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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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hatte, machte es ihm gar nicht viel aus. Er machte Caesar keinen Vorwurf. Sie war die treibende Kraft gewesen. Caesar gab sich nicht mit Frauen ab, deren Männer ihm politisch nicht in die Quere kamen, und bis heute hatte Silanus ihn in Ruhe gelassen. Nein, er wußte genau, daß sie damit angefangen hatte. Sie hatte Caesar gewollt und sich an ihn herangemacht. Deshalb hatte sie Brutus mit seiner Tochter verlobt! Um Caesar in der Familie zu behalten. Caesar würde sie niemals heiraten, also hatte sie ihren Stolz heruntergeschluckt. Was mußte sie das für Anstrengungen gekostet haben! Und ausgerechnet Cato, der Mann, den sie am meisten verachtete, war zum Mitwisser ihrer beiden großen Leidenschaften geworden — Brutus und Caesar. Die friedlichen Tage ihrer Selbstgefälligkeit waren vorbei. Von heute an würde ein gnadenloser Krieg zwischen den beiden toben, wie zu Zeiten ihrer Kindheit. Und sie würde ihn gewinnen. Aber wie viele von ihnen würden lange genug leben, um sie triumphieren zu sehen? Er nicht, und darüber war er froh. Er wünschte sich, als erster von allen gehen zu dürfen.
    »Sieh sie dir an, diese Hure von deiner Mutter!« wiederholte Cato und gab Brutus eine schallende Ohrfeige.
    »Mama, Mama, was ist los?« winselte Brutus. Seine Ohren glühten, die Augen waren voller Tränen.
    »>Mama, Mama, was ist los?<« äffte Cato ihn nach. »>Mama, Mama!< Was bist du nur für ein Dummkopf, Brutus. Ein Schoßhündchen bist du, ein erbärmliches Exemplar von einem Mann! Brutus, das Mamasöhnchen, Brutus, der Dummkopf! >Mama, Mama!<« Und wieder schlug er auf den Jungen ein.
    Blitzschnell wie eine giftige Schlange schoß Servilia auf Cato zu; sie war schon über ihm, bevor er es richtig gemerkt hatte. Ihre Finger hatten sich in gefährliche Krallen verwandelt, mit denen sie auf sein Gesicht losging; wie Enterhaken gruben sich die Nägel in sein Fleisch. Wenn er nicht instinktiv die Augen geschlossen hätte, wäre es um sein Augenlicht geschehen gewesen. Statt dessen rissen ihm die Krallen von den Brauen bis hinunter zum Kinn, auf der rechten wie auf der linken Gesichtshälfte, tiefe Striemen in die Haut, und sie machten dort nicht etwa halt, sondern zogen die blutigen Furchen weiter hinunter, am Hals entlang bis zu den Schultern.
    Da mußte selbst ein eiserner Krieger wie Cato den Rückzug antreten; ein leises Wimmern erstarb ihm sogleich wieder auf den Lippen, als er die Augen aufschlug und Servilia vor sich sah — es war ein noch grauenhafterer Anblick als das Gesicht des toten Caepio; ihre Zähne waren entblößt, und nackte Mordlust funkelte in den Augen. Ihr Sohn, ihr Ehemann und ihr Halbbruder sahen mit weit aufgerissenen Augen zu, wie sie die bluttriefenden Finger in den Mund steckte und die Hautfetzen aus Catos Gesicht genüßlich in sich hineinsog. Silanus überkam ein Würgen, und er lief hinaus. Brutus verlor das Bewußtsein. Jetzt sah ihr nur noch Cato zu, das Gesicht blutüberströmt.
    »Verschwinde und laß dich hier nie wieder blicken«, sagte sie leise.
    »Eines Tages wird dein Sohn mir gehören, das schwöre ich dir!«
    »Versuch es, Cato, und das, was ich heute mit dir gemacht habe, wird dir vorkommen wie der Kuß eines Schmetterlings.«
    »Du bist ein Ungeheuer!«
    »Mach, daß du hinauskommst, Cato.«
    Cato verließ den Raum, die Falten seiner Toga auf Gesicht und Hals gepreßt.
    »Warum habe ich ihm verschwiegen, daß ich seinen geliebten Caepio in den Tod geschickt habe?« fragte sie sich, als sie neben der reglosen Gestalt ihres Sohnes niederkniete. »Macht nichts«, fuhr sie fort, während sie sich Catos Blut von den Fingern wischte, damit sie sich um Brutus kümmern konnte. »Diese hübsche Kleinigkeit spare ich mir eben für eine andere Gelegenheit auf.«
    Nur langsam erlangte Brutus das Bewußtsein wieder, vielleicht deshalb, weil in seiner Seele jetzt eine furchtbare Angst vor seiner Mutter wohnte, einer Frau, die sich am Fleisch des eigenen Bruders labte. Schließlich blieb ihm jedoch nichts anderes übrig; er mußte die Augen aufschlagen und sie ansehen.
    »Steh auf und setz dich auf das Sofa.«
    Brutus stand auf und setzte sich auf das Sofa.
    »Hast du begriffen, worum es bei der Geschichte ging?«
    »Nein, Mama«, flüsterte er.
    »Nicht einmal, als Cato mich eine Hure genannt hat?«
    »Nein, Mama«, flüsterte er.
    »Ich bin keine Hure, Brutus.«
    »Nein, Mama.«
    »Und trotzdem«, sagte Servilia und entschied sich für einen Sessel, von dem aus sie schnell bei Brutus sein

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