MoR 04 - Caesars Frauen
eingehängt waren. »Hast du noch andere Frauen?«
»Nein, im Moment nicht, aber das kann sich jederzeit ändern.« Das war die zweite Prüfung, härter noch als die erste.
»Ja, du hast einen Ruf zu verlieren, das kann ich verstehen.«
»Kannst du das wirklich?«
»Natürlich.« Auch wenn es ihr an Sinn für Humor fehlte, jetzt lächelte sie sogar ein bißchen und sagte: »Ich habe ja eben am eigenen Leib erfahren dürfen, was man sich von dir erzählt. Ich werde noch tagelang steif und wund sein.«
»Dann laß uns mit dem nächsten Treffen bis nach den Wahlen zur Volksversammlung warten. Ich bewerbe mich um das Amt des Kurators der Via Appia.«
»Und mein Bruder Caepio will Quästor werden. Und vorher will sich Silanus von den Zenturien zum Prätor wählen lassen.«
»Und dein Bruder Cato wird zweifellos zum Militärtribun ernannt.«
Ihr Mund wurde schmal, der Blick steinhart. »Cato ist nicht mein Bruder, er ist mein Halbbruder«, erwiderte sie.
»Das behauptet man auch von Caepio. Dieselbe Stute, derselbe Hengst.«
Sie atmete tief ein und sah Caesar fest in die Augen. »Ich weiß, was man sich erzählt, und halte es für die Wahrheit. Aber Caepio trägt meinen Familiennamen, und weil das so ist, erkenne ich ihn an.«
»Das ist sehr vernünftig«, sagte Caesar und leerte seinen Eimer aus.
Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, daß sie ganz leidlich, wenn auch nicht so untadelig aussah als noch vor ein paar Stunden, begab Servilia sich auf den Heimweg.
Caesar machte ein nachdenkliches Gesicht, als er in die Wanne kletterte. Was für eine ungewöhnliche Frau. Und dieser bezaubernde schwarze Flaum. Er war sich nicht sicher, ob er sie jetzt, da sie seine Geliebte war, ein wenig lieber mochte, aber den Laufpaß würde er ihr nicht so bald geben. Immerhin war sie eine Ausnahmeerscheinung, sah man einmal von ihrem Charakter ab. In seinen Kreisen waren Frauen, die sich ohne Hemmungen im Bett bewegten, so selten wie Feiglinge in Crassus’ Armee. Selbst seine geliebte Cinnilla hatte auf Sittsamkeit und Anstand geachtet. Na ja, sie wurden eben so erzogen, die armen Dinger! Und da er es sich angewöhnt hatte, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein, mußte er sich eingestehen, daß er nichts dafür tun würde, daß man Julia anders erzog. Sicher, es gab auch Verführerinnen in seinen Kreisen, Frauen, die für ihre sexuelle Raffinesse kaum weniger berühmt waren als Prostituierte, wie die verstorbene Colubra oder die alternde Praecia. Aber wenn es Caesar nach einem ausgefallenen sexuellen Abenteuer verlangt hatte, dann waren ihm die freizügigen, etwas derben, aber grundanständigen Frauen der Subura lieber gewesen. Bis heute. Servilia. Wer hätte das geahnt? Und sie würde über ihren Seitensprung Schweigen bewahren. Er drehte sich in der Wanne um und langte nach dem Bimsstein.
»Und wieviel davon«, fragte er den kleinen Stein, »soll ich meiner Mama erzählen? Seltsam! Normalerweise fällt es mir nicht schwer, ihr von meinen Frauen zu erzählen, so unvoreingenommen wie sie ist. Aber bevor ich Servilia erwähne, sollte ich lieber die blutrote Toga des Zensors tragen.«
In diesem Jahr fanden die Wahlen pünktlich statt. Zuerst wurden in den Zenturien die Konsuln und Prätoren gewählt, dann wählten die Patrizier und Plebejer in der Volksversammlung die niedrigeren Magistrate, und schließlich traten in der Plebejischen Versammlung noch die Tribus zusammen, um die plebejischen Ädile und Volkstribunen zu wählen.
Dem Kalender nach war Quinctilis, eigentlich hätte es Hochsommer sein müssen, aber die Jahreszeiten hinkten dem Kalender hinterher, weil Metellus Pius Pontifex Maximus viele Jahre lang keinerlei Neigung gezeigt hatte, jeden zweiten Februar zwanzig zusätzliche Tage einzufügen. Daher war es nicht verwunderlich, daß Gnaeus Pompeius Magnus — Pompeius der Große — die Lust verspürte, Rom einen Besuch abzustatten, um dem Wahlvorgang in der Plebejischen Versammlung beizuwohnen, denn das Wetter war frühlingshaft mild und heiter.
Trotz seines Anspruchs auf den Titel »Erster Mann in Rom« haßte Pompeius die Stadt und zog es vor, auf seinem riesigen Besitz im nördlichen Picenum zu leben. Dort fühlte er sich wie ein richtiger König; in Rom wurde ihm immer peinlich bewußt, daß die Mehrheit der Senatoren ihn noch weniger schätzte als er die Stadt Rom. Unter den Rittern, die in Roms Geschäftswelt den Ton angaben, war er außerordentlich beliebt, aber diese Tatsache vermochte sein äußerst
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