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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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sagte Servilia und erhob sich, um ihn an die Tür zu bringen. Dort überraschte sie ihn mit einem Kuß. »Danke, daß Sinon mit dir reisen darf, und noch mehr danke ich dir dafür, daß du meine Befürchtungen zerstreut hast. Unsinnige Befürchtungen, ich weiß. Du wirst zurückkommen!«
    Sie schloß die Tür hinter ihm und blieb einen Moment lang stehen; ihre Knie waren so weich, daß sie schwankte. Sie hatte recht behalten! Brutus war sein Erbe, denn Cato würde sich niemals in eine patrizische Familie wie die der Servilius Caepio aufnehmen lassen. Was für ein wunderschöner Tag! Selbst Caesars Verrat tat nicht mehr ganz so weh wie noch vor zwei Stunden.

    Was es für eine Tortur war, einen Marcus Porcius Cato in seinem Stab zu haben — auch wenn sein Auftrag sich auf die konsularischen Legionen beschränkte —, konnte der Statthalter von Makedonien erst ermessen, als er bereits mittendrin steckte. Wäre der junge Mann auf privaten Wunsch ernannt worden, er hätte ihn längst nach Hause geschickt, und wenn Jupiter Optimus Maximus höchstpersönlich sein Fürsprecher gewesen wäre. Da aber das Volk ihn durch die Volksversammlung hatte ernennen lassen, blieb dem Statthalter Marcus Rubrius nichts anderes übrig, als Catos Gegenwart zu ertragen.
    Aber wie sollte man einen jungen Mann aushalten, der in alles seine Nase steckte, der unermüdlich Fragen stellte, der wissen wollte, warum dies dorthin geschickt wurde, warum jenes in den Büchern teurer war als auf dem Markt und wie der Herr Soundso dazu komme, Steuererleichterungen zu beantragen? Cato hörte gar nicht mehr auf, Fragen zu stellen. Wenn man ihn vorsichtig daran erinnerte, daß seine Erkundigungen für die konsularischen Legionen völlig ohne Belang seien, dann antwortete Cato, alles in Makedonien sei römisches Eigentum. Ergo sei alles in Makedonien seine Angelegenheit, juristisch wie auch moralisch.
    Statthalter Marcus Rubrius war nicht allein. Seine Legaten und seine Militärtribune (ob gewählt oder nicht gewählt), seine Schreiber, Wächter, Verwalter, Steuerpächter, Mätressen und Sklaven — alle haßten sie Marcus Porcius Cato wie die Pest. Der Mann war ein besessener Arbeiter; es nutzte auch nichts, ihn zu einem entlegenen Vorposten irgendwo in die Provinz zu schicken, denn er kehrte garantiert nach zwei, drei Tagen zurück, nachdem er alle Aufträge ordentlich erledigt hatte.
    Ein großer Teil der Gespräche — falls man seine lauten Tiraden Gespräche nennen konnte — drehte sich um seinen Urgroßvater, Cato den Zensor, dessen spartanische und altmodische Lebensweise seinem Urenkel ungeheuer imponierte. Und weil Cato nun einmal Cato war, eiferte er dem Zensor in fast allem nach — er ging überallhin zu Fuß, anstatt zu reiten, er aß wenig und trank ausschließlich Wasser, sein Lebensstil entsprach dem eines einfachen Soldaten, und lediglich ein einziger Sklave kümmerte sich um seine spärlichen Bedürfnisse.
    Nur in einem Fall hielt er sich nicht an die Grundsätze seines Urgroßvaters: Cato der Zensor hatte Griechenland, die Griechen und alles Griechische gehaßt, während der junge Cato es liebte und aus seiner Bewunderung für Hellas keinen Hehl machte. Damit zog er sich den gnadenlosen Spott all jener zu, die seine Gegenwart im griechischen Makedonien ertragen mußten und keine Gelegenheit ausließen, ihm Löcher in sein unglaublich dickes Fell zu stechen. Doch keine dieser bissigen Bemerkungen vermochte Cato zu treffen; jemanden, der ihm vorwarf, durch seine griechische Denkweise die Prinzipien seines Urgroßvaters zu verraten, tat er als unwichtige Person ab. Was Cato jedoch als wichtig erachtete, trieb seine Vorgesetzten, Kameraden und Untergebenen gleichermaßen zum Wahnsinn: Verweichlichung lautete das Schlagwort, und er war schnell bei der Hand damit, angeblich sichere Anzeichen für diese Untugend zu kritisieren — beim Statthalter ebenso wie bei einem Zenturio. Da er zusammen mit seinem Busenfreund und Kollegen, dem Militärtribun Titus Munatius Rufus, in den zwei Zimmern einer spartanischen Lehmhütte am Stadtrand von Thessalonike hauste, konnte zumindest niemand behaupten, Cato selbst führe ein verweichlichtes Leben.
    Cato war im März in Thessalonike eingetroffen, und als der Mai zu Ende ging, war der Statthalter zu der Überzeugung gelangt, daß er Cato loswerden mußte, wenn er einen Mord vermeiden wollte. Die Beschwerden von Pachtbauern und Getreidehändlern, von Buchhaltern, Zenturios und Legionären, von Legaten und

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