Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)
Notdurft verrichtet.
Dennoch atmete Johann tief durch und versuchte, sich zu beruhigen
Der Mann hilft. Zeige Dankbarkeit.
Der Preuße lag auf dem Holztisch, der in der Mitte des Raumes stand. Neben ihm hatte der Medikus seine silbernen Werkzeuge auf ein sauberes Leinentuch sortiert, hinter ihm ragten die Spitzen verschiedener Brandeisen ins Kaminfeuer. Zwei Öllampen, die an wuchtigen Deckenbalken hingen, spendeten ausreichend Licht.
„Ich muss ihm die Kugel herausschneiden“, erklärte der Medikus. „Ich hoffe, er verliert nicht zu viel –“ Er stockte und sah Hans an. „Du, hol mir von einem der Nachbarhöfe ein Lamm. Sag ihnen, Leonardus schickt dich und es wird später bezahlt.“
Hans verstand zwar nicht, warum er in dieser Notsituation etwas zu essen besorgen sollte, nickte aber und lief aus der Hütte.
Leonardus holte aus einer Truhe mehrere sehr lange, handbreite Gurte hervor und schnallte damit den Preußen an die Tischplatte, so fest er konnte.
„Können wir helfen?“, fragte Johann den Medikus.
Dieser schüttelte den Kopf. „Aber bleib du mit dem Graf hier. Sollte der Kerl aufwachen, müsst ihr ihn festhalten, trotz der Gurte.“ Er griff einen dunklen Tonkrug und nahm so gierige Schlucke, dass ihm der Wein aus den Mundwinkeln auf den Wamst rann. Dann rülpste er, wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht und setzte eine beherzte Mine auf. „Wohlan.“
Johann warf von Binden einen sorgenvollen Blick zu, den dieser nicht erwiderte.
Der Medikus schnitt die Wunde am Oberschenkel des Preußen eine halbe Handbreit auf, leckte Daumen und Zeigefinger ab und begann, in der Wunde zu stochern. Der Preuße fing an, leicht zu zucken und zu stöhnen. Johann hielt ihm den Kopf. „Durchhalten, mein Freund“, sagte er leise.
Leonardus verzog das Gesicht. „Wo bist du, du gottverdammte –“
Immer mehr Blut quoll aus der Wunde, von Binden griff einen Lappen und wollte es damit stillen.
„Lassen Sie, Herr Graf, so bleibt die Wunde sauberer“, sagte der Medikus emotionslos und stocherte weiter. Der Preuße stöhnte lauter, Johann wischte ihm den Schweiß von der Stirn.
Durchhalten, mein Freund, halte mir bloß durch!
„Ah – hab dich!“, rief der Medikus und zog mit einer ruckartigen Bewegung die Finger aus dem Körper des Preußen. Er hielt die Bleikugel an eine Lampe und betrachtete sie mit zusammengekniffenen Augen. „Scheinst ja unversehrt zu sein, du mieser, kleiner –“
„Herr Leonardus!“, unterbrach ihn Johann und deutete auf die blutende Wunde.
Der Medikus machte eine beschwichtigende Handbewegung, legte die Kugel beiseite und griff sich eines der Eisen, die im Feuer glühten. „Das wird ihm jetzt nicht gefallen.“ Mit diesen Worten drückte er das Eisen in die Wunde.
Der Preuße versuchte sich aufzubäumen, aber die Gürtel hielten ihn unten. Schlagartig füllte der süßliche Geruch verbrannten Fleisches die Hütte, schlagartig schossen Johann Bilder der Lazarette in den Kopf, aus den Tagen nach der Schlacht. Der Medikus legte das Eisen beiseite und griff einen Holzspatel. Damit entnahm er dem Keramikgefäß hinter sich eine bräunliche, zähflüssige Masse und bestrich damit einen Leinenfetzen. Dann drückte er diesen auf die verbrannte Wunde am Oberschenkel des Preußen.
„Den Fetzen wechselst du viermal am Tag und schmierst immer etwas von der Terpentinsalbe drauf“, wies er Johann an und blickte ihm dabei ernst in die Augen. „Und nimm immer einen frischen Fetzen, verstanden?“
Johann nickte und fühlte den Puls des Preußen. „Sein Herz rast. Nein, wartet – es schlägt immer langsamer!“
Leonardus hatte es ebenfalls bemerkt, sah den Schweiß auf der Stirn und die immer fahler werdende Gesichtsfarbe. „Er hat bereits zu viel Blut verloren.“
In diesem Moment kam Hans in die Hütte, ein verschlafen dreinschauendes Lamm in den Armen.
„Keinen Augenblick zu früh!“ Der Medikus packte das Lamm und setzte es neben den Arm des Preußen. Mit flinken Bewegungen schnallte er es ebenfalls am Tisch fest. Das Tier begann zu blöken und wand sich in den Gurten.
„Was in Gottes Namen habt Ihr vor?“ Johann packte Leonardus am Arm.
„Wenn du willst, dass dein Freund auch nur den Funken einer Chance hat, dann lässt du mich jetzt walten.“ Der Medikus starrte Johann eisern an. Er stank nach Fusel und seine Augen waren von roten Adern durchzogen, aber sie blickten entschlossen.
Der Mann hilft. Vermutlich.
Johann ließ den Medikus los, trat einen Schritt
Weitere Kostenlose Bücher