MoR 04 - Caesars Frauen
Vater und Servilia?«
»Dann ist es also wahr. Wie schrecklich!«
»Was hattest du geglaubt, Julia?«
»Ich konnte es nicht genau verstehen, weil die Leute zu reden aufhörten, sobald ich in ihre Nähe kam. Ich habe nur mitbekommen, daß tata in einen Skandal mit einer Frau verwickelt sein soll, und daß alles heute im Senat ans Tageslicht gekommen ist.«
»Das kann man wohl sagen«, knurrte Aurelia. Und dann erzählte sie Julia ganz offen und unverblümt, was im Tempel der Concordia passiert war.
»Mein Vater und Brutus’ Mutter«, sagte Julia langsam. »Was für eine Unordnung!« Sie lachte. »Wie verschlossen er ist, avia! So lange schon, und weder ich noch Brutus hatten den geringsten Verdacht. Was, in aller Welt, findet er an ihr?«
»Du hast sie noch nie leiden können, oder?«
»Nein, wirklich nicht!«
»Das ist verständlich. Du stehst so sehr auf Brutus’ Seite, wie könntest du sie da mögen?«
»Und du?«
»Auf ihre Art kann ich sie gut leiden.«
»Dabei hat tata gesagt, daß er sie nicht mag, und er würde mich nie anlügen.«
»Er mag sie auch nicht. Bestimmt nicht. Ich weiß nicht, was ihn zu ihr zieht, und ehrlich gesagt will ich es auch gar nicht wissen. Ich weiß nur, daß es etwas sehr Starkes sein muß.«
»Wahrscheinlich ist sie gut im Bett.«
» Julia! «
»Ich bin kein Kind mehr«, sagte Julia und kicherte. »Und ich habe Ohren.«
»Für das, was man sich in den Läden am Porticus Margaritaria erzählt?«
»Nein, für das, was man sich in den Räumen meiner Stiefmutter erzählt.«
Aurelias Gesicht versteinerte sich. »Dem werde ich auf der Stelle ein Ende machen!«
»Nein, avia, bitte nicht!«, rief Julia und legte ihrer Großmutter die Hand auf den Arm. »Die arme Pompeia kann doch nichts dafür, und außerdem ist sie es nicht selber. Es sind ihre Freundinnen. Ich weiß, daß ich noch nicht erwachsen bin, und trotzdem fühle ich mich erwachsener und klüger als Pompeia. Manchmal kommt sie mir vor wie ein hübsches kleines Hündchen, das mit dem Schwanz wackelt. Die Gespräche gehen an ihr vorbei; sie sitzt da, strahlt über das ganze Gesicht und will einfach nur gefallen und dazugehören. Diese Clodias und Fuvias quälen sie ganz furchtbar, und sie merkt nicht einmal, wie grausam die sind.« Julia blickte nachdenklich. »Ich liebe tata wie mein Leben, und ich möchte kein Wort gegen ihn hören, aber auch er behandelt sie grausam. O ja, ich weiß, warum! Sie ist ihm viel zu dumm. Weißt du, ich glaube, sie hätten niemals heiraten dürfen.«
»Ich bin für diese Ehe verantwortlich.«
»Und du hast sicher gute Gründe gehabt«, sagte Julia sanft. Dann seufzte sie. »Ach, manchmal wünsche ich mir, du hättest eine klügere Frau als Pompeia Sulla für ihn ausgewählt!«
»Ich habe sie ausgewählt«, erwiderte Aurelia grimmig, »weil sie mir als Braut für Caesar angeboten wurde und weil ich hoffte, ihn auf diese Weise davon abhalten zu können, Servilia zu heiraten.«
Eine große Zahl von Senatoren hatte es vorgezogen, nicht auf dem unteren Forum zu verweilen und somit der Hinrichtung von Lentulus Sulla und den anderen auch nicht beizuwohnen.
Zu ihnen gehörten auch der designierte Erste Konsul Decimus Junius Silanus und der designierte Volkstribun Marcus Porcius Cato.
Silanus erreichte sein Haus einige Zeit früher als Cato, der von vielen Leuten aufgehalten wurde, die ihm für seine Rede und seine Standfestigkeit gegenüber Caesars Schmeicheleien gratulieren wollten.
Als er sich die Eingangstür selbst öffnen mußte, ahnte Silanus bereits, was er drinnen vorfinden würde: ein verlassenes Atrium. Kein einziger Sklave war zu sehen oder zu hören. Das konnte nur bedeuten, daß alle Dienstboten bereits wußten, was während der Senatsdebatte geschehen war. Wußte auch Servilia Bescheid? Und Brutus? Das Gesicht erschöpft vom Schmerz, der in seinen Eingeweiden tobte, zwang Silanus seine müden Beine, ihn aufrecht zu halten, und ging direkt in das Wohnzimmer seiner Frau.
Sie saß grübelnd über ein paar Geschäftsbüchern und schien einfach nur verärgert über die Störung zu sein.
»Ja, was willst du?« fuhr sie ihn an.
»Du weißt es also noch nicht«, sagte er.
»Was weiß ich noch nicht?«
»Daß dein Brief an Caesar in die falschen Hände gefallen ist.«
Jetzt machte sie große Augen. »Wie meinst du das?«
»Das kluge Bürschlein, dem du sogar deine geheimsten Botschaften anvertraust, ist leider nicht klug genug«, sagte Silanus mit einer Schärfe in der
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