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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Schmuckstück, ein erwartungsfrohes Gesicht auf. Begrüßungsrufe, Gekicher, kurze Gesprächsfetzen schwebten durch die Luft, als die Frauen ausstiegen und das Vestibül des Domus Publica betraten, die auf den Boden schleifenden Roben rafften, sich die Frisuren ordneten, eine Brosche oder einen Ohrring zurechtrückten. Viel Kopfschmerzen und so mancher Wutanfall dürfte die Vorbereitungen für die passende Abendgarderobe begleitet haben, denn dies war die beste Gelegenheit des Jahres, den anderen Frauen zu zeigen, wie modisch man sich zu kleiden vermochte und welch kostbare Schätze die Schmuckschatullen das Jahr über bargen. Männer hatten dafür kein Auge, aber Frauen.
    Die Gästeliste war ungewöhnlich lang, weil diesmal großzügige Räumlichkeiten zur Verfügung standen; Caesar hatte das große Peristylium mit einem Zeltdach übespannen lassen, um es gegen unerwünschte Blicke von der Via Nova abzuschirmen, was bedeutete, daß die Frauen sich dort ebenso aufhalten konnten wie im Atriumtempel, im großen Speisesaal des Pontifex Maximus und in seinem Empfangsraum. Überall glommen Lichter, die Tische waren mit den köstlichsten Speisen beladen, die Honigtöpfe waren riesengroß und enthielten »Milch« eines vorzüglichen Jahrgangs. Kleine Gruppen von Musikantinnen zogen überall herum, spielten auf ihren Pfeifen, Flöten und Lyren, kleinen Trommeln, Kastagnetten, Tamburinen und silbernen Rasseln; Dienerinnen huschten mit Platten voller Delikatessen und Nachschub an »Milch« zwischen den Gästegruppen hin und her.
    Bevor die feierliche Zeremonie beginnen konnte, mußte für die richtige Stimmung gesorgt werden, daß heißt, erst einmal wollten Essen, Trinken und Plaudern zu ihrem Recht kommen. Niemand hatte es eilig damit; es mußte so viel nachgeholt werden, viele Gesichter hatte man lange nicht mehr gesehen, und gute Freundinnen steckten eifrig die Köpfe zusammen, um den neuesten Klatsch auszutauscshen.
    Man brauchte keine richtigen Schlangen, um die Bona Dea in den Winterschlaf zu wiegen; ihr Schlafmittel war die mehrschwänzige Schlangenpeitsche, ein scheußliches Ding, dessen Riemen sich nicht weniger liebevoll um das Fleisch einer Frau wickelten als jede Schlange. Aber die Geißelung würde später stattfinden, wenn der Winteraltar der Bona Dea erleuchtet war und man genug »Milch« getrunken hatte, um den Schmerz nicht nur zu lindern, sondern zu ganz besonderer Ekstase zu steigern. Bona Dea war eine unerbittliche Liebhaberin.
    Aurelia hatte darauf bestanden, daß Pompeia Sulla und Fabia die Begrüßungszeremonie übernahmen, und sie war froh darüber, daß die Damen des Clodius-Clubs erst mit den letzten Gästen eintrafen. Kein Wunder, übrigens! Schließlich mußte es nicht mehr ganz junge Flittchen wie Sempronia Tuditani und Palla mehrere Stunden gekostet haben, die vielen Schichten Schminke auf ihren Gesichtern zu verteilen — ihre mageren Gestalten dagegen dürften sie im Handumdrehen in die spärlichen Kleider gesteckt haben! Die Clodias sahen bezaubernd aus, wie Aurelia neidlos anerkennen mußte: hübsche Kleider, der dazu passende Schmuck (und nicht zuviel davon) und nur ein Hauch von Mascara und Karminrot. Fulvia war wie immer ein Fall für sich, vom flammenfarbenen Kleid bis hin zu den vielen Ketten aus schwarzen Perlen; sie war inzwischen Mutter eines zweijährigen Sohnes, aber ihre Figur hatte darunter nicht gelitten.
    »Ja, ja, du kannst jetzt gehen!« sagte die Schwiegermutter zu Pompeia, die von Fulvia mit Küssen überschüttet worden war, und als Caesars kapriziöse Gemahlin mit ihrer Busenfreundin Arm in Arm und fröhlich plappernd davonzog, lächelte sie säuerlich.
    Kurz darauf verließ Aurelia die Empfangshalle in der Überzeugung, daß inzwischen alle eingetroffen seien. Doch ihre Sorge, es könnte nicht alles wie am Schnürchen klappen, ließ sie nicht ruhen; sie eilte von Raum zu Raum, hatte die Augen überall, zählte die Dienerinnen, schätzte das Speisenangebot ab, prägte sich die Gäste und die Plätze ein, an denen diese sich niedergelassen hatten. Auch in diesem kontrollierten Chaos funktionierte der Abakus in ihrem Kopf, rückten die einzelnen Kügelchen wie von selbst an die richtige Stelle. Und doch nagte etwas an ihr, ließ ihr keine Ruhe — was war es nur? Fehlte jemand? Irgend jemand fehlte hier!
    Zwei Musikantinnen schlenderten an ihr vorbei, um sich in einer Spielpause eine Erfrischung zu holen. Die Pfeifen hatten sie an den Handgelenken befestigt, um die Hände

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