MoR 04 - Caesars Frauen
Gesicht. Bin ich es, hinter dem er her ist, oder Magnus? Oder schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe? Welch jämmerliches Bild der große Pompeius gerade abgibt! Könnte er unbemerkt den Raum verlassen, so würde er es sofort tun. Doch das Ganze klingt mir nicht nach unserem Bibulus. Ich frage mich, wer derzeit seine Reden schreibt.
»Besagte große Viehherde tappte nun blind in der Campania herum, geführt von ein paar nichtsnutzigen Hirten, sofern man die, die Rindviecher begleiten, überhaupt so bezeichnen kann«, fuhr Bibulus nach Art eines Märchenerzählers fort. »Wie euch allen bekannt sein dürfte, versammelte Väter, hat jedes municipium in Italia seine eigenen Straßen und Wege für das Vieh, das man von Ort zu Ort treibt. Sogar in den Wäldern gibt es markierte Viehpfade, um Schweine während des Winters zu den Eicheln zu führen, um Schafe, der Jahreszeit entsprechend, von höher zu tiefer gelegenem Weideland zu treiben, vor allem aber, um das Vieh auf den größten Markt Italias schaffen zu können, auf das Gelände des Vallis Camenarum außerhalb der Servianischen Mauer von Rom. Diese Wege und Pfade sind öffentliches Land, und Vieh, das sie benutzt, darf sich nicht auf private Ländereien verirren und privates Gras, Getreide oder... Wein verwüsten.«
Es trat eine lange Pause ein. »Unglücklicherweise«, sagte Bibulus mit einem betrübtem Seufzer, »konnten die nichtsnutzigen Hirten, die die Viehherde hüten sollten, den rechten Pfad nicht finden — obgleich, dies sei hinzugefügt, die Viehpfade stets eine gute Meile breit sind! Das Vieh fand statt dessen Weinstöcke im Überfluß, die es fressen konnte. Ja, meine lieben Freunde, diese abscheulichen und nutzlosen Tiere, die Gnaeus Pompeius, irrtümlich genannt der Große, sein eigen nennt, drangen in Publius Servilius’ kostbaren Weinberg ein. Was sie nicht fressen konnten, das trampelten sie nieder. Nur für den Fall, daß ihr mit den Eigenarten und Gewohnheiten von Rindern nicht vertraut sein solltet, hier noch eine Ergänzung meiner Ausführungen: die Speichelflüssigkeit der Tiere vernichtet alles Blattwerk und verhindert für zwei Jahre das Wachstum junger Pflanzen. Aber die Rebstöcke des Publius Servilius waren sehr sehr alt, so daß sie gänzlich abstarben. Mein Freund Publius Servilius ist nun ein gebrochener Mann. Ich habe sogar Tränen für den König Phraates von Parthien übrig, der diesen edlen Wein niemals mehr trinken wird.«
Bibulus, ich ahne, worauf du hinauswillst, dachte Caesar, ohne daß Mimik und Gestik ihn verrieten.
»Natürlich beschwerte sich Publius Servilius bei den Pächtern der riesigen Besitzungen und Ländereien des Gnaeus Pompeius, irrtümlich genannt der Große« — hier schluchzte Bibulus auf —, »nur um sich anhören zu müssen, daß eine Ausgleichszahlung für den Verlust des herrlichsten Weinbergs der Welt nicht möglich sei. Weil, versammelte Väter, weil der Pfad, auf welchem diese Rinder entlanggetrieben wurden, das letztemal vor so langer Zeit inspiziert worden war, daß alle Grenzmarkierungen verschwunden waren! Die Viehhüter hatten insofern keinen Irrtum begangen, als sie ja gar nicht wissen konnten, wohin ihr Vieh zu treiben war. Auf alle Fälle nicht in einen Weinberg, höre ich euch sagen. Ganz recht. Doch wie schwer läßt sich so ein Zwischenfall vor dem Gericht oder dem Tribunal des Stadtprätors beweisen! Gibt es denn jemand in den municipia, der zu sagen wüßte, wo Wege und Pfade auf den Karten eingezeichnet sind, die man einmal für Viehherden bestimmt hat? Wie steht es um die Tatsache, daß Rom sich vor circa dreißig Jahren die gesamte italische Halbinsel einverleibte und ihren Einwohnern dafür die volle Staatsbürgerschaft verlieh? Hat Rom damit nicht auch die Pflicht, die Warenwege, die Straßen und die Pfade quer durch Italia zu markieren? Ich jedenfalls bin dieser Meinung!«
Cato machte einen Satz nach vorn wie ein angebundener Hund, Gaius Piso lachte still in sich hinein, Ahenobarbus fletschte die Zähne: Die boni bereiteten sich augenscheinlich auf einen Sieg vor.
»Erster Konsul, Mitglieder des Hauses, ich bin ein friedfertiger Mann, der zuverlässig seinen soldatischen Pflichten nachgekommen ist. Ich habe keinerlei Verlangen, in der Blüte meiner Jahre in die Provinzen zu marschieren, und Kriege gegen glücklose Barbaren zu führen, um meine eigenen Truhen mehr aufzufüllen als die Roms. Doch ich bin Patriot. Wenn der Senat und das Volk von Rom sagen, ich solle meinen
Weitere Kostenlose Bücher