifen konnte. Die alteingesessenen Aristokraten konnten eine freche Lippe riskieren; Cicero dagegen mußte sich zurückhalten.
»Die Frau des Hausmeisters vom alten Versammlungshaus glaubt, daß es ein Junge wird«, sagte Octavius. »Sie hat Atias Ehering an einen Faden gebunden und über Atias Bauch gehalten. Er hat sich sehr schnell rechts herum gedreht — ein sicheres Zeichen, sagt sie.«
»Hoffen wir, daß sie recht behält«, meinte Caesar. »Meine ältere Schwester hat lauter Jungen bekommen, aber die Frauen haben das Sagen in der Familie.«
»Ich würde gern wissen, wie viele Männer zur Zeit von Tullus Hostilius tatsächlich wegen perduellio vor Gericht gestanden haben«, meinte Varro.
Caesar seufzte leise; es war ein aussichtsloses Unterfangen, drei Gelehrte und nur zwei Epikuräer zu einem Essen einzuladen. Zum Glück war der Wein vorzüglich, und die Köche des Domus Publica standen ihm in nichts nach.
Die Nachricht aus Etruria traf wenige Tage nach dem Essen beim Pontifex Maximus ein und wurde von Fulvia Nobilioris überbracht.
»Catilina hat Gaius Manlius nach Faesulae geschickt, damit er dort eine Armee aufstellt«, sagte sie zu Cicero. Sie kauerte auf einer Liege und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Und Publius Furius macht das gleiche in Apulia.«
»Beweise?« fragte Cicero mit scharfer Stimme. Auch auf seiner Stirn hatten sich Schweißtropfen gebildet.
»Die habe ich nicht, Marcus Tullius.«
»Hat Quintus Curius es dir erzählt?«
»Nein. Ich habe gestern abend nach dem Essen ein Gespräch zwischen ihm und Lucius Cassius belauscht. Sie glaubten, ich wäre schon schlafen gegangen. Seit den Wahlen haben sich alle sehr ruhig verhalten, sogar Quintus Cassius. Das war ein Schlag für Catilina, und ich habe den Eindruck, er mußte sich erst davon erholen. Gestern abend habe ich ihn zum erstenmal wieder etwas flüstern hören.«
»Weißt du, wann Manlius und Furius ihre Operationen begonnen
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