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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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für »Milch« und Honigkuchen frei zu haben.
    »Chryse, das ist das schönste Bona Dea, das ich je erlebt habe«, sagte die größere von beiden.
    »Finde ich auch!« stimmte die andere ihr mit vollem Mund zu. »Ich wünschte, alle unsere Auftritte wären so schön, Doris.«
    Doris! Doris! Die fehlte. Pompeias Zofe Doris! Vor einer Stunde hatte Aurelia sie zuletzt gesehen. Wo mochte sie stecken? Was heckte sie gerade aus? Schmuggelte sie heimlich »Milch« in die Küche? Oder hatte sie selbst so viel davon getrunken, daß sie in einer stillen Ecke eingeschlafen war oder sich übergab?
    Aurelia ging los, die Nase auf einer Spur, der nur sie zu folgen vermochte; Zurufe und Einladungen verschiedener Gruppen, sich doch zu ihnen zu gesellen, hörte sie gar nicht.
    Nein, im Speisesaal war sie nicht. Im Peristylium auch nicht. Und ganz bestimmt nicht im Atrium oder im Vestibül. Blieb nur noch die Empfangshalle, bevor Aurelia sich in anderen Revieren auf die Suche machte.
    Vielleicht war der Reiz des Neuen der Grund dafür, daß die meisten Gäste sich unter Caesars safrangelbem Zelt im Peristylium versammelt hatten. Der Rest verteilte sich auf das Speisezimmer und das Atrium, die beide zum Garten hin offen waren. Dagegen war die Empfangshalle, die wegen ihrer Größe und Bauweise schwer zu beleuchten war, nahezu menschenleer. Das Domus Publica hatte wieder einmal bewiesen, das es mit zweihundert Gästen und hundert Dienstboten nicht annähernd zu füllen war.
    Aha! Da war Doris! Sie stand am Hauptportal und ließ gerade eine Musikantin ein. Und was für eine Musikantin! Eine höchst sonderbare Erscheinung, gekleidet in kostbarste, mit Goldfäden durchwirkte Seide aus Kos, mit phantastischen Juwelen um den Hals und in ihrem außergewöhnlich gelben Haar. Unter den linken Arm hatte sie sich eine wunderbare Lyra aus Schildpatt mit Intarsien aus Bernstein und goldenen Stiften geklemmt. Sollte es in Rom tatsächlich eine Musikantin geben, die sich ein solches Kleid, solche Juwelen und ein derartig kostbares Instrument leisten konnte? Wohl kaum, es sei denn, sie wäre hoch berühmt gewesen!
    Auch mit Doris stimmte etwas nicht. Das Mädchen stand so seltsam da, lachte affektiert, warf die Hände vors Gesicht und verdrehte beim Anblick der seltsamen Musikantin in freudiger und beinahe verschwörerischer Erwartung die Augen. Lautlos schlich sich Aurelia an die beiden heran, mit dem Rücken zur Wand, dort, wo das Halbdunkel am schwächsten erleuchtet war. Und als sie die Musikantin mit Männerstimme sprechen hörte, stürzte sie sich auf sie.
    Der Eindringling war ein schmächtiger Bursche und nicht besonders groß, aber er hatte die Kraft und die Gewandtheit eines jungen Mannes; eigentlich hätte es für ihn kein Problem sein sollen, eine betagte Frau wie Caesars Mutter abzuschütteln. Die alte Schachtel! Das würde sie und Fabia lehren, ihn weiterhin zu schikanieren! Aber das war alles andere als eine betagte Frau! Das war Proteus höchstpersönlich! Er konnte sich drehen und winden, wie er wollte, Aurelia ließ sich nicht abschütteln.
    Ihr Mund öffnete sich, und sie schrie: »Hilfe, Hilfe! Man hat uns geschändet! Zu Hilfe! Die Mysterien sind entweiht worden! Zu Hilfe!«
    Aus allen Richtungen kamen Frauen gelaufen; ganz unwillkürlich gehorchten sie Caesars Mutter, der die Menschen ein ganzes Leben lang gehorcht hatten. Die Lyra des Musikanten fiel scheppernd zu Boden, seine Arme waren am Körper gefesselt, die bloße Überzahl hatte ihn besiegt. Jetzt konnte Aurelia loslassen. Sie wandte sich an das Publikum.
    »Dies«, stellte sie fest, »ist ein Mann.«
    Inzwischen hatten sich die meisten Gäste versammelt und sahen entgeistert zu, wie Aurelia ihm die goldene Perücke vom Kopf und das fadenscheinige, kostspielige Kleid vom Leib riß, unter dem eine behaarte Männerbrust zum Vorschein kam: Publius Clodius.
    »Frevel!« schrie jemand. Ein Heulen und Kreischen hob an und hatte schon bald eine solche Lautstärke erreicht, daß sich aus jedem Fenster der Via Nova die Köpfe der Neugierigen reckten; Frauen liefen in alle Richtungen davon, jammerten darüber, daß die Riten der Bona Dea beschmutzt und entweiht seien. Die Sklavinnen flüchteten in ihre Unterkünfte, Musikantinnen wälzten sich am Boden und rauften sich die Haare, die drei erwachsenen Vestalinnen warfen die Schleier vor die schmerzverzerrten Gesichter, um Trauer und Entsetzen vor allen Augen außer denen der Bona Dea zu verbergen.
    Inzwischen wischte Aurelia dem wie

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