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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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wahnsinnig lachenden Clodius mit einem Zipfel ihres eigenen Kleides über das Gesicht und verschmierte das viele Rot und Schwarz und Weiß zu einem schmutzigen, streifigen Braun.
    »Seht her!« schrie sie mit einer ganz anderen als ihrer gewohnten Stimme. »Ich rufe euch zu Zeugen, daß diese männliche Kreatur, die das Mysterium der Bona Dea geschändet hat, niemand anderer ist als Publius Clodius!«
    Und plötzlich fand der junge Mann es nicht mehr lustig. Clodius hörte auf zu gackern, starrte in das versteinerte, schöne Gesicht und verspürte eine schreckliche Angst, die er wiedererkannte. Er glaubte sich wieder in dem fremden, dunklen Zimmer in Antiochia, doch diesmal mußte er nicht um seine Hoden fürchten; diesmal stand sein Leben auf dem Spiel. Religionsfrevel konnte noch immer auf die alte Art mit dem Tode bestraft werden, und nicht einmal die Elite aller großen Advokaten Roms könnte ihn da wieder herauspauken. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Paroxysmus des Schreckens: Aurelia war die Bona Dea! Er sammelte jedes Gran an Kraft, daß ihm geblieben war, befreite sich aus der Umklammerung der Arme und stürzte auf den Durchgang zu, der zur Wohnung des Pontifex Maximus und zum Speisezimmer führte. Dahinter befand sich der private Garten, und hinter einer hohen Mauer aus Backsteinen wartete die Freiheit. Wie eine Katze sprang er ab, krallte und hangelte sich hinauf, mußte seinen Körper verrenken, damit er den Armen folgen konnte, wälzte sich über die Mauer und stürzte auf der anderen Seite zu Boden.
    »Bringt mir Pompeia Sulla, Fulvia, Clodia und Clodilla!« befahl Aurelia. »Sie stehen unter Verdacht, und ich will mit ihnen reden!« Sie raffte das goldene Kleid und die Perücke zusammen und händigte beides an Polyxena aus. »Bewahr das gut auf, es sind Beweisstücke.«
    Die riesenhafte Gallierin Cardixa wartete schweigend auf Befehle und bekam den Auftrag, sämtliche anwesenden Damen so schnell wie möglich aus dem Haus zu schaffen. Die rituelle Feier konnte nicht fortgesetzt werden; Rom war in eine ernste religiöse Krise gestürzt worden, wie es seit Menschengedenken keine mehr gegeben hatte.
    »Wo ist Fabia?«
    Terentia trat vor, ihr Blick hätte Clodius erneut in Angst und Schrecken versetzt. »Fabia muß sich erst sammeln, ihr wird es bald besser gehen. Ach, Aurelia, wie entsetzlich ist das alles! Was sollen wir bloß tun?«
    »Wir müssen den Schaden wiedergutmachen, wenn nicht um unserer selbst willen, dann jeder römischen Frau zuliebe. Fabia ist die Vorsteherin der Vestalinnen, sie ist für die Gute Göttin zuständig. Sei so nett und bitte sie, in den Büchern nachzusehen, was wir tun können, um eine Katastrophe zu vermeiden. Wir dürfen Bona Dea erst begraben, wenn der Frevel gesühnt ist. Und wenn wir Bona Dea nicht begraben, wird sie im Mai nicht wiederauferstehen. Die heilenden Kräuter werden nicht wachsen, kein Kind wird ohne Makel auf die Welt kommen, alle Schlangen werden verschwinden oder sterben, die Saat wird auf den Feldern vertrocknen, und schwarze Hunde werden die Leichen in den Gossen dieser verfluchten Stadt fressen!«
    Diesmal fing das Publikum nicht an zu schreien. Ein Stöhnen und Seufzen hob an und schwebte hinauf in die Finsternis hinter den Säulen, in alle Winkel, in jedes Herz. Die Stadt war verflucht.
    Wohl hundert Hände stießen Pompeia, Fulvia, Clodia und Clodilla durch die lichter werdenden Reihen der Gäste nach vorn, und dort standen sie nun, schluchzend und fassungslos; keine von ihnen war in der Nähe gewesen, als man Clodius enttarnt hatte, sie wußten nur, daß die Bona Dea von einem Mann entehrt worden war.
    Die Mutter des Pontifex Maximus musterte sie mit strengem, aber gerechtem Blick. Waren sie an der Verschwörung beteiligt gewesen? Jedes der Augenpaare war weit aufgerissen, blickte furchtsam und völlig verstört. Nein, dachte Aurelia, sie hatten wohl damit nichts zu tun. Keine Frau, wenn sie nicht eine törichte griechische Sklavin wie Doris war, würde bei etwas so Scheußlichem, Ungeheuerlichem mitmachen. Und was mochte Clodius dieser schwachsinnigen Zofe von Pompeia versprochen haben, daß diese sich darauf einließ?
    Doris stand zwischen Servilia und Cornelia Sulla und weinte hemmungslos. Gleich wäre sie an der Reihe, doch zunächst wandte Aurelia sich an die Gäste.
    »Meine Damen, bis auf die ersten vier Reihen gehen jetzt bitte alle hinaus. Dieses Haus ist ein unheiliges Haus, eure Anwesenheit hier steht unter keinem guten Stern. Wartet auf

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