Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Aaron Payton
Vom Netzwerk:
sie hatte ihn noch nie zuvor gesehen, doch er schien ein übler Charakter zu sein.
    Natürlich konnte sie ihn auch namentlich identifizieren, aber würde das nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sie lenken? Crippens Auftraggeber suchten nach einem Mann namens Jenkins, der einen scheußlichen Schnurrbart hatte, und nicht nach einer Frau namens Eleanor Skyler. Ellie nahm sich vor, den Schnurrbart sofort zu entsorgen und Jenkins völlig verschwinden zu lassen. Nach einem Mann, der nicht existierte, konnten Crippen und seine Kumpane lange suchen.
    Doch als Ellie den Mann ins Haus geführt hatte, damit er mit ihrer Vermieterin sprechen konnte, erwies sich ihre Geheimhaltung als überflüssig. „Aber ja habe ich ihn erkannt“, sagte Mrs. Reynolds. „Das war Crippler Crippen, in Lebensgröße.“
    „Der Preisboxer?“, fragte der Beamte. „Sind Sie sicher?“
    „Mein seliger Mann hat so gerne die Boxkämpfe besucht.“ Mrs. Reynolds tupfte sich mit dem Taschentuch die Augen, so wie jedes Mal, wenn sie Mr. Reynolds erwähnte, obwohl sie dabei nie wirklich weinte. Ellie war sich nicht sicher, ob die Augentupferei nur Schau war, eine affektierte Geste oder lediglich eine alte Gewohnheit aus der Zeit, als ihre Witwenschaft wirklich ein Grund zum Weinen gewesen war. „Ich habe Crippler mindestens dreimal kämpfen sehen, und er ist unverwechselbar – die schwarzen Augen, das große, eckige Kinn und diese Nase! Die war schon so oft gebrochen, dass sie aussieht wie eine zerquetschte Pflaume. Unsere gute Miss Skyler hat sie ihm heute Morgen noch einmal gebrochen, möcht’ ich wetten!“ Sie lachte gackernd. Einbrecher zu vertreiben, versetzte sie offenbar in gute Stimmung. „Zu schade, dass Sie nicht im Ring gegen ihn antreten konnten, Miss!“
    „Wir werden Nachforschungen anstellen“, sagte der Polizist. „Leider ist es nicht das erste Mal, dass uns Klagen über Crippen zu Ohren kommen. Er scheint in schlechte Gesellschaft geraten zu sein.“
    Mrs. Reynolds rümpfte die Nase. „Er ist ein dreckiger Betrüger, wissen Sie. Hat sich in einem Kampf besiegen lassen, den er eigentlich gewonnen hätte, damit reiche Männer Geld bekamen. Hat sich selbst auch noch die Taschen damit gefüllt. Jetzt ist er so tief gesunken, dass er unschuldige Frauen in ihren Häusern bedroht. Finden Sie ihn, Sir, und ich gehe gern vor den Richter und bestätige Ihnen, dass er’s ist.“
    Der Polizist sagte, er werde das Gebäude im Auge behalten, versuchte, vor ihnen den Helm zu ziehen, und ging seiner Wege. Mrs. Reynolds musterte Ellie von oben bis unten. „Sie trinken jetzt eine Tasse Tee“, entschied sie.
    Ellie zwang sich zu einem Lächeln. „Nein danke, wirklich nicht, ich muss gehen und mich im Büro melden. Ich muss noch einige Notizen zu einem Artikel umschreiben.“
    Ihre Vermieterin seufzte. „Mir kommt es einfach nicht richtig vor, dass eine Frau für eine Zeitung arbeitet. Scheint mir nicht der rechte Ort für eine Frau zu sein. Frauen sollten im Haushalt für Ordnung sorgen, das ist ihre Aufgabe.“
    Mit großer Mühe hielt Ellie sich davon ab, darauf hinzuweisen, dass Mrs. Reynolds selbst eine völlig unabhängige Frau war, die soeben versucht hatte, einen Mann mit der Bratpfanne niederzuschlagen. Ihre Vermieterin würde sich wahrscheinlich nur in ihrer Meinung bestätigt fühlen. Einen Einbrecher zu vertreiben, bedeutete schließlich auch, im Haus für Ordnung zu sorgen, oder nicht? Ellie wollte nicht mit der Frau streiten, deshalb sagte sie: „Vielleicht kommt ja eines Tages der Richtige, sodass ich die Feder weglegen kann.“
    Mrs. Reynolds sah finster drein. „Das habe ich nicht gemeint. Sie können ja wohl trotzdem in Ihrer freien Zeit schreiben, wenn es Sie glücklich macht.“ Geschäftig begab sie sich zurück in die Küche. Wie immer brachten ihre Gespräche mit der Vermieterin Ellie ein wenig aus der Ruhe.
    Sie musste nun noch viel dringender mit Pimm sprechen. Sie musste ihn wissen lassen, dass Crippen in ihr Haus eingebrochen war und „Jenkins“ gesucht hatte. Crippen oder auch sein Auftraggeber hatte offensichtlich zwischen Lord Pembrokes Assistenten und dem Mann, der aus dem Bordell geflüchtet war, einen Zusammenhang gesehen. Zweifellos nahmen sie an, auch Pimm wisse Bescheid darüber, dass Bertram Oswald Zeit in Values Bordell verbrachte. Möglicherweise würden sie sogar Maßnahmen ergreifen, um ihn zum Schweigen zu bringen. Sie konnte Pimm nicht einfach munter dort draußen herumlaufen lassen, ohne dass

Weitere Kostenlose Bücher