MoR 04 - Caesars Frauen
miteinander ein Verhältnis anfingen.«
»Wir haben eine gemeinsame Halbschwester«, sagte Brutus unvermittelt. »Tertia ist von deinem Vater, nicht von Silanus.«
Julia stockte kurz der Atem, dann lachte sie vergnügt. »O wie schön! Ich habe eine Schwester.«
»Nein, Julia, bitte nicht! Wir müssen es verschweigen, sogar unseren Familien.«
Ihr Lächeln erzitterte und verschwand. »Natürlich, Brutus, du hast recht.« Tränen traten ihr in die Augen. »Ich darf es sie nie merken lassen. Trotzdem«, fügte sie ein wenig heiterer hinzu, »ich weiß es.«
»Auch wenn sie dich sehr gern mag, Julia, sie ist ganz anders als du. Im Charakter kommt Tertia mehr nach meiner Mutter.«
»Unsinn! Sie ist doch erst vier. Woher willst du das wissen?«
»Ich weiß es«, erwiderte Brutus verbittert. »Sie ist Gaius Cassius versprochen. Seine und meine Mutter haben unsere Horoskope verglichen. Unsere Leben sind eng miteinander verbunden, offenbar durch Tertia.«
»Und Cassius darf es nie erfahren.«
Brutus schnaubte verächtlich. »Ach, hör auf, Julia! Glaubst du im Ernst, daß es ihm niemand erzählt? Dabei kann es ihm ganz recht sein. Caesars Blut ist besser als das von Silanus.«
Jetzt spricht seine Mutter aus ihm, dachte Julia. Sie kehrte zum ursprünglichen Thema zurück. »Und unsere Eltern?« fragte sie.
»Du meinst, daß es uns nicht betrifft, was zwischen ihnen ist?«
»Natürlich betrifft es uns. Aber wir sollten uns nicht darum kümmern.«
»Gut«, sagte er und erhob sich, »dann kümmern wir uns nicht darum. Ich muß gehen. Es ist schon spät.« An der Tür küßte er ihr die Hand. »Noch vier Jahre, dann sind wir verheiratet. Eine lange Zeit, aber Plato sagt, das Warten stärkt das Band zwischen uns.«
»Sagt er das?« fragte Julia verblüfft. »Das muß ich übersehen haben.«
»Nein, nicht direkt, aber ich lese zwischen den Zeilen.«
»Natürlich. Eine besondere Fähigkeit der Männer. Das ist mir schon oft aufgefallen.«
Die Nacht wollte bereits dem herannahenden Tag weichen, als Titus Labienus, Quintus Caecilius Metellus Celer und Lucius Julius Caesar im Domus Publica eintrafen. Caesar war hellwach. Die schlaflose Nacht schien ihm nichts ausgemacht zu haben.
Wasser, ein milder süßer Wein, frischgebackenes Brot, Olivenöl und ein ausgezeichneter Honig aus Hymettos waren auf einem Konsolentisch an der Wand bereitgestellt worden, und Caesar wartete geduldig, bis seine Gäste sich bedient hatten. Er selbst schlürfte ein dampfendes Getränk aus einem steinernen Becher, aß aber nichts.
»Was trinkst du da?« erkundigte sich Metellus Celer neugierig.
»Heißes Wasser mit ein wenig Essig.«
»Bäh, wie ekelhaft!«
»Man gewöhnt sich dran«, erwiderte Caesar gelassen.
»Warum sollte man?«
»Aus zwei Gründen. Zum einen glaube ich, daß es gut für meine Gesundheit ist, und ich beabsichtige nun einmal, bis ins hohe Alter hinein kerngesund zu bleiben; zum zweiten härtet es meinen Gaumen gegen alle möglichen Beleidigungen ab, von ranzigem Öl bis hin zu saurem Brot.«
»Der erste Grund sei dir zugestanden, aber wo liegen die Vorteile des zweiten, wenn man kein Stoiker ist? Warum solltest du dich jemals mit schlechtem Essen abfinden müssen?«
»Auf einem Feldzug muß man es gelegentlich — jedenfalls auf Feldzügen, wie ich sie durchführe. Wurdet ihr von Pompeius Magnus etwa verwöhnt, Celer?«
»Das will ich meinen! Und von jedem anderen Feldherrn, unter dem ich gedient habe. Erinnere mich daran, daß ich nicht mit dir in den Krieg ziehen möchte.«
»Ach, im Winter und im Frühling ist das Getränk gar nicht so ungenießbar. Dann nehme ich Zitronensaft statt Essig.«
Celer verdrehte die Augen; Labienus und Lucius Caesar lachten.
»Gut, und jetzt wollen wir uns an die Arbeit machen«, sagte Caesar und setzte sich hinter seinen Schreibfisch. »Bitte, vergeht mir mein Chefgehabe, aber es erscheint mir sinnvoller, mich dorthin zu setzen, wo ich euch alle im Auge habe, und ihr mich.«
»Es sei dir gestattet, Caesar«, erklärte Lucius Caesar feierlich.
»Titus Labienus war gestern abend hier bei mir, deshalb weiß ich bereits, warum er im Senat für mich gestimmt hat«, sagte Caesar. »Und ich weiß auch, warum du für mich gestimmt hast, Lucius. Aber über deine Motive bin ich mir nicht ganz im klaren, Celer. Sag sie mir.«
Der schwergeprüfte Gatte seiner eigenen Cousine Clodia, Metellus Celer, war außerdem der Schwager von Pompeius dem Großen, denn die Mutter von Celer und seinem
Weitere Kostenlose Bücher