Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)
so, als sei er zutiefst betrübt. Nein, man konnte ihm einfach nicht böse sein, nicht einmal im Spaß.
»Na, dann wünsche ich Ihnen frohes Schaffen«, sagte Frau Schmidt-Balldruscheidt und drückte zum Abschied die große, warme, trockene Hand, die Sascha ihr entgegengestreckt hatte. Und sie spürte, dass sie leicht rot wurde.
Frau und Mann (2)
»Constanze?«
»Ja?«
» Bist du das, Constanze?«
»Schrei nicht so! Ich bin nicht taub.«
»Aber was willst du denn in Altwassmuth, Constanze?«
»…«
»Constanze?«
»…«
»Constanze? Constanze, bist du noch dran? Geht’s dir gut? Mein Gott!«
»…«
»So sag doch was! Ich flehe dich an!«
»Spionierst du mir etwa nach, Kai? Und bitte: Schrei nicht so. Und sei nicht so pathetisch, das ist ja lächerlich!«
»Ach, Gott sei Dank!«
»Spionierst du mir nach, Kai?«
»Äh, nein, natürlich nicht.«
»…«
»…«
»Ich höre …«
»Wie ich schon sagte: Ich spioniere dir nicht nach, liebe Constanze. Ich habe mir nur Sorgen gemacht.«
»Da kann ich mir natürlich was drauf einbilden.«
»Wirklich, Constanze. Als ich gehört habe, dass heute Morgen plötzlich unser Volvo im Zick-Zack-Kurs durch Berlin gefahren ist, da hab ich schon gedacht, dass … Na ja, da habe ich mir überlegt, dass ihn vielleicht jemand gestohlen hat, also unseren Volvo. Das ist doch so ein Kult-Modell, hab ich mir sagen lassen. Sehr begehrt, trotz seines Alters.«
»Also spionierst du mir doch nach.«
»Nein, das heißt: ja. Aber nicht wirklich, nicht spionieren. Mehr eine Art Überwachung, zu deinem Schutz.«
»Dann überwachst du mich also?«
» Ich doch nicht.«
»Dann dein lieber Herr Zabel mal wieder?«
»Nein, der auch nicht.«
»Sondern?«
»Na, Addi, Puh und Naik, aber das spielt doch keine Rolle.«
»Wie bitte?«
»Das sind nur die Spitznamen, die ich ihnen gegeben habe, um sie unterscheiden zu können. Die sind von ihren T-Shirts abgleitet. Aber egal. Eigentlich heißen sie Robert, Rocky und Rick. Oder Rocco, nein, warte mal: Ricci, glaube ich. Was aber auch nur wiederum Decknamen sind. Die drei wohnen nämlich zurzeit bei mir, musst du wissen. Oder besser gesagt, die bedienen den Gefechtsstand.«
»Was redest du denn da, Kai? Was denn für T-Shirts? Was denn für ein Gefechtsstand?«
»In meinem Schlafzimmer, mit Doppelstockbetten und mit Überwachungssystemen. Vier Stück. Wir haben Kameras, die sind schwenkbar. Und zoomen kann man damit auch. Nur zur Sicherheit. Wegen diesem Kautschuk-Elvis. Aber das würde jetzt zu weit führen.«
»Ich muss jetzt Schluss machen.«
»Aber Constanze, was war denn das da mit dem Volvo heute Morgen? Dieses Hin und Her? Stop and go, stop and go?«
»Ich habe die Kinder zur Schule gebracht. Und später wieder abgeholt, damit wir hier rechtzeitig loskommen. Ich war in der Reinigung. Ich war auf der Post. Ich war auf der Sparkasse. Ich war im Bio-Markt und habe den Kofferraum mit Proviant für das Wochenende vollgeladen. Ich war in zwei Baumärkten und habe Zierstauden und Obstgehölze gekauft, um endlich mal den Garten zu bepflanzen, was du trotz großer Ankündigungen in fünf Jahren nicht geschafft hast.«
»Und … und was machst du jetzt ?«
»Das weißt du doch schon. Wir sind auf dem Weg nach Altwassmuth. Mir fällt zu Hause die Decke auf den Kopf.«
»Sitzt du gerade am Steuer?«
»Ja.«
»Kannst du mal in den Rückspiegel gucken, ob dir einer folgt?«
»Es fährt gerade eine ganze Reihe von Autos hinter mir, weil vor uns ein Traktor kriecht.«
»Und sieht vielleicht einer von den Fahrern hinter dir aus wie ein nachgemachter Elvis Presley. Mit so einer Art Gummigesicht?«
»Wie gesagt, ich muss jetzt Schluss machen.«
»Constanze!«
»Ich leg jetzt auf.«
»Kannst du wenigstens die Kinder von mir grüßen?«
»Die haben Kopfhörer auf den Ohren und schlafen. Mach’s gut, Kai«, sagte Constanze und legte auf.
Ein herzliches Willkommen
Wie er es vorausgesehen hatte, schlief Kai nach dem Mittagessen, kaum dass sie wieder im Corsa saßen, zügig ein. Was nicht an der kleinen, aber durchaus fettigen Portion Würzfleisch lag, die er zu sich genommen hatte, sondern hauptsächlich an zwei weiteren Gläsern Wein, die er sich nach der ersten Schorle gegönnt hatte. Nicht einfach so, sondern zur Beruhigung. Einmal mehr hatte ihn ein Telefonat mit Constanze so aufgewühlt, dass er Alkohol brauchte, um wieder auf den Boden zu kommen. Natürlich war er froh gewesen, dass es Constanze und den Kindern gut ging,
Weitere Kostenlose Bücher