MoR 04 - Caesars Frauen
lassen.«
»Und Pompeia?«
»Cardixa sagt, du hältst sie für unschuldig.«
»Ja. Servilia und ihre Mutter denken das auch.«
»Also steht Pompeias Wort gegen das einer Sklavin — es sei denn, Clodius belastet sie.«
»Das wird er schön bleibenlassen«, sagte Aurelia grimmig.
»Warum?«
»Dann hätte er keine Wahl mehr und müßte zugeben, daß er das Sakrileg begangen hat. Aber Clodius wird alles abstreiten.«
»Zu viele von euch haben ihn mit eigenen Augen gesehen.«
»Unter einer dicken Schicht von Schminke. Ich habe daran gerieben, und darunter ist Clodius zum Vorschein gekommen. Aber ich denke, eine Mannschaft aus Roms besten Advokaten würde so manche Zeugin dazu bringen, ihren Augen nicht mehr zu trauen.«
»Du willst damit sagen, es wäre besser für Rom, wenn Clodius unbehelligt bliebe?«
»Unbedingt. Die Bona Dea gehört den Frauen. Sie wird es den römischen Männern nicht danken, wenn sie in ihrem Namen strafen.«
»Er darf nicht so einfach davonkommen, Mater. Religionsfrevel ist ein öffentliches Delikt.«
»Er wird nicht davonkommen, Caesar. Bona Dea findet ihn, und dann wird sie ihn sich vorknöpfen.« Aurelia stand auf. »Die Pontifices werden bald hier sein. Ich gehe jetzt. Wenn du mich brauchst, dann laß mich rufen.«
Kurz darauf kamen Catulus und Vatia Isauricus herein, und Mamercus folgte ihnen so dicht auf den Füßen, daß Caesar nichts sagte, bis sich alle drei gesetzt hatten.
»Es erstaunt mich immer wieder, Pontifex Maximus, wie viele Informationen du auf einem einzigen Blatt Papier unterbringst«, sagte Catulus. »Und alles so schlüssig ausgedrückt, so leicht zu verstehen.«
»Aber es ist kein Vergnügen, es zu lesen«, erwiderte Caesar.
»Nein, diesmal sicher nicht.«
Andere betraten den Raum: Silanus, Acilius Glabrio, Varro Lucullus, der designierte Konsul Marcus Valerius Messala Niger, Metellus Scipio und der Rex Sacrorum Lucius Claudius.
»Das sind alle, die gegenwärtig in Rom sind«, stellte Caesar fest. »Bist du einverstanden, daß wir anfangen, Quintus Lutatius?«
»Wir können anfangen, Pontifex Maximus.«
»Ich habe euch die Sachlage in meiner Notiz bereits kurz geschildert, aber meine Mutter soll euch ausführlich berichten, was passiert ist. Ich weiß, das wäre eigentlich Fabias Aufgabe, aber sie und die beiden anderen erwachsenen Vestalinnen suchen eben in den Büchern nach geeigneten Sühneritualen.«
»Aurelia wird sie gut vertreten, Pontifex Maximus.«
Also kam Aurelia herein und erzählte in klaren, knappen Worten und mit viel Sinn für die richtige Wirkung ihrer Geschichte.
Wie gut sie sich auszudrücken verstand! Selbst Männer wie Catulus stellten auf einmal fest, wie sehr Caesar nach seiner Mutter kam.
»Und du würdest vor Gericht aussagen, daß der Mann Publius Clodius war?« fragte Catulus.
»Ja, aber nur unter Protest. Er gehört der Bona Dea.«
Mit ein wenig Unbehagen dankten sie ihr. Caesar entließ sie.
»Rex Sacrorum, darf ich dich als erster um dein Urteil bitten«, sagte Caesar.
»Publius Clodius nefarius est «, lautete die Antwort.
»Quintus Lutatius?«
» Nefarius est .«
Und so ging es weiter; alle erklärten sie Publius Clodius des Religionsfrevels für schuldig.
Heute fehlten die Unterströmungen, die sich sonst aus persönlichen Zwistigkeiten und gegenseitiger Abneigung ergaben. Alle Priester waren sich einig und dankbar für Caesars feste Hand. Die Politik verlangte nach Feindschaften, aber bei einer religiösen Krise war das anders. Sie betraf jeden gleich und verlangte nach Einigkeit.
»Ich werde die fünfzehn Hüter anweisen, sofort in den prophetischen Büchern nachzuschlagen«, sagte Caesar, »und beabsichtige, auch das Kollegium der Auguren nach seiner Meinung zu fragen. Der Senat wird zusammentreten und unsere Ansicht wissen wollen, und darauf müssen wir vorbereitet sein.«
»Clodius muß vor Gericht gestellt werden«, sagte Messala Niger, der beim Gedanken an das, was Clodius getan hatte, eine Gänsehaut bekam.
»Dazu sind ein empfehlender Erlaß des Senats erforderlich und ein Gesetzesbeschluß der Volksversammlung. Die Frauen sind dagegen, aber du hast recht, Niger. Er muß vor Gericht gestellt werden. Da jedoch der Rest des Monats der Sühne und nicht der Vergeltung vorbehalten ist, werden die Konsuln des nächsten Jahres sich mit der Sache herumschlagen müssen.«
»Und was ist mit Pompeia?« fragte Catulus, da niemand anderer die Frage stellen wollte.
»Wenn Clodius sie nicht belastet — und
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