MoR 04 - Caesars Frauen
man dem Exil ins Auge sieht.
Warum sind alle nur so überzeugt davon, daß man mich ungestraft beleidigen kann? Vielleicht wird ihnen das, was ich mit Cicero vorhabe, eine Lehre sein. Ich habe Macht genug, um mich zu rächen. Der einzige Grund, weshalb ich mich bis jetzt zurückgehalten habe, ist, daß ich fürchte, einmal angefangen, nicht mehr aufhören zu können.
Publius Clodius traf als erster bei Caesar ein; platzend vor Neugierde nahm er den Becher Wein entgegen, den Caesar ihm reichte, und setzte sich. Gleich sprang er wieder auf, setzte sich erneut und rutschte unruhig hin und her.
»Kannst du denn niemals stillsitzen, Clodius?« fragte Caesar.
»Ich hasse es.«
»Versuch es.«
Da Clodius spürte, daß gute Neuigkeiten auf ihn warteten, bemühte er sich redlich. Doch während es ihm noch gelang, den Körper ruhig zu halten, hüpfte sein Spitzbart auf und ab, weil er emsig die Unterlippe vor- und zurückschob. Das sah so komisch aus, daß Caesar in Gelächter ausbrach; doch Clodius, der sich so oft über Ciceros Humor ärgerte, schien nicht im mindesten gekränkt zu sein.
»Warum«, fragte ihn Caesar, als seine Heiterkeit sich endlich legte, »bestehst du nur auf diesem lächerlichen Bärtchen?«
»Wir alle tragen es«, antwortete Clodius, als sei dies eine Erklärung.
»Das ist mir bereits aufgefallen. Mit Ausnahme meines Vetters Antonius, wohlgemerkt.«
Clodius kicherte. »Leider war nichts zu machen beim armen alten Antonius. Sein Bärtchen stand nicht ab, es stand nach oben und kitzelte ihn ständig an der Nasenspitze.«
»Darf ich raten, weshalb ihr euch alle diesen sonderbaren Gesichtsschmuck wachsen laßt?«
»Ich denke doch, du weißt es, Caesar.«
»Um damit die boni zu ärgern.«
»Und jeden anderen, der so töricht ist, darauf zu reagieren.«
»Ich will, daß du dir dieses blöde Bärtchen abrasierst, Clodius. Und zwar sofort.«
»Nenn mir nur einen guten Grund, weshalb!« entgegnete Clodius in gereiztem Ton.
»Ein Patrizier darf sich derlei Überspanntheiten erlauben, doch der Plebejer hat sich nach dem mos maiorum zu richten.«
Clodius grinste verzückt von einem Ohr zum anderen.
»Heißt das, du hast die Zustimmung der Priester und Auguren?«
»Ja. Ordnungsgemäß unterschrieben und überbracht.«
»Obwohl sich Celer immer noch in Rom aufhält?«
»Celer hat sich verhalten wie ein Lamm.«
Clodius leerte sein Glas und sprang auf. »Ich sollte Publius Fonteius suchen — meinen Adoptivvater.«
»Setz dich, Clodius! Nach deinem neuen Vater ist bereits geschickt worden.«
»Nun kann ich Volkstribun werden — der größte Volkstribun in der Geschichte Roms, Caesar!«
Clodius’ letzte Worte waren noch nicht ganz verklungen, als Publius Fonteius den Raum betrat. Er grinste töricht, als er hörte, daß er mit seinen zwanzig Jahren der Vater eines zweiunddreißigjährigen Mannes werden würde.
»Bist du bereit, Publius Clodius von deiner väterlichen Autorität zu entbinden und dieses Ding da abzurasieren?« wollte Caesar von Fonteius wissen.
»Ja doch, Gaius Julius, ja!«
»Ausgezeichnet!« sagte Caesar herzlich und erhob sich von seinem Schreibtisch, um Pompeius zu begrüßen.
»Stimmt etwas nicht?« fragte Pompeius, eine Spur besorgt, dann starrte er die beiden anderen Männer an. »Was geht hier vor?«
»Nichts, Magnus, glaube mir«, antwortete Caesar und nahm wieder Platz.
»Ich brauche die Dienste eines Augurs, das ist alles, und ich dachte, du würdest mir den Gefallen vielleicht gern erweisen.«
»Jederzeit, Caesar. Doch wozu?«
»Du weißt sicherlich, daß Publius Clodius sich schon seit langem wünscht, Plebejer zu werden. Dies hier ist sein Adoptivvater, Publius Fonteius. Ich würde die Angelegenheit gern heute nachmittag erledigen, falls du als Augur fungieren könntest.«
Pompeius war alles andere als dumm. Er hatte Sinn und Zweck des Manövers schon begriffen, bevor Caesar noch zu Ende sprechen konnte. Denn auch Pompeius war auf dem Forum gewesen, um Cicero zu hören, und hatte unter dessen Attacken mehr gelitten als Caesar. Seit Jahren ließ er sich nun Ciceros Wankelmut gefallen. Ärgerlich war auch gewesen, daß Cicero sich stets gedrückt hatte, wenn er, Pompeius, ihn nach seiner Rückkehr aus dem Osten einmal um seine Hilfe bat. Fürwahr ein schöner Retter seines Landes! Sollte der eingebildete Narr ruhig ein wenig leiden! Oh, wie er es mit der Angst zu tun bekäme, wenn er erführe, wie dicht ihm Clodius auf den Fersen war.
»Diesen Gefallen tue
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