MoR 04 - Caesars Frauen
gibt keine Redefreiheit mehr!« stöhnte Cicero.
»Das merkst du erst jetzt?« fragte ihn Curio grinsend.
»Wenn Caesar ihn zum Plebejer gemacht hat, warum droht er ihm dann damit, seine Gesetze außer Kraft zu setzen?«
»Oh, nicht etwa, weil er etwas gegen Caesar hätte«, sagte Curio. »Er haßt Pompeius. Caesars Gesetze aber kommen in erster Linie Pompeius zugute. So einfach ist das. Clodius hält Magnus für den Tumor in Roms Eingeweiden.«
»Bisweilen teile ich da seine Meinung«, murmelte Cicero.
Was Cicero keineswegs davon abhielt, Pompeius voller Freude zu begrüßen, als er ihn ebenfalls in Antium traf; Pompeius, der sich als Landkomiteemitglied von einem schnellen Abstecher in die Campania auf dem Rückweg nach Rom befand, legte dort eine Rast ein.
»Hast du gehört, daß Clodius Plebejer ist?« fragte Cicero, sobald er es für angemessen hielt, den Austausch von Höflichkeiten zu beenden.
»Ich habe es nicht gehört, Cicero, ich war daran beteiligt«, antwortete Pompeius und seine blauen Augen zwinkerten verschmitzt. »Ich habe die Auspizien durchgeführt, und sie waren sehr gut. Die Leber ohne einen Makel!«
»Und was wird jetzt mit mir geschehen?« jammerte Cicero händeringend.
»Nichts, Cicero, gar nichts!« sagte Pompeius herzlich. »Clodius nimmt den Mund nur voll, glaub mir. Weder Caesar noch ich werden es zulassen, daß er dir auch nur ein Haar deines altehrwürdigen Kopfes krümmt.«
»Altehrwürdigg!« protestierte Cicero lautstark. »Du bist nicht jünger als ich, Pompeius!«
»Wer sagt, daß nicht auch ich altehrwürdig bin?«
»Ich bin verloren!«
»Nicht doch«, sagte Pompeius und tätschelte besänftigend Ciceros hängende Schulter. »Ich gebe dir mein Wort darauf, daß er dir nichts tun wird!«
Nur allzu gerne hätte Cicero Pompeius’ Versprechen geglaubt; aber war Clodius überhaupt zu bremsen, wenn er eine Zielscheibe vor Augen hatte?
»Wie willst du wissen, daß er mir nicht schaden wird?« fragte er.
»Weil ich es ihm bei der Adoptionszeremonie geraten habe. War höchste Zeit, daß es ihm einmal jemand sagte! Denn er erinnert mich an einen wichtigtuerischen und anmaßenden jungen Militärtribun, der sich für wer weiß wie talentiert hält. Mit dieser Sorte habe ich oft zu tun! So einem muß ein richtiger Mann, ein Feldherr, irgendwann die Augen öffnen.«
So war das also. Begriff Pompeius denn noch immer nicht? Ein Mann, der vom Lande kam, durfte sich — auch wenn er von recht achtbarer Herkunft war — nicht erdreisten, einem römischen Patrizier Anstandsregeln beizubringen. Wenn Clodius nicht schon längst entschieden hätte, daß er Pompeius haßte, dann war dies jetzt geschehen. Mußte er sich ausgerechnet von Pompeius wie ein junger Militärtribun behandeln lassen, obwohl er gerade einen Sieg davongetragen hatte?
Im März brodelte es in Roms Gerüchteküche, teils wegen der politischen Ereignisse, teils wegen des aufsehenerregenden Todes von Metellus Celer. Celer, der noch immer müßig in Rom weilte und Gallia Transalpina seinem Legaten Gaius Pomptinus zur Verwaltung überlassen hatte, schien nicht recht zu wissen, wie es weitergehen sollte. Daß Clodia aufgrund ihrer heftigen Affäre mit Catullus eine Spur an Roms gesellschaftlichem Himmel hinterlassen hatte, war schlimm genug gewesen; doch das war nun vorbei. Der Dichter aus Verona war außer sich vor Liebesleid, sein Weinen und Wehklagen von der Carinae bis zum Palatin für jeden zu vernehmen — und seine herrlichen Gedichte ebenfalls. Erotisch und leidenschaftlich, wie er war, hatte Catullus schon seit langem nach dem geeigneten Liebesobjekt gesucht; in seiner angebeteten Clodia hätte er wahrlich kein besseres finden können. Ihre Falschheit, Gerissenheit, Herzlosigkeit und Habgier hatten es vermocht, ihm Worte zu entlocken, die ihn selbst verblüfften.
Clodia gab Catullus in dem Augenblick den Laufpaß, in dem sie Caelius entdeckte, der gerade im Begriff war, seine Anklage gegen Gaius Antonius Hybrida vorzubereiten. Was sie zu Catullus hingezogen hatte, fand sie in abgeschwächtem Maße auch bei Caelius; er jedoch war aus römischerem Holz geschnitzt. Der Dichter war ihr zu gefühlsbetont, launenhaft, zu anfällig für düstere Melancholie gewesen. Caelius dagegen war gebildet, geistreich und besaß eine natürliche Heiterkeit. Er kam aus gutem Hause und hatte einen wohlhabenden Vater, der sehr darauf bedacht war, daß sein brillanter Sohn die Familie Caelius in den Adelsstand erheben würde, indem
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