MoR 04 - Caesars Frauen
anwandte. »Und was tut dieser picentische Niemand Pompeius, nachdem er in unser geliebtes Vaterland zurückgekehrt ist? Unter Mißachtung jedes Paragraphen der Verfassung bringt er seine Armee über den Rubikon, hinein nach Italien, wo er sie stationiert und uns dazu zwingt, ihm die Kandidatur als Konsul zu gestatten! Wir hatten keine Wahl. Pompeius wurde Konsul. Und auch heute noch, versammelte Väter, wehre ich mich mit jeder Faser meines Herzens dagegen, ihm diesen widerlichen Beinamen Magnus zuzuerkennen, den er sich selbst verliehen hat! Denn er ist kein Großer! Er ist ein eiternder Furunkel, eine Pestbeule am malträtierten Körper Roms!
Wie kann dieser Pompeius es wagen, anzunehmen, diese Körperschaft würde sich ein zweites Mal von ihm erpressen lassen? Wie kommt er dazu, seinen ihm hörigen Lakaien Gabinius dafür einzuspannen? Uneingeschränkte Befehlsgewalt, unbeschränkte Streitkräfte, unbeschränkte Geldmittel, ich bitte euch! Wo der Senat auf Kreta längst einen fähigen Kommandanten sitzen hat, der ausgezeichnete Arbeit leistet! Ich wiederhole: ausgezeichnete Arbeit!« Hortensius’ asianischer Redestil kam jetzt zur Entfaltung, und das ganze Haus hatte sich längst zurückgelehnt (zumal es ohnehin mit jedem seiner Worte übereinstimmte), um einem seiner größten Redner aller Zeiten zuzuhören. »Ich versichere euch, Kollegen, daß ich diesem Kommando niemals, niemals, niemals meine Zustimmung geben werde, ganz egal, wessen Namen man uns dafür vorschlagen wird! Erst in unseren Tagen scheint Rom es nötig zu haben, Zuflucht zu unbeschränkter Befehlsgewalt und uneingeschränkten Kommandos zu suchen! Doch sie sind verfassungswidrig und unannehmbar! Wir werden unser Meer von den Seeräubern befreien, aber auf römische Art, nicht auf picentische!«
An dieser Stelle begann Bibulus, Hochrufe auszubringen und mit den Füßen zu trampeln, und das ganze Haus tat es ihm nach. Hortensius setzte sich, die Wangen von der Süße des Triumphs gerötet.
Aulus Gabinius hatte gelangweilt zugehört. Jetzt zuckte er die Schultern und warf die Hände in die Höhe. »Die römische Art«, sagte er laut, als der Jubel sich gelegt hatte, »ist zu solcher Wirkungslosigkeit degeniert, daß man sie lieber die pisidische Art nennen sollte! Wenn Picenum für die Aufgabe gebraucht wird, dann muß es eben Picenum sein! Was ist Picenum anderes als Rom? Du ziehst geographische Grenzen, wo es keine gibt!«
»Schweig still, schweig still, schweig still!« schrie Piso, sprang von seinem kurulischen Podium herunter und baute sich in voller Größe vor der Bank der Tribunen auf. »Du wagst es, Rom zu beleidigen, du Gallier aus einem gallischen Kuhdorf? Du wagst es, Rom mit Gallien in einen Topf zu werfen? Paß nur auf, Gabinius, du Gallier, daß du nicht das gleiche Schicksal erleidest wie Romulus und eines Tages von einem Jagdausflug nicht zurückkehrst!«
»Eine Drohung!« rief Gabinius und sprang von seinem Platz auf. »Habt ihr gehört, versammelte Väter? Er hat gedroht, mich zu ermorden, denn nichts anderes ist Romulus zugestoßen! Ermordet von Männern, die sich im Ziegendreck des Marsfeldes gewälzt haben! «
Ein Tumult brach aus, aber Piso und Catulus machten ihm ein schnelles Ende, denn auf keinen Fall sollte das Haus auseinandergehen, bevor sie zu Wort gekommen waren. Gabinius saß mit triumphierendem Gesicht auf seinem Platz am Ende der Bank der Volkstribunen und sah dem Konsul und dem Konsulat dabei zu, wie sie durch die Reihen gingen, beschwichtigten und sich bemühten, die aufgebrachten Männer dazu zu bringen, sich wieder auf ihren Hockern niederzulassen.
Und dann, als die Ruhe mehr oder weniger wiederhergestellt war und Piso sich gerade anschickte, Catulus nach seiner Meinung zu fragen, erhob sich Gaius Julius Caesar von seinem Platz. Obwohl er die Bürgerkrone trug und somit den Konsularen in der Rednerliste gleichgestellt war, warf ihm Piso, der ihn nicht ausstehen konnte, einen finsteren Blick zu, der ihn wohl auffordern sollte, sich gleich wieder zu setzen. Caesar blieb jedoch stehen, und Piso starrte ihn feindselig an.
»Laß ihn reden, Piso!« rief Gabinius. »Er hat das Recht dazu!«
Auch wenn Caesar von seinem Recht als Redner in diesem Haus selten Gebrauch machte, galt er als Ciceros einziger echter Rivale; Hortensius’ asianischer Redestil war aus der Mode gekommen, seit Cicero den schlichteren, aber wirksameren athenischen Stil eingeführt hatte, und auch Caesar zog es vor, sich attisch zu geben.
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