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Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
Autoren: T. Aaron Payton
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Tür und warf einen Blick hinaus auf den Flur. Es war niemand zu sehen, weder mechanische Menschen noch echte. Wenn sie nur an die Zeichnungen der Modelle herankommen könnte! Es wäre ein großer Coup und ein Segen für die Auflage, wenn sie in der Zeitung abgebildet würden. Vielleicht lag irgendwo unbeachtet einer der Kataloge herum, den sie einstecken konnte.
    Zumindest konnte sie durch den Flur schleichen und sich noch ein weiteres Modell ansehen. Auf Zehenspitzen ging sie zu der Tür schräg gegenüber, Nummer fünf, und lauschte am Schlüsselloch. Sie hörte ein schwaches Keuchen und quietschende Sprungfedern. Eilig ging sie weiter. Tür Nummer sieben war recht still, und als sie versuchte, den T ürknauf zu drehen, ging sie auf . Traute sie sich? Wenn man sie erwischte, konnte sie einfach behaupten, dass sie kurz hinausgegangen war und sich dann in der Zimmertür geirrt hatte. Für ihren Artikel würde es von Nutzen sein, wenn sie mehr als nur eine der Liebesmaschinen beschreiben konnte.
    Sie warf einen letzten Blick in den Flur, stieß die Tür auf und trat ein. Im Zimmer sah sie einen Mann, der eine Schutzbrille mit mehreren Linsen übereinander trug. Mit einem langen Schraubenzieher stocherte er dem nackten Geschöpf, das auf dem Bett lag, in den ungeschützten mechanischen Eingeweiden herum.
    „Oh, das tut mir schrecklich leid!“, sagte Ellie. Tatsächlich quietschte sie eher. Sie räusperte sich und sagte mit tieferer Stimme: „Falsche Tür, mein Fehler, ich …“
    Sie starrte den Mann an. Sie kannte ihn. Nicht persönlich, doch er hatte ein sehr einprägsames Gesicht.
    Er schob seine Schutzbrille zurück. Er betrachtete sie mit hellen, wissbegierigen Augen, aber nicht besonders freundlich. „Die Tür sollte eigentlich abgeschlossen sein, die Hausherrin hat wahrscheinlich …“ Er brach ab und legte den Kopf schief. „Oh nein“, meinte er. „Sie haben mich erkannt.“
    „Ich – ich weiß nicht, was Sie meinen, Sir …“
    Es war Sir Bertram Oswald, der bekannte Wissenschaftler, führender Experte für pneumatische Alchemie, Vorsitzender der Königlichen Alchemistischen Gesellschaft und enger Vertrauter (und angeblicher Liebhaber) von Königin Victoria. Er seufzte und streckte den Arm nach der Glockenschnur aus, die neben dem Bett hing. „Ich hoffe wirklich, Sie sind niemand Wichtiges“, sagte er fast bedauernd.

Interview mit einem schrecklichen Mann

    P imm nahm eine Droschke, die ihn so nah wie möglich an die Adresse heranbrachte, die man ihm gegeben hatte. Keiner der elektrischen Omnibusse befuhr diese Route. Auch die Pferde weigerten sich für gewöhnlich, der Mauer, die die Überreste von Whitechapel sowie einen kleinen Teil von Mile End einschlossen, näher als einen halben Kilometer zu kommen. Die letzten Kilometer musste er daher laufen. Er schlenderte die fast völlig verlassene Straße entlang, an verrammelten Geschäften und einsturzgefährdeten Lagerhäusern vorbei. Dabei war sich stets bewusst, dass man ihn beobachtete und aus Gassen und leeren Fenstern und hinter Müllhaufen versteckt nach ihm spähte. Er blieb in der Mitte der Straße. Mehrmals hielt er inne, um einen Blick über die Schulter zu werfen und sich zu vergewissern, dass niemand versuchte, ihn von hinten zu überraschen. Er war für diese Gegend viel zu gut angezogen. Obwohl Raubüberfälle bei Tageslicht selbst in diesem elenden Teil von London selten waren, blieb er lieber wachsam, denn es dämmerte schon fast. Noch mehr Sorgen machte er sich allerdings über den Rückweg, wenn es mit Sicherheit völlig dunkel sein würde. Im West End und in einigen Teilen der Londoner Innenstadt gab es inzwischen elektrisches Licht, doch im East End leuchteten noch immer nur Gaslaternen, und auch die gab es nicht überall.
    Pimm packte seinen Gehstock fester. Er war schwarz, solide, etwas mehr als einen Meter lang, von einer Silberkugel gekrönt und eigens von Freddy modifiziert worden, sodass er nicht nur als Knüppel dienen konnte. Während er, so gut es ging, versuchte, selbstsicher und unangreifbar auszusehen, schritt er voran. Die Pose wäre ihm leichter gefallen, wenn er nicht schon so viele Drinks gehabt hätte, bevor er hierhergekommen war. Er hatte sich eigentlich nur einen einzigen Drink zur Teestunde genehmigen wollen, um sich zu stärken. Doch aus einem Drink waren erst zwei und dann vier geworden, wie das eben manchmal so war. Er war nicht betrunken. Um das zu erreichen, musste er sich inzwischen fast einen ganzen
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