MoR 04 - Caesars Frauen
Vermutlich mußte er Pompeius schwören, sich mir gegenüber höflich zu verhalten; und das ist ihm nach der Rabirius-Geschichte verhaßt.«
»Du klingst untröstlich«, sagte sie leicht ironisch.
»Cicero hätte ich gern auf meiner Seite, Mater, doch ich bin sicher, daß daraus nichts werden wird. Deshalb bin ich vorbereitet.«
»Worauf?«
»Auf jenen Tag, an dem er sich entschließen wird, mit seinem Splittergrüppchen den boni beizutreten.«
»Soweit würde er gehen? Pompeius Magnus sähe das nicht gern.«
»Ich glaube nicht, daß er bei den boni begeistert aufgenommen werden würde; ihnen mißfällt seine Eitelkeit ebenso wie meine. Aber du kennst ja Cicero. Er ist ein Grashüpfer mit einer losen Zunge, wenn es denn solch ein Tier gibt. Mal hier, mal dort, mal überall und unentwegt dabei, sich um Kopf und Kragen zu schwätzen. Publius Clodius und sein elfter Finger geben Zeugnis davon ab. Wahnsinnig komisch, aber nicht für Clodius oder Fulvia.«
»Wie wirst du Cicero begegnen, wenn er dein Gegner werden sollte?«
»Ich habe es Publius Clodius noch nicht gesagt, aber die Priesterkollegien haben zugesichert, daß Clodius Plebejer werden kann.«
»Hatte Celer keine Einwände dagegen? Er hat sich doch geweigert, Clodius als Volkstribun kandidieren zu lassen.«
»Celer ist ein hervorragender Advokat, doch was Clodius’ Status anbelangt, so ist ihm alles einerlei. Warum auch nicht? Clodius’ einzige Zielscheibe ist augenblicklich Cicero, der weder in den Priesterkollegien noch bei Celer Einfluß hat. Und es wird nicht mißbilligt, wenn ein Patrizier Plebejer werden will. Das Volkstribunat spricht nun mal Männer an, die, wie Clodius, den Hang zum Demagogen haben.«
»Und warum hast du Clodius nicht gesagt, daß du die Genehmigung für ihn erwirkt hast?«
»Ich bin nicht einmal sicher, ob ich es je tun werde. Er ist zu wankelmütig. Doch sollte Cicero mir Ärger machen, dann werde ich Clodius von der Leine lassen.« Caesar gähnte und streckte sich. »Oh, bin ich müde! Ist Julia da?«
»Nein, sie ist zu einem Abendessen für junge Mädchen eingeladen, und da es in Servilias Haus stattfindet, habe ich ihr erlaubt, die Nacht dort zu verbringen. Mädchen in Julias Alter können tagelang damit verbringen, zu schwätzen und zu kichern.«
»Julia wird siebzehn an den Nonen. Oh, Mater, wie die Zeit verfliegt! Ihre Mutter ist nun schon zehn Jahre tot.«
»Doch unvergessen«, sagte Amelia schroff.
»Ja, für immer.« Für einen Augenblick herrschte harmonisches Schweigen. Wenn Aurelia keine Geldsorgen bedrücken, ist der Umgang mit ihr ein Vergnügen, dachte Caesar.
Plötzlich hüstelte sie und schaute ihn mit einem eigentümlichen Schimmer in den Augen an. »Caesar, vor kurzem mußte ich einmal in Julias Zimmer gehen, um ihre Kleidung durchzusehen. Zum siebzehnten Geburtstag sollte ein Mädchen Kleidung geschenkt bekommen. Du könntest sie mit Schmuck beglücken — mein Vorschlag wären Ohrringe und ein Halsband aus schlichtem Gold. Doch meine Geschenke werden aus Kleidern bestehen. Ich weiß, daß sie die Stoffe eigentlich selber weben und auch nähen müßte — ich habe das in ihrem Alter noch getan —, aber leider ist sie ein Bücherwurm, sie liest viel lieber, als sich mit Handarbeiten zu beschäftigen. Ich habe es schon vor Jahren aufgegeben, sie dazu anzuhalten, es war den Kraftaufwand nicht wert. Was sie zustande brachte, war ein Armutszeugnis.«
»Mater, worauf willst du hinaus? Ich gebe keinen Pfifferling darauf, was Julia tut, wenn es nur einer Julierin würdig ist.«
Aurelia erhob sich, anstatt zu antworten. »Warte hier auf mich«, befahl sie und verließ Caesars Arbeitszimmer.
Er hörte, wie sie die Treppe zum oberen Stockwerk hinaufstieg, dann Stille, dann wieder das Geräusch von Schritten. Sie kam herein, die Hände hinter ihrem Rücken versteckt. Höchst amüsiert, versuchte Caesar, sie mit seinen Blicken aus der Fassung zu bringen, doch erfolglos. Dann stellte sie etwas vor ihn auf den Schreibtisch. Gebannt starrte er auf eine kleine Büste, die niemand anderen als Pompeius darstellte. Die hier war ungleich kunstvoller gemacht als jene, die er auf den Märkten gesehen hatte, obgleich auch sie ein Gipsabdruck war; die Ähnlichkeit war größer, die Farben weit geschickter aufgetragen.
»Ich habe sie inmitten ihrer Kinderkleider in einer Truhe gefunden; sie dachte wohl, daß niemand sie öffnen würde. Ich hätte es auch nicht getan, wenn mir nicht plötzlich eingefallen wäre, daß
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