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Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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hin?«
    »Keene Ahnung«, sagte Bruno.
    »Nach Mahlsdorf?«, riet Peggy.
    »Wenn man sie verlängern würde, immer weiter nach Osten.«
    »Sorry, ick steh grad aufm Schlauch«, sagte Peggy.
    »Das steckt doch schon im Namen drin«, beharrte Kai, » Frankfurter Allee! Die führt nicht nach Leipzig und nicht nach Dresden, sondern nach …?«
    »Frankfurt?«, versuchte es Peggy.
    »Aber das würde ja möglicherweise bedeuten, dass …«, begann Bruno, bei dem endlich der Groschen gefallen zu sein schien.
    »Ganz genau, Bruno, ganz genau«, rief Kai van Harm, ohne ihn aussprechen zu lassen, »genau das könnte es möglicherweise bedeuten.«
    Dann tippte er, weil das schneller ging, als sie aus dem internen Telefonbuch zu holen, eine Nummer in sein Handy und lauschte erwartungsvoll in den Äther.

Backen und Putzen
    Helles Holz und blanke, rostrote Ziegelwände, große Fenster, die auf den Dorfplatz zeigten, und ein italienischer Terrakottaboden: Jedes Mal, wenn Frau Schmidt-Balldruscheidt die Kulturscheune betrat, kam in ihr von Neuem ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit auf, das sie sonst eher selten in Wiepershof fand, schon gar nicht unter den Eingeborenen. Obwohl der Umbau schon eine ganze Weile zurücklag, roch es noch immer nach den frischen Materialien, nach Kiefernholz und Kalkfarbe und Mörtel. Da zahlte sich mal wieder aus, dass der Verein auf Qualität beziehungsweise natürliche Herstellungsverfahren der Materialien gesetzt hatte.
    Draußen lag jetzt geduckt und grau wie ein nasser Hund das ausgestorbene Dorf, über den noch immer der Regenhimmel hinwegzog. Insbesondere an Tagen wie diesen, wenn niemand auf der Straße war und dennoch die meisten Fenster an der Dorfstraße dunkel blieben, fragte sich Frau Schmidt-Balldruscheidt, wo die Menschen alle hin waren. Was ihre Nachbarn so taten, hinter den Mauern ihrer Häuser? Ob sie einfach im Bett geblieben waren? Oder räumten sie ihre Scheunen und Speicher auf? Oder waren sie womöglich mit dem Morgenbus nach Jüterbog gefahren, um Besorgungen zu machen und Ämtergänge zu erledigen. Besonders an Regentagen wie diesem, kam es ihr vor, als stellten sich die Leute tot.
    Frau Schmidt-Balldruscheidt drückte einen Schalter neben der gläsernen Eingangstür, und mit einem Schlag sprangen Dutzende Halogenstrahler an, die in die lasierte Holzdecke eingelassen waren, und tauchten den Raum in ein helles Licht, das von der Einrichtung warm reflektiert wurde. Sofort musste Frau Schmidt-Balldruscheidt denken, dass sie, wie sie so allein in dem hellen Raum stand, ein sehr gutes Ziel abgab. Für einen Scharfschützen etwa, der in einem der dunklen Häuser hockte und sie durch das Zielfernrohr beobachtete, während er noch auf den perfekten Moment wartete, um den Abzug zu betätigen. Seit Frau Schmidt-Balldruscheidt Kriminalromane las, verlor sie sich häufiger in Tagträumereien dieser Art. Doch immer nur für wenige Sekunden, weshalb sie jetzt zweimal kurz, aber heftig den Kopf schüttelte, wie um die Vision zu verscheuchen, und dann ohne Umschweife all jene Dinge zu erledigen begann, die vor der abendlichen Lesung noch erledigt werden mussten: Sie bestückte die kleine Kasse mit Wechselgeld, sie wischte die Glastische feucht ab, auf denen später das Büfett aufgebaut werden sollte, sie stellte Teller, Besteck, Servietten und Weingläser bereit, sie schaltete den Kühlschrank an, damit er beginnen konnte, den Weißwein zu kühlen, sie richtete die Publikumssitzreihen penibel aus und stellte nicht zuletzt ein Mikrofon auf den hübsch verzierten Bistrotisch, an dem ihr heutiger Gast sitzen und aus seinem Buch vorlesen würde.
    Als sie damit fertig war, begab sie sich in die Gästewohnung, bezog das Doppelbett im Schlafzimmer und die Ausziehcouch in der Stube. Dann öffnete sie alle Fenster und ließ kühle frische Landluft herein. Auf ihren Notizzettel im Kopf notierte sie: Blumen besorgen. Überraschungseier besorgen (3) für Betthupferl. Sie wusste, dass sich niemand dem Charme von Überraschungseiern entziehen konnte, egal wie alt jemand war.
    Anschließend ging sie wieder zurück in die Kulturscheune, begutachtete zufrieden ihr Werk, und weil noch etwas Zeit war, bevor sie zu Hause die Quiche Lorraine zubereiten würde – ihr Beitrag zum gemeinsamen Büfett der Vereinsmitglieder –, nahm sie einen federweichen Staubwedel, der perfekt mit ihren Ohrgehängen harmonierte, und begann eine recht beachtliche Sammlung von signierten, gerahmten

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