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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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von den vielen Frauen, die Cato des unmoralischen Verhaltens bezichtigt hatte, begannen sich auf seinem Schreibtisch zu stapeln.
    »Der Kerl hat die Stirn gehabt, mir ins Gesicht zu sagen, daß er bis zu seiner Eheschließung züchtig geblieben sei!« empörte sich eine der Frauen gegenüber Rubrius. Sie war eine enge Freundin des Statthalters. »Marcus, er hat mir mitten auf dem Marktplatz, vor Hunderten von feixenden Griechen, einen Vortrag darüber gehalten, wie eine Römerin sich in der Provinz zu benehmen hat! Ich schwöre dir, wenn du ihn nicht fortschickst, engagiere ich jemanden, der ihm den Garaus macht!«
    Marcus Rubrius hatte Glück. Noch am selben Tag machte Cato ihm gegenüber eine zufällige Bemerkung über den Aufenthalt eines gewissen Athenodorus Cordylion in Pergamum.
    »Wie gem würde ich den Mann hören!« bellte Cato. »Normalerweise lebt er in Antiochia oder Alexandria; diese Reise ist ganz ungewöhnlich.«
    »Nun«, erwiderte Rubrius und hätte sich vor Schreck über seine brillante Idee beinahe die Zunge abgebrochen, »warum nimmst du dir dann nicht einfach zwei Monate frei und fährst nach Pergamum, um den Mann zu hören?«
    »Unmöglich!« erwiderte Cato entrüstet. »Ich habe hier eine Pflicht zu erfüllen!«
    »Jeder Militärtribun hat Anspruch auf Urlaub, mein lieber Marcus Cato, und niemand hätte ihn sich mehr verdient als du. Geh nur! Ich bestehe darauf. Und Munatius Rufus solltest du gleich mitnehmen.«
    Also reiste Cato nach Pergamum, begleitet von Munatius Rufus. Das römische Kontingent konnte sein Glück kaum fassen, denn Munatius Rufus verehrte Cato so sehr, daß er unverzüglich mit ihm gereist war. Doch auf den Tag genau zwei Monate nach seiner Abreise war Cato wieder in Thessalonike. Außer ihm kannte Rubrius keinen einzigen Römer, der es mit einem formlos gewährten Urlaub so genau genommen hätte. Und in seinem Gefolge befand sich niemand anderer als Athenodorus Cordylion, Stoiker von hohem Ansehen und offensichtlich bereit, für Cato die Rolle zu spielen, die Panaitios für Scipio Aemilianus gespielt hatte. Als Stoiker erwartete und wünschte Athenodorus nicht den Luxus, mit dem Scipio Aemilianus Panaitios überschüttet hatte — und Cato war es recht so. Nur eine Veränderung bewirkte er in Catos Leben: Anstelle der Lehmhütte mit zwei Zimmern mieteten Munatius Rufus und Cato jetzt eine mit drei Zimmern, und es gab jetzt drei statt bisher zwei Sklaven. Was hatte diesen bedeutenden Philosophen dazu bewogen, sich Cato anzuschließen? Er glaubte, in Cato einen Mann erkannt zu haben, der eines Tages berühmt sein würde, und indem er sich in Catos Gefolge begab, sorgte er rechtzeitig dafür, daß man sich auch an seinen Namen erinnern würde. Wer würde sich noch an Panaitios erinnern, wenn es Scipio Aemilianus nicht gegeben hätte?
    Das römische Kontingent in Thessalonike hatte laut gestöhnt, als Cato aus Pergamum zurückgekehrt war; Rubrius demonstrierte seinen Unwillen, diesen Mann noch länger zu ertragen, indem er wichtige Geschäfte in Athen vorschützte und Hals über Kopf abreiste. Kein Trost für diejenigen, die er zurückließ! Aber dann traf Quintus Servilius Caepio ein, in Pompeius’ Diensten unterwegs nach Pergamum, und schlagartig vergaß Cato Steuerpächter und Verweichlichung — so glücklich war er, den geliebten Bruder wiederzusehen.
    Das enge Band zwischen den beiden war kurz nach Catos Geburt geknüpft worden. Caepio war damals erst drei Jahre alt. Die leidende Mutter (sie starb zwei Monate später) überließ den Säugling Cato nur zu gern dem kleinen Caepio. Und seitdem hatte nur noch die Pflicht die beiden trennen können, und selbst dabei war es ihnen meistens gelungen, zusammenzubleiben. Vielleicht hätte sich ihre Beziehung auf natürliche Weise gelockert, als sie heranwuchsen, wenn ihr Onkel Drusus nicht in dem Haus erstochen worden wäre, in dem sie alle lebten; Caepio war sechs, als es passierte, und Cato gerade einmal drei Jahre alt. Bei diesem furchtbaren Ereignis wurde das Band im Feuer des Schreckens und der Tragödie so fest geschmiedet, daß es danach um so stärker war. Sie hatten eine einsame, vom Krieg zerrüttete, liebund freudlose Kindheit erlebt. Keine nahen Verwandten waren ihnen geblieben, ihre Vormünder hielten sich auf Distanz, und die beiden ältesten der sechs Kinder, Servilia und Servililla, verachteten die beiden jüngsten, Cato und seine Schwester Porcia. Dabei war der Krieg zwischen den Älteren und den Jüngeren

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