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Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Aaron Payton
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der ein Verbrechen begeht. Einen Verbrecher zu fangen, bevor er ein Verbrechen begeht, wäre dasselbe, wie einen Vogel zu fangen, bevor er geschlüpft ist. Es geht nicht. Es ist noch kein Vogel.“
    „Aber wenn Sie schon wüssten, dass er ein ganz schrecklicher Vogel werden wird, wenn er noch im Ei ist, könnten Sie trotzdem das Ei zerstören“, sagte Conqueror. „Nicht dass Oswald vorschlägt, diesen jungen Verbrechern derart früh zu Leibe zu rücken. Er war Mitglied der Phrenologischen Gesellschaft.“
    „Phrenologie? War das nicht diese Methode, nach der man sich Ausbuchtungen am Kopf einer Person ansehen muss, um ihren Charakter zu erkennen? Ist das nicht schon seit zwanzig Jahren aus der Mode?“
    „Oswald ist in gewisser Weise noch immer ein Verfechter dieser Theorie“, sagte Conqueror. „Obwohl er nun glaubt, dass man Schwankungen im Magnetfeld einer Person beobachten kann. Dabei muss man natürlich ein Gerät verwenden, das er selbst erfunden hat. So lässt sich erkennen, ob die Person, sagen wir, musikalische Begabung besitzt oder ein angeborenes Verständnis räumlicher Verhältnisse oder tief verborgene mörderische Impulse. Man untersucht die Kinder, und wenn sie unwillkommene Eigenschaften aufweisen …“
    Pimm war entsetzt. „Was dann? Man macht aus ihnen Eunuchen?“
    Conqueror schüttelte den Kopf. „Nein, soviel ich weiß, hat er eine chemische Methode, um die Fortpflanzung zu verhindern.“
    „Eine Chemikalie, die er zweifellos selbst kreiert hat“, sagte Pimm.
    Conqueror nickte. „Das mag sein, aber wer sonst würde so etwas erfinden? Es herrscht nicht gerade starke Nachfrage nach geheimen Mitteln, um Kinder zu sterilisieren. Oswald glaubt, dass man mit einem strengen Kontroll- und Sterilisierungsprogramm kriminelle Neigungen innerhalb weniger Generationen ausrotten könnte.“
    Pimm, den die Ausrottung von Verbrechern ähnlich traurig gestimmt hätte wie einen Schmetterlingsforscher die Ausrottung der Schmetterlinge, runzelte die Stirn. „Aber was meint er überhaupt mit ‚kriminellen Neigungen‘? Unter widrigen Umständen sind alle Menschen zu kriminellen Handlungen fähig. Denken Sie an den sprichwörtlichen Mann, der ein Brot stiehlt, nur um seine hungernde Familie zu retten.“
    „Ich sagte nicht, dass ich seiner Meinung wäre“, sagte Conqueror. „Nur, dass Oswald diese Meinung vertritt. Offen gestanden finde ich sie abscheulich. Was, wenn seine verfluchte Maschine falsch liegt, selbst wenn es nur ein einziges Mal geschieht? Keine Maschine ist vollkommen. Hinzu kommt, dass er seine Definition von ‚Verbrechern‘ möglicherweise bald auf all jene ausdehnen würde, die ihm persönlich missfallen. Auf Leute, die er wohl als ‚Abweichler‘ bezeichnen würde. Auf ‚Abweichler‘ jeglicher Couleur, politisch, persönlich oder anderweitig.“
    Pimm nickte. Conqueror war ein sogenannter „überzeugter Junggeselle“, und obwohl Pimm prinzipiell nicht über dessen persönliche Neigungen oder den Grund für seine Ehelosigkeit spekulierte, hatte er sich doch gelegentlich seine Gedanken gemacht. „Sehr besorgniserregend.“
    „In der Tat. Aber Oswalds Ideen haben sich bislang kaum durchsetzen können. Zum Glück haben zu viele verschiedene Gruppen Einwände dagegen, und die Minister betrachten ihn und seine wilden Pläne mit großer Skepsis. Sie wünschen sich, die Königin würde weniger Zeit mit ihm verbringen. Oswald ist viel zu stark bestrebt, den Status quo zu ändern. Aber glücklicherweise ist er auch sehr sprunghaft. Er hat seine magnetischen Persönlichkeitsurteile tatsächlich schon wieder aufgegeben. Immer wieder folgt er einer neuen Leidenschaft und lässt halbfertige Projekte liegen, wenn sie ihn nicht mehr unterhalten.“
    „Hmm. Haben Sie eine Vorstellung von seinen aktuellen Interessen?“
    „Ich habe gehört, dass er in letzter Zeit die Astronomen plagt“, sagte Conqueror. „Es scheint, er hat seine Aufmerksamkeit den Sternen zugewandt.“
    „Wenigstens kann er dort oben nicht viel Schaden anrichten“, sagte Pimm.
    Conqueror ließ ein Husten hören. „Sie haben also noch nicht die Gerüchte über die ‚Aurora Britannica‘ gehört?“
    „Wie, die Lichter am Himmel? Um ehrlich zu sein, ich habe sie kaum gesehen.“
    „Stimmt. Sie verbringen zu viele Abende in gut beleuchteten Räumen oder auf den hellen Straßen der Londoner Innenstadt. Auf dem Land, wo der Himmel nicht vom Licht der tausend Straßenlaternen erhellt wird, ist die Aurora wesentlich

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