MoR 04 - Caesars Frauen
trug, weinte. »Das ist der Anfang vom Ende«, rief er unter Tränen. »Wir können es uns nicht leisten, all den Weizen zu bezahlen! Rom wird bankrott gehen.«
»Bibulus beobachtet nach wie vor den Himmel«, sagte Ahenobarbus. »Clodius’ neues Getreidegesetz wird daher genausowenig Gültigkeit besitzen wie alle anderen Gesetze dieses Jahres.«
»So komm doch zur Vernunft!« mischte sich Caesar ein, der das Gespräch mitangehört hatte. »Clodius ist nicht halb so dumm wie du, Lucius Domitius. Kein einziges seiner Gesetze wird vor dem Neujahrstag verabschiedet werden. Zudem bezweifle ich noch immer, daß Bibulus’ Taktiken für die Plebejische Versammlung Gültigkeit besitzen. Die Auspizien sind für ihre Treffen ohne Bedeutung.«
»Ich werde sein Gesetz bekämpfen«, sagte Cato und wischte sich die Tränen aus den Augen.
»Wenn du das wagst, bist du sehr schnell ein toter Mann«, wandte Gabinius ein. »Rom hat in Clodius, vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte, einen Volkstribun, der weder jene Skrupel hat, die seinerzeit den Untergang der Brüder Gracchi bewirkten, noch unter der Einsamkeit leidet, die bei Sulpicius zum Tode führte. Ich glaube nicht, daß irgendwer oder irgend etwas Clodius einschüchtern kann.«
»Was wird er sich als nächstes einfallen lassen?« fragte Lucius Caesar mit bleichem Gesicht.
Als nächstes überraschte Clodius mit einem Gesetzentwurf, der die Legalität der Kollegien, der Vereine und der karitativen und anderen Bruderschaften wiederherstellen sollte. Wenngleich er auch nicht ganz so großen Anklang bei der Menge fand wie der freie Weizen, wurde er doch so begeistert aufgenommen, daß Clodius nach der Versammlung von den Mitgliedern der Kreuzwegevereine, die sich beinahe heiser schrien, auf den Schultern hinausgetragen wurde.
Anschließend verkündete Clodius, daß er es fortan für Männer wie Marcus Calpurnius Bibulus unmöglich machen werde, Regierungen zu sprengen. Die lex Aelia und die lex Fufia sollten dahingehend ergänzt werden, daß Versammlungen des Volkes, Plebejische Versammlungen und die Verabschiedung von Gesetzen möglich sein müßten, auch wenn ein Konsul sich zurückzog, um den Himmel zu beobachten; um Gesetze für rechtsungültig zu erklären, müsse der betreffende Konsul das Auftreten eines ungünstigen Omens an dem Tag unter Beweis stellen, an dem die Versammlung stattfinde. Die Amtsgeschäfte sollten, aufgrund verschobener Wahlen, nicht mehr einfach aufgehoben werden können. Keine der Neuerungen sei rückwirkend gültig, keine schütze den Senat und dessen Beschlüsse, keine betreffe die Gerichte.
»Er stärkt die Macht der Versammlungen ausschließlich auf Kosten des Senats«, sagte Cato trübselig.
»Das stimmt, doch Caesar hat er damit nicht geholfen«, sagte Ahenobarbus.
»Ich wette, das ist eine ziemliche Enttäuschung für die Triumvirn!«
»Eine Enttäuschung? Nichts dergleichen!« fuhr Hortensius ihn an. »Erkennt ihr denn nicht Caesars Stempel auf Clodius’ Gesetzgebung? Sie geht genausoweit, wie Tradition und Sitte es erlauben. Er ist soviel gerissener als Sulla, dieser Caesar. Für einen Konsul, der den Himmel beobachten will, gibt es keine Hindernisse, sondern nur Erschwernisse. Und was schert sich Caesar schon um die Vorherrschaft des Senats? Caesars Macht liegt nicht beim Senat, das war nie so und wird auch nie so sein!«
»Wo ist denn eigentlich Cicero?« wollte Metellus Scipio plötzlich wissen. »Ich habe ihn seit Clodius’ Amtsantritt nicht mehr auf dem Forum gesehen.«
»Das wirst du wohl so bald auch nicht«, antwortete Lucius Caesar. »Er ist der festen Überzeugung, daß Anklage gegen ihn erhoben wird.«
»Was durchaus möglich ist«, sagte Pompeius.
»Und unterstützt du seine Anklage, Pompeius?« fragte der junge Curio.
»Ganz sicher werde ich mein Schutzschild nicht erheben, um sie zu verhindern.«
»Und warum bist du nicht dort unten und jubelst mit den anderen, Curio?« fragte Appius Claudius. »Ich dachte, du seist ein treuer Freund meines kleinen Bruders.«
Curio seufzte. »Weil ich langsam erwachsen werde«, sagte er.
»Du wirst sehr bald wie eine Bohne sprießen«, sagte Appius Claudius mit bitterem Lächeln.
Curio verstand den Sinn dieser Bemerkung erst, als Clodius bei seiner nächsten Versammlung bekanntgab, daß er die Bestimmungen für Roms Zensoren ändern würde — denn Curios Vater war einer der Zensoren.
Kein Zensor, kündigte Clodius an, werde künftig ein Senatsmitglied oder einen
Weitere Kostenlose Bücher