Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
Geräte, solche Dinge. Natürlich hat er auch die neuen Sicherheitsmauern und die Kuppel entworfen, die vor einigen Jahren erbaut wurden, um die Ruinen von Whitechapel abzuschotten. Er hat dem Staat unzählige Dienste erwiesen, obwohl ich vermute, dass dies eher beiläufig geschehen ist. Er beschäftigt sich mit dem, was ihn gerade interessiert, und gelegentlich stimmen seine Interessen mit den Bedürfnissen der Menschheit überein. Vor einigen Jahren hat er sogar Medizin studiert, weil er sich für die Leiden des menschlichen Körpers, für ansteckende Krankheiten und Ähnliches interessierte. So hat er auch die Königin kennen gelernt, wissen Sie.“
Pimm zog eine Augenbraue hoch. „Nein, davon habe ich noch nichts gehört.“
„Er entwickelte gemeinsam mit Pasteur die Keimtheorie“, sagte Conqueror. „Tatsächlich spielte Oswald eine führende Rolle bei der Rettung von Prinz Albert. Den Ausschlag gaben natürlich Pasteurs Neuerungen. Man kann über Oswald sagen, was man will, jedenfalls versucht er nicht, die Lorbeeren anderer Leute einzuheimsen. Doch soviel ich weiß, war die Königin ihm für seine Unterstützung dankbar, und von da an erblühte ihre, ähm, Freundschaft.“
„Als dann Prinz Alberts Untreue ans Licht kam, weil Morbus Konstantin ihn in eine Frau verwandelt hatte, wurde die Beziehung zwischen Oswald und der Königin noch inniger. Das besagen zumindest die Gerüchte“, ergänzte Pimm.
Conqueror zuckte die Schultern und blies Rauch aus seiner übelriechenden Pfeife. „Der Hof ist mir nicht allzu vertraut, doch ja, ich habe dieselben Gerüchte gehört. Oswald interessiert sich allem Anschein nach inzwischen weniger für die Wissenschaft als für die Gesellschaft, und da kann es nicht schaden, das Vertrauen der Königin zu genießen.“
„Was meinen Sie mit ‚Gesellschaft‘? Sie meinen doch nicht etwa Galas und dergleichen? Bälle? Wohltätigkeitsveranstaltungen?“ Pimm verabscheute all diese Veranstaltungen, es sei denn, er fand dort eine gut ausgestattete Bar.
„Nein, nein. Ich meine, er will die Gesellschaft verbessern. Wie viele Philosophen haben im Lauf der Jahrhunderte den menschlichen Hang zum Bösen, zur Faulheit, zum Egoismus und zur Grausamkeit beklagt? Wie viele Männer haben von einer besseren Welt geträumt? Von Gesellschaften, die nach gesünderen Prinzipien funktionieren als ‚Nimm, was du kriegen kannst, und denk nicht an die Folgen‘?“
„Mindestens acht oder zehn, würde ich sagen“, meinte Pimm. „Vielleicht sogar ein Dutzend.“
„Ha“, sagte Conqueror. „Der Unterschied zwischen den meisten Philosophen und Sir Bertram besteht darin, dass er ein Mann der Tat ist. Wenn er ein Problem erkennt, ist er besessen davon, es zu lösen. Diese Stimme im Hinterkopf, die wir fast alle haben, die uns sagt, ‚Das ist unmöglich‘, oder ‚Das ist mehr, als ein einzelner Mensch schaffen kann‘, oder ‚Das geht mich doch nichts an‘ – die hört Oswald nicht. Er handelt einfach.“
„Mmm“, machte Pimm. „Da fragt man sich doch, was die Stimmen in seinem Kopf stattdessen sagen. Er hat der Königin also Reformen vorgeschlagen?“
„In der Tat. Für manche davon ist sie offen, habe ich gehört.“
„Natürlich ist sie das“, sagte Pimm. „Sie unterstützt gern gute Ideen. Schon seit Jahrzehnten gibt sie Macht an ihre Minister ab. Das ist wirklich eine ihrer besten Eigenschaften.“
„Dennoch ist es für Oswald ein gewisses Problem. Wenn er stattdessen das Vertrauen einer absoluten Herrscherin hätte, könnte er wesentlich mehr Ideen umsetzen. Ich habe einige seiner Wohltätigkeitsveranstaltungen und Vorlesungen besucht, meist nur um des Buffets willen. Einige seiner Gedanken sind recht radikal.“
„Zum Beispiel?“
„Er will alle Verbrecher sterilisieren lassen.“
„Oh. Das ist alles?“
„Er ist der Meinung, dass kriminelles Verhalten erblich ist, ganz wie die Haar- oder Augenfarbe. Wenn ein Verbrecher sich nicht vermehren kann, kann er diese Eigenschaften auch nicht weitergeben.“ Conqueror blies einige unförmige Rauchringe in die Luft. „Das Problem ist natürlich: Selbst wenn man Oswalds Prämisse anerkennt, haben die Verbrecher, die er sterilisieren lassen will, oft schon längst Nachkommen gezeugt, wenn sie gefasst werden, manchmal sogar recht viele. Deshalb will Oswald sie fassen, bevor ihre kriminellen Neigungen zutage treten.“
„Das erscheint mir etwas schwierig“, meinte Pimm, „da ein Verbrecher per Definition jemand ist,
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